# taz.de -- Leipziger Buchpreis: „Echos Kammern“ gewinnt | |
> Iris Hanika wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. | |
> Alle Kandidat*innen in der Belletristik-Shortlist in der | |
> taz-Kurzkritik. | |
Bild: Geheimfavoritin des Leipziger Buchpreises: Helga Schubert | |
Am Freitag wurden in Leipzig die Preise der Leipziger Buchmesse verliehen. | |
In der Kategorie Bellestristik wurde die Autorin Iris Hanika für „Echos | |
Kammern“ ausgezeichnet. Auch die anderen beiden Preise gingen 2021 an | |
Frauen. In der Kategorie Sachbuch/Essayistik gewann Heike Behrend. Als | |
Übersetzerin wurde Timea Tankó ausgezeichnet. | |
Auch wenn die Buchmesse selbst [1][längst abgesagt worden ist], an ihrer | |
Stelle findet unter dem Titel Leipzig liest extra ein großes | |
Veranstaltungsprogramm mit Lesungen und Diskussionen statt, die im | |
wesentlichen digital stattfinden. Auch [2][die taz macht mit]. | |
Die Preisverleihung fand in einer digital-analogen Mischform statt, anders | |
als im vergangenen Jahr, als sie [3][komplett als Radiosendung] über die | |
Bühne ging. [4][Lutz Seiler gewann 2020] den Leipzger Buchpreis in der | |
Kategorie Bellestristik, zufälligerweise mit einem Radiogerät auf dem | |
Cover. | |
In diesem Jahr ging man allerdings wieder auf ein auch visuell | |
übertragbares Format zurück. Die Veranstaltung fand in der Kongresshalle am | |
Leipziger Zoo statt, die Jury des Preises war vor Ort sein, die | |
Kandidat*innen wurden elektronisch zugeschaltet. | |
Alle fünf Romane, die in der Kategorie Belletristik auf der Shortlist des | |
Preises standen, wurden ausführlich in der taz besprochen, die allermeisten | |
von ihnen auch positiv. Dennoch kam es im Vorfeld des Preises zu | |
Irritationen: Die Liste erschien als zu sehr [5][abgetrennt von den | |
literarischen Debatten], die in diesem Frühjahr in und mit den | |
vielbeachteten Romanen geführt wurden. Was allerdings nichts daran ändert, | |
dass das allesamt mindestens interessante Bücher sind. | |
## Echos Kammer – Iris Hanikas | |
Iris Hanikas Roman [6][“Echos Kammern“] besprachen wir bereits vor einem | |
Jahr, als es erschienen war. „Es ist ein kluges Buch einer Autorin, die man | |
stets aus einer Art Hassliebe liest, auch weil sie aller Psychoanalyse zum | |
Trotz immer noch so voller blindspots, blinder Flecken, zu sein scheint“, | |
schreibt René Hamann. | |
## Daheim – Judith Hermann | |
Judith Hermann Roman „Daheim“ wurde in allen deutschen Feuilletons | |
eingehend bejubelt, [7][in der taz auch]. „Das Buch ist ein Familienroman, | |
der mit vielen Vorstellungen von Familie aufräumt; es handelt sich aber | |
auch um die Suche nach einer neuen Heimat, die eine Figur an den Rand des | |
Landes und an die Grenze ihrer unsicheren Identität führt. Hermann bleibt | |
ihren Themen durchaus treu, schreibt sie doch erneut über das verstörende | |
Wechselspiel von Nähe und Distanz“, meint Carsten Otte. | |
## Eurotrash – Christian Kracht | |
Christian Kracht hat mit „Eurotrash“ auch beinahe alle Literaturkritik zu | |
wahren Hymnen hinreißen lassen, die Besprechung in der taz des Romans, in | |
dem Kracht auch von Nazi-Verstrickungen innerhalb der Familie und nicht | |
ernst genommenen Übergriffen erzählt, war [8][etwas ambivalenter]: | |
„Eurotrash“ ist der Versuch, das Ausbrechen aus dem Kreis des Missbrauchs | |
erzählerisch wahrzumachen. Christian Kracht geht darin erstaunlich weit, | |
testet dabei seine erzählerischen Grenzen aus. Und stößt letztendlich an | |
sie.“ | |
## da ich morgens und mossgrün. Ans Fenster trete – Friederike Mayröcker | |
Friederike Mayröcker ist mit 96 Jahren die älteste Kandidatin. Über die | |
