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# taz.de -- Spargel für Genießer: Vergesst die Hollandaise!
> Spargel wird in der deutschen Küche oft falsch zubereitet. Ein Plädoyer
> gegen das Wasserbad und drei Rezepte für mehr Vielfalt.
Bild: Spargel muss nicht zwangsläufig im Wasser gekocht werden
Redet man über Spargel in der deutschen Küche, dann muss man mit Sauce
Hollandaise beginnen. Denn es ist paradox: Auf der einen Seite ist das
Frühjahrsgericht das Aushängeschild hiesiger Esskultur, seit Jahrzehnten
aber vor allem in Zusammenhang mit der Sauce, die mit auf den Teller kommt.
Zerlassene Butter oder Hollandaise, Anfang der 1980er teilte diese Frage im
April und Mai die Spargelnation, fraktionierte Familien und Freundeskreise.
Auch am elterlichen Essenstisch war es immer wieder Thema, obwohl die Frage
in unserer Familie seit Generationen geklärt ist: Wir sind Team Butter, für
das gegnerische Lager hatten wir kein gutes Wort übrig.
Zerlassene Butter unterstreicht den Spargelgeschmack, Sauce Hollandaise
übertüncht ihn. Butter steht für den feinen Geschmack, Purismus,
Enthaltsamkeit. Die Sauce ist Synonym für Unmäßigkeit, Völlerei,
Barbarentum.
Begonnen hat es mit dieser Unterscheidung, als die Hollandaise zum Anrühren
aus der Tüte aufkam oder es sie fertig im Tetrapak gab. Anfang der 1980er
eben. Ab da war sie nicht mehr aufzuhalten und verdrängte die Butter fast
vollständig. Wie in der Politik fand auch auf dem Spargelteller eine
geistig-moralische Wende statt. Die FDP wurde zu einem so festen Anhängsel
der CDU, wie der Spargel fortan in eigelber Cremesauce baden musste. Ob man
Gourmet oder Gourmand ist, wird seitdem nur noch daran festgemacht, ob es
Hollandaise (selbstgemacht) oder Hollo (aus der Packung) gibt.
Kartoffeln, Hollandaise und dazu gekochter Schinken, Wiener Schnitzel oder
Schnitzel natur, Seezunge oder Forelle – das sind bis heute die Beilagen
der herrschenden Spargelmenüs, auf der Speisekarte vieler Gaststätten wie
auf dem Speisezettel vieler Haushalte. Wogegen gar nichts zu sagen ist, es
gehört zu den unschuldigsten Traditionen in diesem Land.
Aber merken Sie was? Wir reden lange und ausführlich über Spargel, aber
immer geht es um das Drumherum. Wie das Gemüse an sich überhaupt zubereitet
wird, interessiert kaum jemanden. Wieso auch? Spargel wird gekocht, hätte
es in den 1980ern auf diese – dumme – Frage geheißen. Entweder im ovalen
Fischkochtopf, in dem sich auch die Forellen in Essigsud blau ziehen
ließen. Oder in einem der später auftauchenden hohen Spargeltöpfe, in denen
man das Gemüse bundweise ins heiße Wasser einlassen konnte. Die feinen
Köpfe standen oben heraus, um sie zu schonen.
Garantiert stehen noch heute Millionen Exemplare dieses Kochgeschirrs in
deutschen Küchenschränken, und deshalb hält sich die Tradition, Tonnen
besten Gemüses 14 bis 16 Minuten in wallendes Wasser zu versenken und es zu
ruinieren. Das Kochen ist die schlimmste deutsche Spargeltradition.
Man kann das nicht besser illustrieren als an der Spargelsuppe, die
zugleich eine der ältesten und bekanntesten deutschen Formen [1][von
Zero-Waste-Küche] ist. Es gibt sie meistens im Nachgang an ein großes
Spargelessen. Mein Oma kochte dafür noch die Spargelschalen im Spargelsud
aus, und wehe, aus dem Spargeltopf wurde nur ein Tropfen weggegossen. Der
Sud wurde mit Butter und Mehl gebunden und es wurden ein paar übrig
behaltene Stangen Spargel in Stückchen geschnitten und hineingeworfen.
Warum? Weil in dem Wasser der ganze Geschmack steckte. Was das im
Umkehrschluss für die Spargelstangen bedeutet, können Sie sich denken.
Damit Spargel sein ganzes Aroma behält, gibt es unendlich viel bessere
Zubereitungsarten. Man kann ihn braten, backen, marinieren. Und beschäftigt
man sich damit, dann werden auch seine traditionellen Begleiter zu
Streichkandidaten, also Kartoffeln, Schinken und vor allem: die Sauce
Hollandaise.
