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# taz.de -- Politische Krise in Schweden: Premierminister tritt zurück
> Nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung macht Stefan Löfven den Weg
> für eine neue Regierungsbildung frei. Diese könnte jedoch scheitern.
Bild: Rücktritt: Stefan Löfven, Regierungschef von Schweden, verlor eine Vert…
Stockholm taz | Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven hat am Montag
seinen Rücktritt erklärt. Er zog damit die [1][Konsequenz aus einer
verlorenen Vertrauensabstimmung] am Montag vergangener Woche. Warum er
diesen Rücktritt Neuwahlen vorzog, begründete er mit der Coronalage:
„Angesichts der anhaltenden Pandemie wäre eine Wahl zum jetzigen Zeitpunkt
nicht das Beste für Schweden.“
Mit seiner Entbindung vom Amt bleibt der 63-jährige Sozialdemokrat mit
seiner rot-grünen Minderheitskoalition bis zur Wahl einer neuen Regierung
aber erst einmal geschäftsführend im Amt.
Die Initiative bei der Suche nach einem neuen Regierungschef liegt nun bei
Parlamentspräsident Andreas Norlén. Er ist Mitglied der konservativen
Oppositionspartei Moderaterna und kann laut Verfassung höchstens viermal
mögliche KandidatInnen für die Bildung einer neuen Regierung vorschlagen.
Scheitert diese, würde es automatisch eine „Extrawahl“ geben. Bei der
regulären Parlamentswahl im September 2022 bliebe es trotzdem.
Erwartet wird, dass Norlén zunächst seinen Parteifreund, den konservativen
Parteivorsitzenden Ulf Kristersson mit dem Versuch einer Regierungsbildung
beauftragen wird. Die Moderaterna lehnt eine Zusammenarbeit mit den
rechtspopulistischen Schwedendemokraten nicht mehr ab.
## Eine Stimme fehlt
Selbst mit den 62 Abgeordneten der Schwedendemokraten käme eine solche
Konstellation aus Konservativen, Christdemokraten und Liberalen im
Reichstag aber nur auf 174 von 349 Mandaten. Sofern nicht Abgeordnete
anderer Parteien für ihn stimmen, würde Kristersson eine Stimme fehlen.
Dabei ist unsicher, ob alle Abgeordneten der Liberalen für eine von den
Schwedendemokraten abhängige Regierung stimmen würden.
Allerdings herrscht in Schweden das Prinzip des „negativen
Parlamentarismus“. Anders als in Deutschland braucht ein Regierungschef
keine eigene parlamentarische Mehrheit – er darf nur keine Mehrheit von 175
Stimmen gegen sich haben. Das begünstigt die Bildung von
Minderheitsregierungen, wie es auch die seit 2012 amtierenden rot-grünen
Koalitionen unter Stefan Löfven gewesen sind.
Eine Minderheitsregierung, die von Teilen der Opposition dadurch geduldet
wird, dass diese sich bei der Abstimmung über eine/n Kandidaten/in für das
Amt des Regierungschefs der Stimme enthält, gilt auch als wahrscheinlichste
Lösung der jetzigen Regierungskrise. Stefan Löfven selbst war im Januar
2019 mit nur 115 Ja-, 153 Nein-Stimmen und 77 Enthaltungen in das Amt
gewählt worden, von dem er jetzt zurückgetreten ist.
Die 134 Tage lange Suche nach einer Regierung nach den Wahlen von 2018
zeigte aber auch die Schwierigkeiten, angesichts der Mehrheitsverhältnisse
im Parlament überhaupt eine Regierung bilden zu können.
## Einheitlich abgestimmt
Parlamentspräsident Norlén hatte seinerzeit der Reihe nach erst Ulf
Kristersson, dann Löfven, dann der Zentrumspartei-Vorsitzenden Annie Lööf
und dann wiederum Stefan Löfven diesen Auftrag erteilt. Auch diesmal ist
vorstellbar, dass am Ende dieses Prozesses erneut eine von dem
Sozialdemokraten geführte Minderheitsregierung steht.
Was eine Reichstagsmehrheit (175 Stimmen) der Sozialdemokraten, Linken,
Grünen und der Zentrumspartei zumindest bislang eint, ist ihre Ablehnung
jeglicher von der Unterstützung der Schwedendemokraten abhängigen
Regierung. Auch haben diese vier Parteien bisher recht einheitlich
gestimmt. Durch den Verzicht der Zentrumspartei auf [2][eine Reform von
Marktmieten] ist die Kuh vom Eis, die zum Misstrauensvotum der Linkspartei
geführt hatte.
28 Jun 2021
## LINKS
[1] /Regierungskrise-in-Schweden/!5780144
[2] /Regierungskrise-in-Schweden/!5778877
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Stefan Löfven
Schweden
Sozialdemokratie
Minderheitsregierung
Rücktritt
Regierung
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Schweden
Schwerpunkt Coronavirus
Greta Thunberg
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