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# taz.de -- Krise bei Schwedens Grünen: Neue Gesichter sollen helfen
> Nach sechs Jahren in der Regierung müssen Schwedens Grüne um den Einzug
> ins Parlament bangen. Eine neue Vorsitzende soll aus der Krise führen.
Bild: Märta Stenevi – die neue Vorsitzende soll Schwedens Grüne retten
Stockholm taz | Während Deutschlands Grüne vor der Frage stehen, ob sie
lieber mit einer Kandidatin oder einem Kandidaten für das Bundeskanzleramt
in den Bundestagswahlkampf ziehen wollen, plagen ihre schwedische
Schwesterpartei ganz andere Sorgen: Wie wieder ins Parlament kommen? Die
3,8 Prozent, die nach einer aktuellen Umfrage der Miljöpartiet de gröna
(Mp) ihre Stimmen geben wollen, würden nicht einmal reichen, um die
4-Prozent-Sperrklausel für den Einzug in den Reichstag in Stockholm zu
nehmen.
Die Partei befindet sich in einer tiefen Krise, und das schon seit vier
Jahren. Die rot-grüne Koalition, in der sie sich seit 2014 als
Juniorpartnerin mit den Sozialdemokraten befindet und sich zu ständig neuen
Kompromissen gezwungen sah, hat ihr nicht gut getan. Nun setzt sie ihre
Hoffnung auf einen personellen Neuanfang. Auf einem Sonderkongress wurde am
Sonntag Märta Stenevi zur neuen „Parteisprecherin“ gewählt, wie bei dieser
Partei die Vorsitzenden heißen.
Sie wird Nachfolgerin von Isabella Lövin, die im August ihren Rücktritt
angekündigt hatte. Die Parteiführung, die traditionell aus einer
weiblich-männlichen Doppelspitze besteht, teilt sich Stenevi mit Per
Bolund, der auch bisher Amtsinhaber war. Beide verkündeten nach der Wahl
eine „neue Politik“.
In mehreren Interviews skizzierte Stenevi erste Konturen. Vor allem müsse
die Partei weg von der Rolle der „Eine-Frage-Partei“, die sie für große
Teile der WählerInnenschaft sei. Man müsse deutlicher werden, wie die
„grüne Ideologie“ alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringe. Die
WählerInnen hätten nur eine Stimme. Und mit der wollten sie eine Partei
wählen, die Antworten auf möglichst viele politische Fragen liefere, meint
Stenevi: „Die 4 Prozent taugen nicht“, die man mit dem Klima- und
Umweltthema bislang erreichen könne.
## Kein Greta-Effekt für die Grünen
Aber warum erreicht man nicht mehr? Wie kann es sein, dass in der Heimat
von Greta Thunberg eine grüne Partei nicht einmal mehr sicher sein kann,
wieder ins Parlament zu kommen? Vor sechs Wochen hatte die
Umweltorganisation Germanwatch Schweden den Spitzenplatz beim jährlichen
Klimaschutz-Index zuerkannt – zum vierten Mal in Folge.
Ist Schweden klimapolitisch also schon so gut aufgestellt, dass das Klima
gar kein Thema mehr ist? Sicher nicht. Gerade das Fehlen einer konsequenten
Klimapolitik hatte die 15-jährige Greta ja veranlasst, einen Monat vor der
Parlamentswahl 2018 ihren Schulstreik zu beginnen.
Einen „Greta-Effekt“ für die Grünen, die 2018 mit 4,4 Prozent ihr
schlechtestes Ergebnis seit 1991 erzielten und nur knapp den Sprung ins
Parlament schafften, gab es weder bei dieser Wahl noch seither. Im
Gegenteil scheint sich die Partei vor zu viel Nähe zur
Fridays-for-Future-Bewegung eher zu ängstigen. Es reiche nicht, „radikal
genug für die Greta-Generation“ zu sein, formulierte nun auch die neue
Vorsitzende diese Distanz: „Wir müssen das Vertrauen ihrer Mütter und Väter
gewinnen.“
Bislang scheint das nicht gut zu gelingen. Hielten vor sechs Jahren 62
Prozent der WählerInnen die Miljöpartiet für die kompetenteste Partei, was
Klima- und Umweltpolitik angeht, schrumpfte dieser Anteil bei der
aktuellsten Umfrage auf 20 Prozent.
Die Partei müsse ihre Politik besser kommunizieren, scheint Stenevis
Hoffnung. Sie hat eine Marketing-Ausbildung und war zehn Jahre als
Marketingchefin eines Online-Buchversands tätig. Alles nur eine
Marketing-Frage? Nicht mal die Mitglieder der Grünen glauben das. Gerade
mal 30 Prozent halten ihre neue Chefin für die ideale Wahl. 60 Prozent sind
unschlüssig. Viel Zeit bleibt nicht. In 18 Monaten wird gewählt.
1 Feb 2021
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Greta Thunberg
Grüne
Schwerpunkt Klimawandel
Umweltschutz
Schweden
Stefan Löfven
Schwedendemokraten
Schweden
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