| # taz.de -- Erster ESC nach Corona-Zwangspause: Die Antithese zum Krisengemurmel | |
| > Der ESC war schon immer zuerst Entertainment und Spaß. Auch in Rotterdam | |
| > spiegelten die Künstler*innen divers und respektvoll das moderne | |
| > Europa wider. | |
| Bild: Erster ESC-Triumph für Italien seit 1990: die Rockband Måneskin nach de… | |
| Der [1][65. Eurovision Song Contest], Samstag bis in die Nacht zum Sonntag | |
| aus Rotterdam übertragen, brachte einige Erkenntnisse. Etwa eine über die | |
| durch die Coronapandemie vermuteten Gefühle von Einkehr und Besinnung ob | |
| des durch die Lockdowns verlangsamten Alltags. Nichts von dieser | |
| Kulturkritik geht offenbar in Erfüllung, gefeiert wurden beim | |
| Eurovision-Festival wie alle Jahre Akte der Lebenslust, der Party, der | |
| Gemeinsamkeit, und zwar eine in Diversity und Respekt. | |
| 150 Millionen in 47 europäischen Ländern sowie Israel und Australien | |
| schauten live zu. Hätte es, wie sonst auch immer in Deutschland, | |
| öffentliche ESC-Partys geben können – sie wären gefeiert worden, zumal, | |
| aber nicht nur dort in queeren Communities. Die Künstler*innen des ESC | |
| in Rotterdam bildeten zusammen so etwas wie ein Bild des modernen Europa | |
| (plus Israel und Australien): | |
| Nicht mehr besonders vermerkt werden muss, dass das eine oder andere Land | |
| nichtweiße Künstler*innen auf die Bühne delegiert – wie etwa 1966, als | |
| mit Milly Scott für die Niederlande die erste Sängerin mit nichtheller | |
| Hautfarbe, postkoloniale Einwanderin aus Surinam, zum ESC kam. | |
| In Rotterdam war geschätzt knapp die Hälfte der Singenden in irgendeiner | |
| Weise „divers“ – People of Colour etwa, so wie der Schwede Tusse, als | |
| unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus dem Kongo nach Schweden | |
| gekommen und dort nun eine Ikone, besonders bei den Jüngeren. Alles normal | |
| geworden, es ist kein exotisches Ding mehr. | |
| Ästhetisch gewann mit [2][„Måneskin“] eine italienische | |
| Drei-Mann-und-eine-Frau-Band, die unschlageresker nicht sein könnte, anders | |
| als die finnischen Heavy Metalists von Lordi 2007 aber ohne ironische | |
| Allüre. „Zitti e buoni“ war die aggressiv anmutende Erklärung dieser | |
| Musiker, dass es in dieser Welt nicht darauf ankomme, lieb und brav zu | |
| sein, sondern, im Gegenteil, aufrührerisch, laut und vernehmlich. „Rock ‚n… | |
| Roll never dies“ erklärte Sänger Damiano David danach lakonisch, übersetzt | |
| in etwa: Der Aufstand endet nie! | |
| Italien bekam seine pfingstliche Ausschüttung des heilig europäischen | |
| Geistes über sich – und Premier Mario Draghi soll sich sehr gefreut haben. | |
| Für Deutschland war es einmal mehr eine künstlerische und (weil es beim ESC | |
| ja durch die Punkte auch immer um Punkte geht) sportliche Vollhavarie. | |
| Jendriks intersektional angelegte Antidiskrihymne im Fröhlichkeitsrausch | |
| [3][„I Don’t Feel Hate“] soff ab – das eurovisionäre Europa mochte im | |
| deutschen Act offenbar nur vormoderne Biederkeit erkennen: Gut gemeint – | |
| aber ohne Kraft und Belang. Der Künstler, ausgesucht vom NDR und der ARD, | |
| mag sein Talent haben. Deutscher Muff wurde in den Begleitshows vor und | |
| nach dem ESC in der ARD dokumentiert: | |
| Sarah Connor, Jan Delay und all die anderen, die da etwas zu promoten | |
| hatten – sie erwiesen sich nach der Flut von exzellenten ESC-Peformances | |
| als belanglos und spaßbefreit, sich selbst genügend. Der ESC aus Rotterdam | |
| war vor allem dies: Eine Antithese zu allem Krisengemurmel in Brüssel, | |
| Europa lebt, einmal im Jahr an einem Samstag im Mai, nächstes Mal in | |
| Mailand oder Rom. | |
| 24 May 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Der-65-Eurovision-Song-Contest/!5769611 | |
| [2] /Eurovision-Song-Contest/!5774002 | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=ydgxZnHFLi4 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Europa | |
| Musik | |
| ESC | |
| GNS | |
| Schlager | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Schwerpunkt Eurovision Song Contest | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Belarus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Erster American Song Contest: Viel Kitsch, kaum Charakter | |
| Aktuell läuft erstmalig der American Song Contest. Der Sendung fehlt jedoch | |
| noch der kalkulierte Wahnsinn seines europäischen Gegenstücks. | |
| Eurovision Song Contest: The winner is: Ukraine | |
| Kein Land war bei den jüngsten Ausscheiden erfolgreicher als die Ukraine. | |
| Jetzt tritt die ukrainische Sängerin Jamala beim deutschen Vorausscheid | |
| auf. | |
| Kolumne Frau ohne Menstruationshintergrund: Bitte die ESC-Taste drücken | |
| Kolumnistin Michaela Dudley empfiehlt den Deutschen, sich beim European | |
| Song Contest ein Beispiel an den Italiener*innen zu nehmen. | |
| Eurovision Song Contest: Nicht „ruhig und lieb“ gewinnt | |
| Die italienische Hardrockband „Måneskin“ triumphiert beim 65. Eurovision | |
| Song Contest in Rotterdam. Der deutsche Kandidat Jendrik wird Vorletzter. | |
| Der 65. Eurovision Song Contest: Auf highesten Heels | |
| Nach einem Jahr Coronapause haben es sechundzwanzig Acts in das Finale von | |
| Rotterdam geschafft. Aber wer gewinnt? Eine Prognose. | |
| Russlands ESC-Kandidatin Manizha: Sie singt gegen das Patriarchat | |
| Die tadschikischstämmige Sängerin vertritt Russland in Rotterdam. Die | |
| selbstbewusste Feministin kämpft gegen verkrustete Gesellschaftsstrukturen. | |
| Belarus beim Eurovision Song Contest: Kein Lied für Rotterdam | |
| Belarus soll seinen ESC-Beitrag aus politischen Gründen ändern. Die Band | |
| lehnte das ab. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge | |
| 70. |