***
## Gebacken: Spargel mit Pancetta
Zutaten (pro Person, als Hauptgericht): 500 g grüner Spargel; 3 Scheiben
feiner luftgetrockneter Schinken, am besten Pancetta; 3 Rosmarinzweige; 3
Sardellenfilets; 50 g Butter; 1 Zitrone; Olivenöl
Zubereitung: Den Backofen auf 170 Grad vorheizen. Die holzigen Spargelenden
abbrechen, den Rest waschen. Dann die Stangen mit je einem Rosmarinzweig
und einer Sardelle in der Mitte in drei Bündel zusammenlegen und mit dem
Schinken umwickeln.
Etwas Olivenöl in eine Auflaufform geben, die Bündel hineinlegen, die
Zitrone halbieren und ebenfalls hineinlegen. Butterflöckchen auf die
Spargelbündel geben. 20 Minuten im auf 170 Grad vorgeheizten Ofen garen –
wer das Gemüse weicher mag, etwas länger. Salzen ist nur erforderlich, wenn
man auf die Sardelle verzichtet.
Vor dem Servieren nochmal frische Butter auf die Bündel geben, und wenn sie
schmilzt, die gebratene Zitrone darüber ausdrücken. Der Ofen-Spargel passt
zu Kartoffeln, kleingeschnitten zu Tagliatelle oder anderen Nudeln, aber
auch mit gutem Brot ist er einfach ein Fest.
***
## Gegrillt: Spargel-Panzanella
Zutaten (2 Personen): 500 g grüner Spargel, 1 Topf Basilikum, 200 g
Weißbrot vom Vortag, 50 g Parmesan im Block, 5 EL Olivenöl, 2 EL
Weißweinessig, 2 TL Zucker, 10 cl Gemüsebrühe, 1 TL grober Senf
Zubereitung: Den Ofen auf 140 Grad vorheizen. Das Brot in dünne Scheiben
schneiden und im Ofen etwa 30 Minuten trocken rösten. Den Spargel waschen
und die Enden abbrechen. Eine Grillpfanne stark erhitzen, etwas Olivenöl
auf Küchenkrepp träufeln und die Pfanne damit auswischen.
Die Spargelstangen ca. 12 Minuten in der Pfanne grillen, ggf. in Portionen.
Es sollte nur etwa ein Drittel der Pfannenfläche ausgenutzt werden, sonst
erkaltet die Pfanne zu schnell. Nicht zu häufig wenden. Währenddessen aus
Öl, Essig, Zucker, Brühe und Senf eine Vinaigrette mixen, mit Salz und
Pfeffer abschmecken.
Die noch warmen Spargelstangen schräg in Scheiben schneiden, mit den
Brotchips und der Vinaigrette mischen, mit den Basilikumblättern und
gehobeltem Parmesan bestreuen.
***
## Vergoren: Spargel im Glas
Zutaten: 500 g weißer Spargel, 1 l Wasser, 25 g Salz, ½ unbehandelte
Zitrone (dünne Scheiben), Lorbeerblätter (falls vorhanden), Hohe
Einmachgläser, Kleine Gefrierbeutel
Zubereitung: Salz und Wasser erhitzen, damit sich das Salz löst.
Anschließend auskühlen lassen. Spargelenden abschneiden, schälen. Stangen
aufrecht und dicht gedrängt in die Gläser stellen, evtl. kürzen oder
halbieren, damit 2 Zentimeter Platz zum Rand bleiben.
Lorbeerblätter dazwischenstecken, mit Zitronenscheiben belegen, Gläser mit
Lake füllen. Gefrierbeutel mit Wasser füllen und oben auflegen. So bleibt
der Spargel komplett in der Lake. Gläser mit aufgesetztem Deckel an einem
kühlen Ort 4 bis 6 Tage stehen lassen. Dann in den Kühlschrank stellen.
Zum Servieren den Spargel dünn in Scheiben schneiden, mit Olivenöl, Pfeffer
und Basilikum anmachen. Der Salat ist ein feiner Begleiter zu Fisch. Saurer
Spargel passt aber auch in Salate und ersetzt die Essiggurke in der
Schinkenstulle.
9 May 2021
## LINKS
[1] /Zero-Waste-Restaurant-in-Berlin/!5605571
## AUTOREN
Jörn Kabisch
## TAGS
Spargel
Gemüse
Genuss
Rezept
deutsche Küche
Sarah Wiener
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