# taz.de -- Rechte Hetze in der Polizei: Neues Recht gegen rechte Chats | |
> Schleswig-Holsteins Innenministerin will härter gegen rechtsextreme | |
> Polizist:innen vorgehen. In Chatgruppen sollen sie nicht mehr hetzen | |
> dürfen. | |
Bild: Auch in Schleswig-Holsteins Polizei gab es schon einen Vorfall mit rechte… | |
Hamburg taz | Sind es nun selbst der CDU zu viel der Einzelfälle von | |
Volksverhetzung? Regelmäßig werden rechtsextreme Chatgruppen von | |
Staatsbediensteten bekannt, regelmäßig bremsen danach vor allem | |
Konservative ein härteres Vorgehen dagegen aus. [1][Schleswig-Holsteins | |
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) strebt nun in die andere | |
Richtung]. | |
Sie will volksverhetzende Inhalte innerhalb geschlossener Chatgruppen unter | |
Strafe stellen. „Demokratiefeindliche Aussagen in Chatgruppen verurteilen | |
wir nicht nur moralisch, sondern sie sollten auch unter Strafe gestellt | |
werden“, sagt Sütterlin-Waack. Mit diesem Vorstoß geht das Land in die am | |
Mittwoch startende dreitägige Innenministerkonferenz der Länder. | |
„Ich bin überzeugt davon, dass die überwältigende Mehrheit der | |
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes von unserer | |
demokratischen Grundordnung überzeugt ist und danach handelt“, betont | |
Sütterlin-Waack erwartungsgemäß. | |
Doch das Bekanntwerden von Chats rechter Landespolizist:innen im | |
vergangenen Dezember habe die Ministerin zur Erkenntnis gebracht, dass | |
etwas dagegen unternommen werden müsse. Vier später suspendierte | |
Beamt:innen aus Kiel und Neumünster hatten sich in WhatsApp-Chats | |
rechtsextreme Nachrichten geschickt. | |
## Volksverhetzung erst in der Öffentlichkeit | |
Als problematisch und hinderlich am effektiven Vorgehen erweist sich aus | |
Sicht des Landes bislang allerdings der Tatbestand der Volksverhetzung. | |
Dieser treffe zwar inhaltlich auf rechtsextreme Aussagen und das Zeigen von | |
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu – unter die | |
Meinungsfreiheit falle eine derartige Aussage nicht. Jedoch: Bei internen | |
Chatgruppen sei der Straftatbestand nicht so einfach anzuwenden. | |
„Der Tatbestand wird erst erfüllt, wenn er auch öffentlich gezeigt oder | |
geäußert wird“, sagt der Hamburger Strafrechtler Alexander Kienzle. Der | |
Tatbestand ziele schließlich auf die Wahrung des öffentlichen Friedens. | |
Strafrechtlich könne bei privaten Chats erst vorgegangen werden, wenn die | |
Botschaften weiterverbreitet oder in so großen Gruppen geteilt würden, dass | |
von Öffentlichkeit gesprochen werden könne. | |
Andernfalls könnten sie meist nur disziplinarisch gemaßregelt werden, heißt | |
es auf Nachfrage aus dem Innenministerium. Das ist zu wenig, findet | |
Sütterlin-Waack angesichts der Vielzahl an Skandalen. | |
Bundesweit traten in den vergangenen Monaten regelmäßig Chatgruppen von | |
Polizist:innen oder aus der Feuerwehr zutage, in denen rechtsextreme | |
Äußerungen geteilt und ausgetauscht wurden – [2][schnell konnte der | |
Überblick über die einzelnen Skandale verloren gehen]. | |
Besonders in Hessen und Nordrhein-Westfalen wurde eine Vielzahl solcher | |
Chats publik. Aber auch die Bundesländer im Norden sind allesamt betroffen: | |
[3][Teile der Bremer Feuerwehr] teilten dutzende rechtsextreme, | |
rassistische Bilder. In der Hamburger Berufsfeuerwehr gab es ähnliche | |
Vorfälle. | |
## Innenministerkonferenz stimmt ab | |
In Niedersachsen laufen bei der Polizeidirektion Osnabrück sechs | |
dienstrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts auf rechtsextreme | |
Gesinnung. „Nach unseren Erkenntnissen waren teilweise mehrere Hundert | |
Bilder und Videos mit verdächtigen Inhalten unter den Betroffenen | |
verschickt worden“, sagte Marco Ellermann, Sprecher der Polizeidirektion | |
Osnabrück, nach Bekanntwerden der Polizei-Chats. Dem niedersächsischen | |
Innenministerium sind 23 Verdachtsfälle „rechtslastigen Verhaltens“ | |
zwischen 2015 und 2020 bekannt. | |
Bestraft werden solle nach dem Willen des Innenministeriums in Kiel | |
künftig, „wenn die einschlägigen Inhalte von Amtsträgern im Zusammenhang | |
mit der Dienstausübung verwendet werden“, wie die Zeitungen der Funke | |
Mediengruppe aus der Beschlussvorlage für die Innenministerkonferenz | |
zitieren. | |
Bei der jährlich zweimal stattfindenden Innenministerkonferenz besprechen | |
sich die Länder, welche Themen sie künftig gemeinsam angehen wollen. Am | |
Freitag, zum Ende der Konferenz, stimmen sie auch über den Vorschlag aus | |
Schleswig-Holstein ab. Im Vorfeld der Konferenz hielten sich die | |
Innenbehörden und -ministerien auf Nachfrage zu dem Thema bedeckt. | |
16 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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