Wienerin, seit langem ein fester Bezugspunkt innerhalb der | |
deutschsprachigen Lyrikszene, schrieb Klaus Kastberger unter dem schönen | |
Titel [9][“Disziplin und Ekstase“] in der taz: „Wie kann in einem Text so | |
viel Leben sein? Wie schafft es die Autorin, aus der äußeren | |
Ereignislosigkeit eines Lebens so viel zu machen? Die Stofflosigkeit des | |
Schreibens wird in diesem Buch zur eigentlichen poetischen Sensation.“ So | |
sein Fazit zum aktuellen Buch „da ich morgens und mossgrün. Ans Fenster | |
trete“. | |
## Aufstehen – Helga Schubert | |
Helga Schubert schließlich ist die letzte Kandidatin auf der in diesem Jahr | |
sehr weiblichen Shortlist. Im vergangenen Sommer war die Autorin mit langer | |
und komplizierter DDR-Vergangenheit die Sensation [10][beim Bachmannpreis | |
in Klagenfurt]. Ihr aktueller Band „Aufstehen“ wurde dann auch von der | |
Literaturkritik und im übrigen auch schon vom Lesepublikum sehr gern | |
aufgenommen. [11][Auch von der taz]. „Wirklich klarzumachen, wie es damals | |
war und wie man sich damals gefühlt hat, ist Helga Schubert heute wichtiger | |
als die reine poetische Lehre. Wut, Enttäuschung, Angst, Liebe, Ehe, | |
Eltern- und Tochterschaft, Geborgenheit, Träume, Sehnsüchte, Genervtheit | |
und Verliebtheit von Menschen unter lange nicht mehr vorstellbaren | |
Lebensverhältnissen werden sinnfällig. Die Innenansicht eines | |
untergegangenen Staats entsteht“, schrieb Stephan Wackwitz. | |
28 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Absage-der-Leipziger-Buchmesse/!5748095 | |
[2] /!p5347/ | |
[3] /Nach-Bushs-Nahost-Reise/!5188325 | |
[4] /Lutz-Seilers-Wenderoman-Stern-111/!5669908 | |
[5] /Nominierungen-fuer-Leipziger-Buchpreis/!5765017 | |
[6] /Roman-Echos-Kammern-von-Iris-Hanika/!5691085 | |
[7] /Neuer-Roman-von-Judith-Hermann/!5762887 | |
[8] /Neuer-Roman-von-Christian-Kracht/!5750924 | |
[9] /Schriftstellerin-Friederike-Mayroecker/!5769632 | |
[10] /Bachmann-Preis-fuer-Helga-Schubert/!5690960 | |
[11] /Bachmann-Preistraegerin-Helga-Schubert/!5756740 | |
## AUTOREN | |
Dirk Knipphals | |
## TAGS | |
Belletristik | |
Schwerpunkt Leipziger Buchmesse 2024 | |
Literatur | |
deutsche Literatur | |
Literatur | |
Jürgen Habermas | |
Literatur | |
Kolumne Buchmessern | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Leipziger Buchmesse abgesagt: Auf Wiedersehen 2023 | |
Die Leipziger Messe wird auch 2022 nicht stattfinden, viele Verlage hatten | |
bereits abgesagt. Die Branche muss sich aufs kommende Jahr vertrösten. | |
Diversität im deutschen Literaturbetrieb: Kulturelle Sortiermaschine | |
Immer wenn die Nominierten für Buchpreise veröffentlicht werden, folgt eine | |
Debatte. Es geht auch darum, wer im Literaturbetrieb sichtbar ist und | |
warum. | |
Bachmannpreis 2021: Stimme der Gegenwartsliteratur | |
Das Wettlesen an den Tagen der deutschsprachigen Literatur ist zu Ende. Den | |
Hauptpreis geht an die im Iran geborene Autorin Nava Ebrahimi. | |
Debatte um Buchpreis für Habermas: Eine überfällige Kontroverse | |
Jürgen Habermas hat den „Sheikh Zayed Book Award“ abgelehnt. Nun ist ein | |
Streit um die Strategien auswärtiger Kulturpolitik entbrannt. | |
Nominierungen für Leipziger Buchpreis: Jury macht Schotten dicht | |
Gute Bücher, aber eine fragwürdige Auswahl jenseits aktueller Debatten: die | |
Nominierten für den Leipziger Buchpreis wurden bekannt gegeben. | |
Ein T-Shirt sorgt für eine Debatte: Plappern mit Jürgen Habermas | |
Auch ohne Livepräsenz ist rund um die Frankfurter Buchmesse schon einiges | |
los. Dennoch vermisst man die persönlichen Begegnungen. |