| # taz.de -- Burda-Erbin macht HipHop: Revolution von oben | |
| > Elisabeth Furtwängler hat einen Track über ihre Privilegien | |
| > veröffentlicht. Ihren Ansatz des Klassenverrats sollte man nicht ins | |
| > Lächerliche ziehen. | |
| Bild: Milliardäre: Elisabeth Furtwängler (Künstlername Kerfor) mit Vater Hub… | |
| Wer rappt, der hat meistens [1][etwas zu beklagen]: Ausgrenzung, Armut, | |
| Alienation. Insofern passt der Track „Privilege“ der Burda-Erbin Elisabeth | |
| Furtwängler, den sie unter dem Namen Kerfor veröffentlicht hat, zwar nicht | |
| inhaltlich, doch aber prinzipiell in das Genre. | |
| Denn der Song, dessen [2][Videoclip sie vergangenen Freitag herausgebracht] | |
| hat, ist eine Anklage gegen ihr Privilegiertsein. Auf einem bestimmt nicht | |
| so billigen Rennrad und in edgy Farben gekleidet (neongrüne Mütze, | |
| mintgrüner Hoodie, gelbe Hose, knallgelbe Jacke) radelt sie auf dem | |
| Tempelhofer Feld in Berlin und klagt darüber, dass sie Privilegien habe; | |
| dass sie nie Hunger erlitten habe; dass sie das aber nicht besser als | |
| andere mache; dass man sich ja nicht aussuche, woher man komme. | |
| Das mag man albern finden, wie es Menschen in den sozialen Medien getan | |
| haben. Und Furtwänglers bemüht genretypischen Handbewegungen können einen | |
| auch fürchten lassen, dass sie jeden Moment vom Rad stürzen werde. Aber man | |
| darf auch anerkennen, dass sie einen ganz passablen Flow hat und, viel | |
| wichtiger, auch Sätze rappt wie „We’re in this together“ und „We can m… | |
| things better“. | |
| Nachdem die ohnehin nicht siegesgewohnte Linke in der Pandemie [3][eine | |
| Niederlage] nach der anderen kassiert, manche deshalb über eine | |
| handlungsunfähige und sich selbst nicht bewusste Arbeiter- und | |
| Prekärenklasse jammern, andere an ihrem quasireligiösen Glauben an ein bald | |
| auf messianische Weise erscheinendes revolutionäres Subjekt festhalten – da | |
| könnte es vielleicht gut sein, Menschen wie Furtwängler in ihren | |
| klassenverräterischen Impulsen zu bestärken – so dass auf ihr gerapptes | |
| Unbehagen vielleicht einmal Taten folgen. | |
| Denn warum sollte die Künstlerin, die gemeinsam mit ihrem Bruder [4][74,9 | |
| Prozent des Konzerns der milliardenschweren Burda-Familie] besitzt, den | |
| Verrat an ihrer Klasse, die ihr doch so großes und so gekonnt in Szene | |
| gesetztes Leiden beschert, nicht auch faktisch begehen – und ihr Eigentum | |
| entsprechend umverteilen? Ein solcher Akt wäre zudem ein ziemlicher | |
| Marketingcoup für ihr musikalisches Werk. Und vielleicht würde es Größeres | |
| auslösen, in Zeiten, in denen nichts auslösbar zu sein scheint. Mit Kerfor | |
| in die klassenlose Gesellschaft – warum eigentlich nicht? | |
| 16 Apr 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Antonia-Baum-ueber-Eminem/!5731061 | |
| [2] https://www.youtube.com/watch?v=_-4-67De-8M | |
| [3] /Mietendeckel-Gesetz-in-Berlin/!5766576 | |
| [4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/elisabeth-furtwaengler-ueber-… | |
| ## AUTOREN | |
| Volkan Ağar | |
| ## TAGS | |
| HipHop | |
| Rap | |
| Klassengesellschaft | |
| Erbe | |
| soziale Ungleichheit | |
| Liebeserklärung | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Kolumne Postprolet | |
| HipHop | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| EU-Kommission gegen Facebook: Verstöße gegen den Wettbewerb? | |
| Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager knöpft sich Facebook vor. | |
| Es geht um mögliche Vergehen beim Kleinanzeigendienst Marketplace. | |
| Streit um Klassenfrage: Para und Props | |
| Es gehe um Geld oder um Anerkennung, heißt es in der Debatte um Klassismus | |
| oft. Dabei geht es um beides gleichermaßen. | |
| Antonia Baum über Eminem: Die Macht des Losers | |
| Mit seinen Texten hat US-Rapper Eminem das Selbstbild der Weißen | |
| angegriffen, sagt Autorin Antonia Baum. Sie hat ein Buch über ihn | |
| geschrieben. | |
| Geschichte der deutschen Zeitungsmacher: Anthrazitgraue Herren | |
| Verleger waren einflussreiche Personen der deutschen Nachkriegsgeschichte. | |
| Auch Kalle Ruch, obwohl – nein, weil er alles anders machen musste. |