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# taz.de -- Abgeordneter über EU-Impfstrategie: „Wir müssen jetzt offensiv …
> Die Impfung werde Corona schnell den Schrecken nehmen, meint der
> konservative Parlamentarier Peter Liese. Die EU sei mit ihrer Strategie
> weit vorn.
Bild: „Ich sehe Biontech in großer sozialer Verantwortung“: Neue Impfstoff…
taz: Herr Liese, nach einem schleppenden Start läuft die [1][Impfkampagne
in Deutschland und der EU] nun auf Hochtouren. Kann Europa den Rückstand zu
den USA aufholen?
Peter Liese: Ja, die ersten Monate waren schwierig, aber man kann jetzt
optimistisch sein. Europa impft derzeit schneller als die USA, Deutschland
ist sogar auf dem Weg zum Impfweltmeister. Wir werden daher deutlich früher
als im September das EU-Ziel erreichen, 70 Prozent der Erwachsenen ein
Impfangebot zu machen. Die Impfung wird Corona in wenigen Wochen komplett
den Schrecken nehmen.
Die EU-Kommission hat gerade bis zu 1,8 Milliarden Impfstoffdosen bei
Biontech/Pfizer bestellt – für 2022 und 2023. Wozu brauchen wir noch so
lange so viel, wenn Corona bald seinen Schrecken verliert?
Das ist kein Widerspruch. Wir sollten vorbereitet sein – [2][man denke nur
an die Mutanten]. Vielleicht ist es auch sinnvoll, wie bei der Grippe jedes
Jahr eine neue Schutzimpfung gegen Corona zu machen. Einige EU-Staaten
waren im letzten Jahr zu zögerlich bei der Bestellung. Deshalb ist es
richtig, jetzt offensiv zu sein!
[3][Biontech hat den Preis für sein Vakzin deutlich erhöht], die Rede ist
von 50 Prozent mehr. Ist das vertretbar?
Die genauen Preise kenne ich nicht. Biontech ist ein sehr zuverlässiger
Partner. Das Unternehmen macht eine „EU first“-Politik und liefert mehr als
vertraglich zugesichert ist. Wir brauchen solche Partner – deshalb halte
ich das für vertretbar.
Der Vertrag mit AstraZeneca wird nicht verlängert, ein französischer
Anbieter kam nicht zum Zuge. Bekommt Biontech nun ein Monopol?
Ein Monopol ist das nicht. Noch vor dem 1. Juli soll Curevac hinzukommen –
mit 300 Millionen Dosen. Damit hätten wir einen dritten mRNA-Hersteller.
Außerdem haben wir noch Moderna und Johnson & Johnson. Das ist also noch
eine gewisse Wettbewerbssituation.
Dennoch sieht es nach einem Strategiewechsel aus. Bisher setzte die EU doch
auf ein breites Portfolio – und nicht nur auf mRNA-Präparate.
Aber wir haben jetzt auch eine andere Situation. Vakzine auf mRNA-Basis
haben sich bewährt, und wir wissen jetzt mehr über die Hersteller als vor
einigen Monaten: AstraZeneca schlecht, Biontech gut. Das sind zwei
objektive Tatsachen, die einen Strategiewechsel rechtfertigen.
Neu ist, dass nun auch Kinder und Jugendliche geimpft werden sollen.
Und ich habe mich dafür eingesetzt, dass die Zulassung noch im Mai erfolgt.
Das ist wichtig für Kinder mit Risikoerkrankungen, zum Beispiel mit
Herzfehlern. Es ist aber auch wichtig für die Schulöffnungen – wenn sich
viele Erwachsene nicht impfen lassen, muss man auch die Impfung von
Jugendlichen ins Auge fassen.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, alle Kinder bis zum Herbst
impfen zu lassen. Kommt die Impfpflicht durch die Hintertür?
Nein. Jens Spahn hat von einem Angebot gesprochen. Es geht zunächst auch
nur um Jugendliche ab zwölf Jahre. Ob man dieses Angebot annimmt, das muss
ganz individuell von den Eltern mit den Jugendlichen entschieden werden.
Ich sehe darin keine Impfpflicht.
Die EU hatte versprochen, [4][Ländern wie Indien über die Covax-Initiative
zu helfen]. Doch die Hilfe stockt, muss Brüssel mehr tun?
Alle müssen mehr tun, aber das Team Europe hat schon viel geleistet, die EU
ist da vorn.
Bisher wurden nur knapp 60 Millionen Impfdosen an 122 Länder geliefert. Bis
Ende 2021 sollen es eigentlich 2 Milliarden sein.
Ja, und selbst diese Ziele sind noch viel zu niedrig. Die Kommission und
die Mitgliedsstaaten waren vielleicht ein bisschen naiv. Großbritannien und
die USA haben sich schon riesige Impfstoffmengen gesichert, als wir noch
geglaubt haben, Covax könne die ganze Welt impfen.
Indien fordert schon lange, die Patente freizugeben – und bekommt nun
Rückendeckung aus den USA. Macht sich die EU mit ihrem Nein nicht
unglaubwürdig?
Die USA machen sich einen schlanken Fuß. Sie haben ja nicht einmal
AstraZeneca-Vakzine freigegeben, die sie selbst nicht gebraucht haben. Dass
sie nun für die Freigabe von Patenten sind, ist ein Ablenkungsmanöver.
Zudem muss man wissen, dass die Herstellung von mRNA-Impfstoffen
ausgesprochen schwierig ist. Es reicht nicht, nur das Patent zu haben, Sie
brauchen das Know-how und eine technologische Partnerschaft. Das ist wie
bei einem französischen Spitzenkoch. Er kann Ihnen das Rezept geben, aber
sein Essen kriegen Sie trotzdem nicht hin.
Biontech macht Milliardengewinne, warum sollte das Unternehmen sein
Know-how nicht teilen?
Auch Biontech hätte es ohne den Schutz des geistigen Eigentums nicht
geschafft. Es gab zwar öffentliche Unterstützung, aber das meiste Geld kam
von privaten Investoren. Dass das Unternehmen nun Gewinne macht, ist nun
mal das Wesen von Risikokapital. Die einen haben Erfolg, die anderen – wie
Curevac – haben noch gar nichts verdient. Ich sehe bei Biontech nun
allerdings eine große soziale Verantwortung. In meinen Gesprächen mit dem
Unternehmen appelliere ich auch an diese Verantwortung. Doch am Ende es
geht nur durch Kooperation.
13 May 2021
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## AUTOREN
Eric Bonse
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