| # taz.de -- Unmenschliche Migrationspolitik: Blindem Syrer droht Abschiebung | |
| > Ein Regensburger Gericht lehnt die Klage von Meddhin Saho gegen seine | |
| > Abschiebung ab. Eine Erklärung dafür lässt die Richterin bisher | |
| > vermissen. | |
| Bild: Flüchtling Mheddin Saho mit seinen Gastgebern Gisela und Gernard Zierer | |
| Rottenburg taz | Meddhin Saho ist niedergeschlagen. „Ich bin ohne | |
| Hoffnung“, sagt der 27-jährige blinde Syrer. „Wenn sie kommen, gehe ich | |
| mit.“ Er sitzt am Esstisch des Ehepaares Zierer, das ihn seit zwei Jahren | |
| bei sich im niederbayerischen Rottenburg an der Laaber aufgenommen hat. | |
| Ende Juni war seine Asylverhandlung vor dem Verwaltungsgericht Regensburg. | |
| Wenige Tage danach teilte das Gericht mündlich mit: Seine Klage auf einen | |
| Schutzstatus wird abgewiesen. Ab Zustellung der schriftlichen Begründung | |
| dürfte er ausreisepflichtig sein, eine [1][Abschiebung] nach Spanien wäre | |
| möglich. Von dort war er nach Deutschland eingereist. Saho ist von Geburt | |
| an blind. | |
| Der Anglist Saho, der an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität | |
| studiert und vor seiner Masterarbeit steht, ringt seit zweieinhalb Jahren | |
| um einen Bleibestatus. Gisela und Gerhard Zierer sind [2][in der | |
| Flüchtlingsarbeit] aktiv und hatten ihn im April 2019 in Rottenburg | |
| getroffen. Jetzt sagt die 55-jährige Gisela Zierer: „Mheddin ist für uns zu | |
| einem Adoptivsohn geworden.“ | |
| Sein erster Asylantrag war abgelehnt worden, gemäß dem Dublin-Abkommen der | |
| EU sollte er dort einen Asylantrag stellen, wo er angekommen war – in | |
| Spanien. Saho ist überzeugt davon, dass er mit einer 100-prozentigen | |
| Behinderung dort nie Fuß fassen könnte. Er wäre allein, ohne | |
| Sprachkenntnisse und Integrationsangebote. | |
| Bei der Regensburger Verhandlung referiert die Richterin die Haltung des | |
| Bundesamts für Migration (Bamf): Er sei „kein besonderer Härtefall“ und | |
| könne in Spanien durchaus „ein selbstständiges Leben führen“. | |
| ## Unterstützung für Saho wächst | |
| Für einen Dublin-Flüchtling besteht sechs Monate lang die Ausreisepflicht, | |
| in dieser Zeit kann er abgeschoben werden. Schafft er es, länger zu | |
| bleiben, erhält er ein deutsches Asylverfahren. Bei Meddhin Saho wären es | |
| noch zehn Tage gewesen, um ins deutsche System zu rutschen. Doch das Bamf | |
| vereitelte dies, indem es sein Verfahren aussetzte. | |
| Das Gericht solle grundsätzlich entscheiden, wie die Lage blinder | |
| Flüchtlinge in Spanien zu beurteilen sei. Für Saho bedeutete das: Die Uhr | |
| wurde wieder auf null gestellt. Wird er erneut abgelehnt, beginnt die | |
| Sechsmonatsfrist von vorn. So weit ist es aber noch nicht. Denn die | |
| schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor – obwohl sie von einem | |
| Gerichtssprecher gegenüber der taz für vergangene Woche angekündigt worden | |
| war. Erst mit der Begründung, so Sahos Anwalt Thomas Oberhäuser, könne man | |
| entscheiden, wie man weiter vorgeht. | |
| Die Unterstützung für den Syrer wächst derweil. Sein Uni-Department | |
| schreibt: „Es wäre unmenschlich, einen jungen Menschen mit solchen Talenten | |
| und perfekt gelungener Integration aus seinem Umfeld zu reißen.“ In einer | |
| Resolution verlangen evangelische Gemeinden „eine Perspektive für Mheddin | |
| Saho in Deutschland“. | |
| 21 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patrick Guyton | |
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