# taz.de -- EU-Reaktionen auf Ryanair-Vorfall: Was nun, Europäische Union? | |
> Das dreiste Vorgehen der belarussischen Machthaber bringt die EU in die | |
> Bredouille. Vor Beginn des EU-Sondergipfels wurden neue Sanktionen | |
> diskutiert. | |
Bild: Bereit für den Sondergipfel: Ratspräsident Charles Michel trifft Kroati… | |
BRÜSSEL taz | Der Ryanair-Vorfall in Belarus hat die Europäische Union kalt | |
erwischt. Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU steckten noch mitten in | |
den Vorbereitungen für einen Sondergipfel am Pfingstmontag in Brüssel, als | |
die ersten Meldungen aus Minsk eintrafen. | |
Die Politiker reagierten empört und verunsichert: War es nur eine | |
[1][erzwungene Landung] – oder eine Flugzeug-„Entführung“, wie | |
Kommissionschefin Ursula von der Leyen schrieb? Muss man gar von | |
„Staatsterrorismus“ sprechen, wie die Regierung in Polen? Am Montag | |
bestellte die EU zumindest den belarussischen EU-Botschafter ein. | |
Für Verwirrung sorgte auch EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean. „Tolle | |
Nachrichten für alle, insbesondere für die Familien und Freunde der | |
Menschen an Bord“, schrieb die Rumänin auf Twitter, nachdem das | |
Ryanair-Flugzeug von Minsk nach Vilnius weitergeflogen war. „Eine absolute | |
Schande“ sei dieser Kommentar, empörte sich prompt der französische | |
EU-Parlamentarier Raphaël Glucksmann. | |
Vălean müsse zurücktreten, forderte der deutsche EU-Grüne Rasmus Andresen. | |
Wie viele andere Kommentare zeugt er von der Brüsseler Konfusion. Die | |
EU-Politiker schaffen es auch in dieser Krise zunächst nicht, mit einer | |
Stimme zu sprechen. Schon beim blutigen Konflikt zwischen Israel und der | |
Hamas in den vergangenen Wochen hatten sie wild durcheinander geredet und | |
am Ende nichts ausgerichtet. | |
## Sanktionspakete haben nichts verändert | |
Nun müssen sie beweisen, dass sie sich nicht auch noch vom weißrussischen | |
Machthaber Alexander Lukaschenko vorführen lassen. Die EU hatte wegen der | |
Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus bereits im vergangenen Jahr | |
mehrere Sanktionspakete gegen Lukaschenkos Umfeld verabschiedet. | |
Verändert haben sie nichts, die [2][Repression geht unvermindert weiter.] | |
Nun zielt Lukaschenko auch noch auf Blogger wie Roman Protassewitsch, der | |
im EU-Land Litauen Schutz vor Verfolgung gesucht hatte. Und das zu einem | |
Zeitpunkt, da die EU versprochen hat, mehr denn je für den Schutz der | |
Pressefreiheit einzutreten. | |
Das ist ein harter Schlag – dem die Europäer auf Anhieb wenig | |
entgegensetzen können. Vor Beginn des EU-Sondergipfels wurden neue | |
Sanktionen, eine internationale Ermittlung des Vorfalls in Minsk sowie ein | |
Flugverbot für die belarussische Airline Belavia diskutiert. Zudem könnten | |
alle Überflüge von EU-Airlines über Belarus ausgesetzt werden. | |
„Dieser beispiellose Vorfall“ werde „nicht ohne Konsequenzen bleiben“, | |
kündigte Ratspräsident Charles Michel an. „Dies ist ein weiterer | |
offensichtlicher Versuch der belarussischen Behörden, alle Stimmen der | |
Opposition zum Schweigen zu bringen“, hieß es in einer Erklärung im Namen | |
aller EU-Mitgliedstaaten. | |
## Botschafter einbestellt | |
Immerhin, diesmal ist kein EU-Land ausgeschert – wie im vergangenen Herbst, | |
als Griechenland und Zypern wochenlang die ersten Sanktionen gegen Belarus | |
blockierten, um ein härteres Vorgehen auch gegen die Türkei zu erzwingen. | |
Auch ein neues Sanktionspaket dürfte kaum am Widerstand einzelner Staaten | |
scheitern, heißt es in Brüssel. | |
In der neuen Belarus-Krise soll sich nicht wiederholen, was die EU zuletzt | |
im Streit über China und Hongkong erlebt hatte: dass einzelne Länder wie | |
Ungarn einen Beschluss verhindern und so die gemeinsame Außenpolitik | |
lächerlich machen. Diesmal, so scheint es, steht die europäische Front der | |
Lukaschenko-Gegner. | |
Selbst die Berliner Wahlkämpfer zeigen sich geschlossen. Die | |
KanzlerkandidatInnen von Grünen, CDU/CSU und SPD verurteilten einhellig die | |
„beispiellose Eskalation“ (so Baerbock) und forderten eine entschiedene | |
Reaktion der EU. Das Auswärtige Amt bestellte den belarussischen | |
Botschafter ein. | |
24 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Belarussischer-Oppositioneller/!5774025 | |
[2] /Nach-Zwangslandung-in-Minsk/!5774085 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Europäische Union | |
Alexander Lukaschenko | |
Belarus | |
Schwerpunkt Krisenherd Belarus | |
Auswärtiges Amt | |
Europäische Union | |
Schwerpunkt Korruption | |
Schwerpunkt Krisenherd Belarus | |
Schwerpunkt Krisenherd Belarus | |
Belarus | |
Schwerpunkt Krisenherd Belarus | |
Belarus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neuer EVP-Chef Manfred Weber: Die Agenda setzen andere | |
Seit Merkels Abgang haben die Konservativen in der EU nicht mehr viel zu | |
melden. Der neue EVP-Chef Weber soll das nun richten. Keine leichte | |
Aufgabe. | |
Präsident von Zypern: Der Mann mit den goldenen Pässen | |
Der Inselstaat ist Einfallstor in die EU – mittels gekaufter | |
Staatsbürgerschaft. Dafür steht der zyprische Präsident Nikos Anastasiades. | |
Nach Zwangslandung in Belarus: Flugverbote und Sanktionen | |
Nach der Zwangslandung eines Flugzeugs ist der Umgang mit Belarus | |
Hauptthema des EU-Gipfels. Die Union stoppt nicht nur | |
Milliarden-Investitionen. | |
Neue Sanktionen gegen Belarus: EU-Luftraum dicht | |
Die EU-Staaten antworten auf die erzwungene Landung eines Flugzeugs in | |
Minsk. Sie einigen sich auf Flug- und Landeverbot gegen belarussische | |
Airlines. | |
Oppositioneller festgenommen: Festgesetzt und verschwunden | |
Dem Aktivisten Roman Protassewitsch droht in Belarus das Todesurteil. Die | |
Ryanair-Piloten wollten die Flugzeuglandung wohl noch verhindern. | |
Gekaperter Ryanair-Flug in Belarus: Entführer im Präsidentenamt | |
Alexander Lukaschenko jagt Oppositionelle jetzt auch in der Luft. Die | |
Konsequenz: Europas Fluggesellschaften sollten Belarus nicht mehr | |
überfliegen. | |
Anzeige gegen Lukaschenko: Weckruf für Brüssel | |
Ob die Strafanzeige deutscher Anwälte in Karlsruhe gegen den belarussischen | |
Diktator Erfolg hat, ist ungewiss. Dennoch ist sie ein wichtiges Signal. |