# taz.de -- Wohnungsbau in Hamburg: Die Rechnung ohne Wirt gemacht | |
> Senat und Wohnungswirtschaft wollen ihr Bündnis für den Wohnungsbau | |
> erneuern. Dabei soll der Handlungsspielraum der Bezirke eingeengt werden. | |
Bild: Wo und wieviel gebaut wird – das vereinbaren Senat, Wohnungswirtschaft … | |
HAMBURG taz | Der Senat und die Wohnungswirtschaft haben sich auf eine | |
Fortführung des [1][Bündnisses für das Wohnen] geeinigt. Die Verhandlung | |
darüber haben sich mehr als ein halbes Jahr hingezogen. Jetzt endeten sie | |
mit einem Kompromiss, der den Handlungsspielraum der Bezirke einengt. Von | |
einer „Entmachtung der Bezirke und Bezirksversammlungen“ spricht die | |
Bürgerschaftsabgeordnete Heike Sudmann (Die Linke). | |
Der Vertrag schreibt den Bau von jährlich [2][10.000 Wohnungen] bis zum | |
Ende der Legislaturperiode in 2025 vor, die Vergabe von mehr städtischen | |
Grundstücken als bisher im Erbbaurecht und eine höhere Sozialwohnungsquote: | |
35 statt 30 Prozent. Im Gegenzug sollen die Wohnungsbauunternehmen mehr | |
Planungssicherheit bekommen, sprich: Die Bezirke sollen weniger | |
Sonderwünsche äußern können, die über den vereinbarten Rahmen hinausgehen. | |
Im Konfliktfall soll der Senat die Sache an sich ziehen. | |
Zwar sind Bebauungspläne und Baugenehmigungen grundsätzlich Angelegenheit | |
der Bezirke und ihrer Bezirksversammlungen, bei Projekten von | |
gesamtstädtischem Interesse kann der Senat aber im Einzelfall evozieren. | |
Der neue Vertrag mit der Wohnungswirtschaft sehe jedoch eine Art | |
Generalevokation vor, kritisiert Sven Hielscher, CDU-Fraktionschef in | |
Altona. „Das ist demokratisches Teufelszeug“, warnt er. | |
Auch die Linken-Abgeordnete Sudmann findet starke Worte. Der Senat schere | |
sich offenbar nicht um das Wissen und die Kompetenz der | |
Bezirksversammlungen zu den Verhältnissen vor Ort. „Wenn das Ergebnis dem | |
Senat nicht passt, soll es Anordnungen von oben geben“, sagt sie. In Zeiten | |
der Politikverdrossenheit sei das genau das falsche Vorgehen. Dabei | |
vergesse der rot-grüne Senat, dass die vielen Wohnungen der vergangenen | |
Jahren nicht ohne die Unterstützung aus den Bezirken hätten gebaut werden | |
können. | |
Aus den Bezirken kommt auch Kritik, weil sie an den Verhandlungen über das | |
neue Bündnis nicht beteiligt wurden. Die Bezirksversammlung Altona hat | |
beschlossen, dass Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) dem Bündnis | |
für das Wohnen nicht zustimmen darf, ohne dass die Abgeordneten informiert | |
wurden und ein entsprechendes Votum abgegeben haben. Ähnlich lautende | |
Anträge standen auch auf den Tagesordnungen der Bezirksversammlungen Mitte | |
und Eimsbüttel. | |
Das vorherige Bündnis für das Wohnen war vom Bergedorfer Bezirksamtsleiter | |
Arne Dornquast (SPD) stellvertretend für alle sieben Bezirke unterschrieben | |
worden. Es wird ergänzt durch einen [3][Vertrag für Hamburg] zwischen dem | |
Senat und den Bezirken, in dem dann festgeschrieben wird, wie viele | |
Wohnungen die einzelnen Bezirke beizusteuern haben. | |
Hielscher findet, dass die Bezirke beim Bündnis hätten eingebunden werden | |
müssen. Schließlich müssten dessen Verabredungen ja im Vertrag für Hamburg | |
von den Bezirken umgesetzt werden. „Es handelt sich um einen Vertrag zu | |
Lasten Dritter“, sagt er. | |
## Bezirke müssen liefern | |
Thomas Adrian, Fraktionschef der SPD in Altona, sieht den Diskussionsbedarf | |
eher beim Vertrag für Hamburg. Denn dort würden ja die Wohnungsbauzahlen | |
festgelegt, die die Bezirke zu erfüllen haben, was ihnen zunehmend schwer | |
falle. | |
„Wenn man den Bezirken nicht die Ressourcen gibt, ist das nicht zu | |
schaffen“, sagt sein CDU-Kollege Hielscher. Es brauche dringend neue | |
Stellen in den Planungsabteilungen, um das notwendige Planrecht zu | |
schaffen, heißt es aus Mitte. | |
Die Kritik aus der Wohnungswirtschaft, Sonderwünsche der Bezirkspolitik | |
würden Projekte erschweren oder verhindern, könnten die Politiker nicht | |
nachvollziehen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den Forderungen | |
jemals über den Inhalt des Bündnisses hinausgegangen sind“, sagt Adrian. | |
Eher sei es so, dass sich die Unternehmen nicht dran hielten. | |
„Was im Bündnis vereinbart wurde, ist auch das, was wir wollen“, sagt der | |
Grünen-Fraktionschef in Nord, Timo Kranz, mit Blick etwa auf den | |
Sozialwohnungsanteil und das Erbbaurecht. Und evozieren könne der Senat ja | |
ohnehin stets. | |
18 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Buendnis-fuers-Wohnen/!5111517 | |
[2] /Kritik-an-Flaechenverbrauch-in-Hamburg/!5765610 | |
[3] https://www.hamburg.de/bsw/vertrag-fuer-hamburg/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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