# taz.de -- Debütalbum von Greentea Peng: Harte Schule, weiche Drogen | |
> Die Londoner Künstlerin Greentea Peng veröffentlicht „Man Made“. Ihr | |
> gefühlvolles Debütalbum changiert zwischen HipHop, Dancehall und R&B. | |
Bild: Greentea Pengs Musik fühlt sich wie eine summende Biene in der Brust an | |
Die Zeichen für Aria Wells stehen auf Erfolg. 2019 ging eine | |
Konzertaufnahme der Britin, die sich als Künstlerin Greentea Peng nennt, | |
bei der Onlineplattform Colors viral. Prompt wurde sie hinterher als | |
energische Erneuerin des R&B-Genres bejubelt. Sie gab ihr Debüt bei der | |
britischen Talkshow „Later … with Jools Holland“ im Programm der BBC, | |
[1][Rapstar Mike Skinner (The Streets) gewann Wells als Gastsängerin für | |
seine Single „I Wish You Loved You as Much as You Loved Him“]. Und diverse | |
britische Radiosender feierten Greentea Peng als aufgehenden Stern am | |
Neo-Soul-Himmel. | |
Einige Journalist*innen prophezeien der 26-Jährigen gar eine ähnlich | |
große Karriere wie ihren Vorbildern Lauryn Hill, [2][Erykah Badu] und Jill | |
Scott. Doch für Greentea Peng sind solche Zuschreibungen völlig | |
unerheblich. In Interviews antwortet sie auf das Hype-Feuerwerk gerne mit | |
Sätzen wie „Ich will kein Popstar werden.“ Fragen nach ihren | |
(Gesichts-)Tattoos wehrt sie ab und kokettiert damit, am liebsten keine | |
Videos von sich drehen zu lassen: „Meine Musik spricht für sich.“ | |
Tatsächlich klingen ihre Songs auch ohne Konsultation des | |
Promotion-Beipackzettels spannend. Sie fusioniert psychedelischen R&B mit | |
Soul, Jazz und Reggae. Ihre Beats lehnen sich zum Teil an | |
Underground-HipHop an, die Geschichten zu den Texten ihres Debütalbums „Man | |
Made“ sind aus dem Leben gegriffen. Trotz der lässigen Grooves kann man in | |
einigen Stücken eine gute Dosis Sozialkritik entdecken. Austerität, so | |
formuliert es die Sängerin mit der Samtstimme, sei eines ihrer zentralen | |
Themen. | |
Genau wie soziale Ungleichheit. In der Single „Kali V2“ empört sich die | |
Tochter einer Afrikanerin und eines Arabers: „Yeah, my people stay | |
sufferin’ / And in the streets there is mumblin / I feel your narrative | |
crumblin’“. Da erkennt man sofort, worauf sich die in London geborene | |
Greentea Peng bezieht: Auf die Proteste nach dem gewaltsamen Tod es | |
US-Amerikaners George Floyd 2020. Über einem minimalistischen Drumbeat und | |
sphärischen Gitarren croont sie butterweich: „I’m ready to make a new sound | |
/ I can’t contribute to the lies in this fickle paradise“. In solchen | |
Zeilen steckt die Aufforderung nach Wandel, nach besserer Integration, nach | |
größerer Offenheit. | |
Über den Rausch | |
Ein Überhandnehmen von politischen Themen vermeidet Greentea Peng | |
allerdings. Wie es scheint, ist ihr Eskapismus nicht fremd, erstaunlich | |
viele Songs spielen auf Drogenerfahrungen an. Mal ermuntert sie die | |
Hörer:innen mit einem „Free your mind / Eat some magic shrooms“ zum | |
Rausch, mal heißt es in „Free my People“: „Release all of my brothers on… | |
weed charge please“. Bei dieser Nummer frohlockt eine Flöte, musikalisch | |
strebt Greentea Peng in Richtung Dubstep – dafür hat sie die Produzenten | |
Simmy und Kid Cruise an Bord geholt. | |
Was ihren Sound so speziell macht: Das gesamte Album wurde in einer | |
Frequenz von 432 Hz aufgenommen, also einen Halbton unter dem Standard in | |
der Musikindustrie. Dieser Tonhöhe sagt man nach, sie habe heilende | |
Wirkung. Greentea Peng formuliert das in einem zum Album erscheinenden | |
Manifest so: Die Musik solle sich wie eine summende Biene in der Brust | |
anfühlen. Schiere Esoterik mag für manchen aus diesen Worten sprechen, aber | |
am Ende ist es ja allen selber überlassen, wie sie die Musik der jungen | |
Frau rezipieren. | |
Auf jeden Fall gehört Greentea Peng nicht zu denen, die mit dem Strom | |
schwimmen. Als Jugendliche liebte sie Punk, zugleich sang sie in einem | |
Kirchenchor. Mit zwölf komponierte sie ihre ersten Lieder. Ursprünglich | |
wollte sie Reisejournalistin werden, ihre Trips nach Kalifornien und Peru | |
dokumentierte sie mit Fotos bei Tumblr. Eine Reise nach Mexiko zeigte ihr | |
schließlich die wahre Bestimmung: Musik. Sie stieg bei der Band Los | |
Hedonistas ein, zurück in London konzentrierte sie sich vollständig auf ihr | |
Soloprojekt. Nach einige EPs folgt nun ihr Debütalbum „Man Made“. Es | |
enthält einmal mehr Musik, die für Greentea Peng wie Meditation ist. Die 18 | |
Songs sind zwar melodiös, aber sie stechen aus dem | |
Neosoul-Einheitsbrei-Chartsfutter heraus. Gut, dass sich hier eine | |
Künstlerin etwas traut. | |
16 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dagmar Leischow | |
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