Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neues Album von H.E.R.: Talent an der Gitarre
> Auf ihrem dritten Album „Back of My Mind“ veröffentlicht Gabriella Wilson
> aka H.E.R. 21 neue Songs. Auf den besten steht die E-Gitarre im Fokus.
Bild: H.E.R. bei einem Auftritt 2019
Gabriella Wilson, die sich als Sängerin schlicht H.E.R. nennt, ist eine
ungewöhnliche US-Künstlerin. Zwar ist sie in die Fänge der Musikindustrie
geraten, trotzdem kann sie ihre Talente weitgehend selbstständig austesten.
Zu einem Mainstream-Star à la Beyoncé lässt sie sich bislang nicht
vermarkten. [1][Obwohl ihr Song „I Can’t Breathe“ bei der Grammy-Verleihu…
als Lied des Jahres ausgezeichnet wur]de. Die 23-jährige Kalifornierin
komponierte es unter dem Eindruck des gewaltsamen Todes von George Floyd in
Polizeigewahrsam im vergangenen Mai, es wurde sogleich zur Hymne der
#Black-Lives-Matter-Bewegung.
Und noch einen Grammy heimste die Künstlerin gemeinsam mit den
Musiker:Innen Robert Glasper und Meshell Ndegeocello ein: Ihr Song
„Better Than I Imagined“ gewann in der Kategorie bester R&B-Song. Im
Frühjahr räumte H.E.R. dann mit „Fight for You“, ihrem Beitrag zum „Jud…
and the Black Messiah“-Soundtrack, einen Oscar ab. Und bei der
Eröffnungsfeier zum Superbowl „überzeugte sie mit ihrer „America the
Beautiful“-Version, wobei sie in Jimi-Hendrix-Manier Gitarre spielte.
Wie populär die Tochter eines Afroamerikaners und einer Philippinerin in
den USA ist, beweisen zudem ihre Absatzzahlen: Laut ihrem Label hat sie
dort innerhalb von fünf Jahren mehr als 16 Millionen Tonträger verkauft,
zudem generierte sie sechs Milliarden Streams.
Bisweilen spürt die junge Frau allerdings heftigen Gegenwind.
Zweifler*innen gibt sie auf ihrem dritten Album „Back of My Mind“ gleich
im Auftaktsong „We Made It“ sehr gelassen kontra. „They said I won’t co…
up with the family and cop a couple Grammys“, singt sie. „All the things
they said I can’t be/ Revenge taste just like candy.“ Musikalisch kocht
H.E.R. da mit sphärischen Beats, schweinöser Gitarre und einem
Klavier-Outro so richtig quer durch den Garten. Wenn sich ihre Stimme wie
eine Sirene aufschwingt, hat ihr packender Gesang Vorrang.
Streckenweise eindimensional
Leider besitzt nicht jeder ihrer 21 neuen Songs diese Klasse. Wider
besseres Wissen setzt H.E.R. streckenweise auf eindimensional-erwartbare
R&B-Dutzendware, inklusive der obligatorischen Features mit prominenten
Gästen. Titel wie „Find My Way“, eine Kooperation mit Rapper Lil Baby, hö…
man mit gemischten Gefühlen. Weniger – vor allem weniger Songs – wäre bei
diesem Album mehr gewesen. Wobei natürlich nicht jeder Gast unnütz ist.
Mithilfe des Produzenten Kaytranada sowie des Bassisten-Wizards Thundercat
verschmilzt die Musikerin in „Bloody Water“ Jazz und Elektronik so
kunstvoll, dass sich eine Kategorisierung erübrigt. Im Songtext prangert
sie mit deutlichen Worten Rassismus an.
Die Neo-Soul-Nummer „Cheat Code“ steht mit ihrer Intensität einer Lauryn
Hill in nichts nach. Das minimalistische „Hard to Love“ fügt sich nur mit
akustischer Gitarre und Gesang wie selbstverständlich in die Dramaturgie.
Schließlich nähern sich viele Songs Themen wie Beziehungsstress und
Trennungsschmerz an. Offenbar wollte H.E.R. ihre Liebesdramen sezieren.
Klingt banal, ist es auch – funktioniert mal erstaunlich gut, mal weniger
überzeugend.
Statt sich in Selbstmitleid zu suhlen, hätte H.E.R. lieber des Öfteren ihre
E-Gitarre prügeln sollen. Den Beweis dafür liefert „Hold On“. Bei diesem
Stück jubelt die Künstlerin ihrem R&B himmelwärts gniedelnde Riffs unter.
Die hat sie sich wohl bei Prince abgeguckt. Genau wie er ist H.E.R.
eigentlich eine vielseitig begabte Künstlerin, die fünf Instrumente
beherrscht und im Studio teils im Alleingang hantiert. Nicht umsonst hat
ihr der Gitarrenhersteller Fender als erster schwarzer Künstler*in eine
eigene Stratocaster-Edition gewidmet: H.E.R. gilt als versierte
Gitarristin. Daraus sollte sie in Zukunft unbedingt noch mehr Kapital
schlagen, statt zu sehr auf Charts-Gleichförmigkeit zu setzen. Dann wäre
sie wirklich unschlagbar.
23 Jun 2021
## LINKS
[1] /Verleihung-der-Grammys/!5757934
## AUTOREN
Dagmar Leischow
## TAGS
Musik
Neues Album
Neues Album
GNS
Album
Popmusik
wochentaz
Popmusik
Rap
Indiepop
Musik
Musik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Album „The Omnichord Real Book“: Rückkehr zu den Sternen
Meshell Ndegeocellos Stimme navigiert zwischen Tradition und
Afrofuturismus. Auf ihrem neuen Album sind auch zwei Gäste vom Label Blue
Note dabei.
Posthumes Album von Prince: Marginalien des Prince-Universums
Aus dem Nachlass: „Welcome 2 America“, das dritte nach dem Tod
veröffentlichte Album des Superstars knallt, enthält aber auch einige
Lückenfüller.
Neues Album von Tyler, The Creator: Tyler, der Wandlungsfähige
„Call Me If You Get Lost“ heißt das neue Album von Tyler, The Creator. Der
Provokateur gibt sich gewohnt schamlos, reflektiert sich aber auch selbst.
Indiepop-Band Japanese Breakfast: Stöhnen mit Tiefgang
Japanese Breakfast ist das intellektuelle Postergirl des US-Indiepop. Das
beweisen die smarten Texte und Hitsongs ihres neuen Albums „Jubilee“.
Debütalbum von Greentea Peng: Harte Schule, weiche Drogen
Die Londoner Künstlerin Greentea Peng veröffentlicht „Man Made“. Ihr
gefühlvolles Debütalbum changiert zwischen HipHop, Dancehall und R&B.
Neues Album von Lana Del Rey: Unschuld vom Lande trifft Vampire
Lana Del Rey ungeschminkt und countryesk: Ihr neues Album „Chemtrails over
the Country Club“ suggeriert trotzdem keine Idylle.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.