# taz.de -- Klimaschutz-Ideen der Grünen vorgestellt: Vetorecht fürs Klimamin… | |
> Annelena Baerbock und Robert Habeck präsentieren das grüne | |
> Klimaschutzpaket mitten im Moor. Allzu konkret werden sie dabei aber | |
> nicht. | |
Bild: Schaffen sie es nach oben? Baerbock und Habeck wollen in die Offensive | |
BERNAU taz | Ganz kurz gibt es einen heiklen Moment, als ein Reporter | |
fragt, ob sich der Naturschützer denn auch ein Windrad in den herrlichen | |
Buchenwald bauen lassen würde. Annalena Baerbock und Robert Habeck schauen | |
Christian Unselt gespannt an. Der Mann vom Nabu denkt kurz nach. Würde er | |
machen, sagt er dann – wenn keine Adler oder Schwarzstörche in der Gegend | |
lebten. | |
Baerbock und Habeck sehen erleichtert aus, geht doch, so kann die Wende | |
gelingen. Das grüne Spitzenduo steht mit dem Naturschützer auf einem | |
schmalen Waldweg im Naturschutzgebiet Biesenthaler Becken nördlich von | |
Berlin. Baerbock und Habeck stellen hier, in einem wieder vernässten Moor, | |
ein Klimaschutz-Sofortprogramm vor. Also das, was sie in einer Regierung | |
machen würden, wenn sie könnten. Mit dabei: Gut drei Dutzend | |
JournalistInnen und eine Million Mücken. | |
Kanzlerkandidatin Baerbock blinzelt in der Sonne. Es gehe um die | |
„historische Chance“, das nächste Jahrzehnt dafür zu nutzen, klimagerecht… | |
Wohlstand für zukünftige Generationen zu bauen. „Wir stehen vor einer | |
Weichenstellung, um überhaupt noch auf den 1,5-Grad-Pfad kommen zu können.“ | |
Habeck ergänzt, eine Regierungsbeteiligung, ohne dass man überprüfbar mit | |
Maßnahmen auf dem 1,5-Grad-Pfad sei, mache keinen Sinn. Die Grünen, so die | |
Botschaft, machen ernst. | |
## Eine Klima-Task-Force soll her | |
Die Stimmung zwischen beiden? „Das Klima ist bestens“, sagt Habeck. Das ist | |
gut zu wissen, in Interviews hatte er zu verstehen gegeben, wie sehr ihn | |
die Pannenserie zu Baerbocks Lebenslauf und Buch genervt hat. Nun wollen | |
die Grünen [1][wieder in die Offensive] – und zwar, das beteuern alle Tag | |
und Nacht, mit ihren Inhalten. Dabei schadet nicht, dass es schöne | |
Fernsehbilder vor einem pittoresken Teich voller Wasserlinsen gibt. | |
Die Grünen, sagt Baerbock, würden im Kabinett das größte Klimaschutzpaket | |
beschließen, das es jemals gegeben habe. Eine zentrale Forderung ist ein | |
Klimaschutzministerium mit einem Vetorecht. Es soll also Gesetze verhindern | |
können, die nicht mit dem Pariser Klimaschutzziel konform sind. Wie dieses | |
Vetorecht im Detail ausgestaltet, bemessen und durchgesetzt werden soll, | |
blieb offen. | |
Dem Ministerium zuarbeiten soll eine Klima-Task-Force. Um | |
Abstimmungsprozesse innerhalb der Ministerien zu beschleunigen, werde jene | |
in den ersten 100 Tagen im Wochenrhythmus tagen, heißt es in dem | |
Sofortprogramm. Und: „Die nächste Bundesregierung muss ihre ganze Kraft und | |
die Arbeit aller Ressorts auf die Bewältigung dieser Jahrhundertaufgabe | |
ausrichten.“ Welche Ressorts in dem neuen Ministerium gebündelt werden | |
sollen, sagten Baerbock und Habeck nicht. | |
Das Sofortprogramm präsentiert ansonsten vor allem Maßnahmen [2][aus dem | |
grünen Wahlprogramm.] Die Grünen wollen zum Beispiel 2 Prozent der | |
Landfläche in Deutschland für Windräder reservieren, die Ausbauziele für | |
erneuerbare Energien verdreifachen und eine Solarpflicht für Neubauten, bei | |
öffentlichen Gebäuden und Gewerbegebäuden einführen. Sie wollen den – für | |
2038 verabredeten – Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorziehen und Anreize | |
im Bausektor setzen, etwa ein Förderprogramm für 2 Millionen Wärmepumpen | |
bis 2025 auflegen. | |
Das Sofortprogramm dekliniert unterschiedliche Bereiche des | |
Regierungshandelns durch. Von der Moorvernässung – passend zum Ortstermin – | |
bis zur Haushalts- und Finanzpolitik, in der die Grünen zum Beispiel den | |
Abbau umweltschädlicher Subventionen fordern. Damit erziele man eine | |
„doppelte Dividende“, schreiben sie. „Direkter Umweltschutz und | |
finanzieller Spielraum für den Klimaschutz.“ | |
Ob und was Baerbock und Habeck tatsächlich umsetzen können, hängt vom | |
Wahlergebnis im September ab. In Umfragen liegen die Grünen im Moment | |
zwischen 18 und 21 Prozent, eine Regierungsbeteiligung ist nicht | |
unwahrscheinlich. | |
3 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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