# taz.de -- Neue Einstufung für Finanzanlagen: EU findet AKWs klimafreundlich | |
> Deutschland und vier weitere Staaten warnen davor, dass Investments in | |
> Atomkraft als grüne Finanzanlage gelten. Ungewiss ist, ob sie sich | |
> durchsetzen. | |
Bild: „Grüne“ Energien dürfen keinen nennenswerten Schaden anrichten | |
BRÜSSEL taz | Bislang tobte der Kampf um die Atomkraft hinter den Kulissen. | |
Welche Rolle AKWs beim [1][„European Green Deal“] spielen sollen, | |
beschäftigte vor allem EU-Experten in Brüssel. Doch nun sind Deutschland | |
und die vier Staaten Dänemark, Luxemburg, Österreich und Spanien in die | |
Offensive gegangen. Sie warnen davor, Atomkraft als eine „grüne“, | |
klimafreundliche Technologie einzustufen. | |
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) machte ein Schreiben | |
öffentlich, in dem sie die EU-Kommission ungewöhnlich kräftig abwatscht. | |
Anlass ist eine Vorlage zur sogenannten [2][Taxonomie] – der Richtlinie für | |
grüne Finanzinvestments – an der die EU-Behörde mit Hochdruck arbeitet. Die | |
Experten hätten ignoriert, wie gefährlich und umweltschädlich Atomkraft | |
sei, so Schulze. | |
„Wir machen uns Sorgen, dass der Einschluss von Atomkraft in die Taxonomie | |
deren Integrität und Glaubwürdigkeit beschädigt und daher auch deren | |
Nützlichkeit“, heißt es in dem Brief, der der taz vorliegt. Bei den | |
vorliegenden Expertengutachten fehle jeder Hinweis darauf, dass die | |
Endlagerfrage ungelöst sei und der Atommüll noch Generationen belasten | |
werde. | |
Damit werde aber das „Do no significant harm“-Prinzip verletzt – also die | |
Forderung, dass „grüne“ Energien keinen nennenswerten Schaden anrichten | |
dürfen. Atomkraft sei wesentlich gefährlicher als Windräder, heißt es in | |
dem Schreiben. Mögliche Unfälle wie in [3][Tschernobyl] oder in Fukushima | |
würden in dem aktuellen Entwurf für die „Taxonomie“ sträflich | |
vernachlässigt. | |
## Investoren könnten Vertrauen verlieren | |
Schulze beruft sich auch auf die Kapitalmärkte, die durch die Richtlinie | |
verunsichert und fehlgeleitet würden. Sparer und Investoren würden ihr | |
Vertrauen in „grüne“ Finanzprodukte verlieren, wenn sie fürchten müssten, | |
dass ihr Geld auch im Bereich der Atomenergie angelegt werde. Damit würde | |
das Ziel der nachhaltigen Investments verfehlt und auch finanzieller | |
Schaden angerichtet. | |
Allerdings ist unklar, ob der Appell die beabsichtigte Wirkung erzielt. Die | |
EU-Kommission schweigt, denn sie steht nicht nur unter dem Druck der | |
Atomkraftgegner, sondern auch der Befürworter. Frankreich und mehrere | |
osteuropäische Staaten setzen sich für die Kernkraft ein. Auch Erdgas | |
wollen sie als Übergangstechnologie zulassen, um den Ausstieg aus Kohle und | |
Öl zu erleichtern. | |
Bisher verfügt Deutschland nicht über genug Rückhalt in der EU, um die | |
Vorlage aus Brüssel zu ändern. Dafür wäre eine Mehrheit der 27 EU-Staaten | |
nötig – davon sind die 5 AKW-Gegner noch weit entfernt. Schulze versucht es | |
nun mit öffentlichem Druck. Doch das letzte Wort haben die EU-Experten. | |
5 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Von-der-Leyens-Green-Deal/!5654002 | |
[2] /Oekologische-Investments-in-EU/!5758209 | |
[3] /35-Jahre-nach-Tschernobyl/!5768440 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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