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# taz.de -- Humboldt Forum im Berliner Schloss: Etwas offener, ohne Spektakel
> Das Humboldt Forum hat eröffnet, zumindest der Schlüterhof und eine
> Passage nebst Shop und Café. Das stößt auf eine eher verhaltene Resonanz.
Bild: Barocke Perspektiven: jetzt im Schlüterhof immer begehbar im Schloss
Berlin taz | Wenn das mal keine unspektakuläre, ja schleichende Eröffnung
ist. An dem Mittwochmittag ist wunderschönes Ausflugswetter, und obwohl
immer noch viele Berliner*innen zu Hause arbeiten und mehr Zeit für
Mittagspausen haben dürften als sonst, sitzen vor dem Café im am Mittwoch
eröffneten Schlüterhof des Humboldt Forums maximal 20 Paare und
Kleingruppen an den Tischen. Zugegeben: An dem Tag hat nur der Teil des
Schlosses eröffnet, das ab sofort rund um die Uhr öffentlich begehbar ist.
Die eigentliche Eröffnung eines Teils der Ausstellungen im Haus wie die des
Stadtmuseums findet, so die Coronalage es will, erst Mitte Juli statt. Der
Rest wie die Räume des Ethnologischen Museums und des Museums für
Asiatische Kunst folgt im Spätsommer.
Trotzdem: Deutschlands größte, umstrittenste und inzwischen 682 Millionen
Euro teure Kulturbaustelle, die eigentlich schon vor anderthalb Jahren
hätte eröffnen sollen, kommt an diesem Tag reichlich verhalten daher.
Die Menschen wirken nicht gerade enthusiastisch, wenn sie den Schlüterhof
betreten, den Teil der Attrappe, der auch von innen aussieht wie ein
barockes, cremefarbenes Schloss – zumindest nach Ansicht seiner Verfechter.
Eine Mann schiebt gelangweilt sein Rad durch, als sei er auf dem Weg zum
Supermarkt. Eine Frau sitzt auf einem Sims und schüttet ihrem Hund etwas
Wasser in den mitgebrachten Napf. Laut eigener Aussage sind einige hier,
weil sie im Haus oder unweit des Hauses arbeiten, weil sie den
journalistischen Auftrag verfolgen, über die Eröffnung zu berichten, oder
weil sie auf dem Weg vorbeigekommen sind und mit Erstaunen festgestellt
haben, dass nun endlich offen ist. Im Hintergrund experimentelle
Soundinstallationen, kaum wahrnehmbar. Ein älterer Herr lobt die Beete vorm
Schloss mit Pflanzen aus Südamerika und aus Europa. Ein Mann, der sich als
Schwabe aus Reutlingen outet, erklärt, er hätte hier ein Preußenmuseum
errichtet, aber das sei in dieser extrem linken Stadt ja nicht möglich.
Zwei Schwestern in den Sechzigern kaufen sich im schicken Shop mit viel
Fair Trade aus aller Welt schwarze Shirts mit dem Aufdruck „Wilhelm &
Alexander & Ich“.
Viele Shitstorms musste das Schloss schon seit seiner Entstehung ertragen,
zuletzt wieder verstärkt. Genannt seien nur die Debatte um die
[1][Restitution von Ausstellungsstücken], die von der Intendanz des Hauses
noch vor wenigen Monaten als Publikumsmagnete bezeichnet worden waren, und
die [2][Aufstellung des Kuppelkreuzes] nebst Spruch auf dem Kuppeltambour,
den der preußische König Friedrich Wilhelm IV. höchstselbst aus zwei
Bibelstellen komponiert hat und der von Kritiker*innen heute als erste
antisemitische Aufschrift auf einem deutschen Gebäude nach 1945
identifiziert wurde. Durchaus möglich, dass der erste Teil der Eröffnung
des Humboldt Forums auch deshalb so sang- und so klanglos daherkommt.
9 Jun 2021
## LINKS
[1] /Benin-Kunstwerke-in-Berlin/!5769604
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## AUTOREN
Susanne Messmer
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