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# taz.de -- Akademie für neue Agrogentechnik: Gentech-Kritiker gegen Leopoldina
> Die Akademie lasse in einem industriefreundlichen Paper kritische Studien
> weg, sagen ForscherInnen. Die EU müsse alle Gentechnik-Pflanzen prüfen.
Bild: Solcher Mais könnte dank neuer Gentechnik besser mit Trockenheit klarkom…
Berlin taz | Führende Forschungsorganisationen ignorieren bei ihrer
Unterstützung für die neue Agrogentechnik einer Studie zufolge Hunderte
Publikationen, die auf potenzielle Probleme hinweisen. Eine Stellungnahme
unter anderem der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina lasse
„mindestens 200 hochrelevante“ Untersuchungen außer Acht, schreiben die 16
AutorInnen um die Biologin Angelika Hilbeck, die von den Grünen im
Europaparlament beauftragt wurde.
Die Publikationen „belegen die negativen Auswirkungen der bestehenden
[1][Gentechnik] auf Umwelt und Gesundheit und geben wichtige Hinweise auf
die möglichen negativen Folgen neuerer gentechnischer Verfahren“. Die EU
solle ihre Vorschriften verschärfen, heißt es.
Die [2][Leopoldina] dagegen verlangt, Gentech-Pflanzen ohne spezielle
Sicherheitsprüfung zuzulassen und nicht mehr zu kennzeichnen, wenn „keine
artfremde genetische Information ins Genom eingeführt ist“ oder die
Genkombination sich theoretisch auch auf natürliche Weise oder mittels
konventioneller Züchtung ergeben könnte. Solche Pflanzen lassen sich zum
Beispiel mit der Methode Crispr/Cas entwickeln, die Erbgut genauer
verändern kann als ältere Gentech-Verfahren. Zu dieser Frage wird die
EU-Kommission wahrscheinlich am Freitag eine Studie veröffentlichen, die
die Debatte über neue Gesetze befeuern könnte.
Gerade wegen der Kennzeichnungspflicht werden in der Europäischen Union
derzeit kaum Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen angeboten.
Die meisten VerbraucherInnen lehnen solche Nahrungsmittel ab. Deshalb bauen
LandwirtInnen in der EU auch nur wenig Mais an, der dank Gentechnik ein
Gift gegen Schädlinge produziert.
Hilbeck und ihre KollegInnen weisen in der [3][Studie] vor allem das
Argument der Leopoldina zurück, dass die neue Gentechnik dazu beitragen
könne, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen und Pflanzen an den Klimawandel
oder Krankheiten anzupassen. Die Akademie nannte über 100 Pflanzen der
neuen Gentechnik wie Mais, der besser mit Trockenheit klarkomme. „Diese
Pflanzen befinden sich jedoch in frühen, explorativen Forschungsstadien“,
so die KritikerInnen. Selbst in den USA, die ein vergleichsweise laxes
Zulassungsverfahren haben, seien bisher nur zwei Pflanzen der neuen
Gentechnik auf dem Markt, obwohl Crispr/Cas bereits 2012 entwickelt wurde.
Bei einer handele es sich um einen Pestizid-toleranten Raps.
## Molekularbiologe weist Vorwürfe zurück
Es seien keine Ertragssteigerungen aufgrund der Gentechnik nachgewiesen
worden. Überhaupt würden Hungersnöte eher beispielsweise durch Gewalt und
Armut als durch zu geringe Ernteerträge verursacht. Die AutorInnen
argumentieren ebenfalls, dass die Technik eine umweltschädliche
Landwirtschaft etwa mit Monokulturen erleichtere. Zudem sei die neue
Gentechnik anders als traditionelle Züchtungsmethoden, da sie auch Regionen
des Genoms verändert, die normalerweise vor Mutationen geschützt sind.
Unbeabsichtigte Effekte seien dokumentiert.
Die Leopoldina-Stellungnahme spiegele „keinen wissenschaftlichen Konsens“
wider, so die ForscherInnen. Hilbeck räumte auf taz-Nachfrage ein, dass nur
wenige WissenschaftlerInnen die Agrogentechnik kritisierten. Das liege aber
vor allem daran, dass die BefürworterInnen der Methoden größere
Finanzressourcen hätten als die GegnerInnen.
Holger Puchta, Co-Autor der Leopoldina-Studie, wies den Vorwurf zurück,
sein Team habe wissenschaftliche Belege „vorsätzlich nicht berücksichtigt�…
„Ganz im Gegenteil, wir haben uns natürlich auf Studien beschränkt, über
deren Seriosität bei der ganz großen Mehrheit der Forschenden weltweit
Einigkeit herrscht“, schrieb der Molekularbiologe der taz.
Anmerkung der Redaktion: Wir haben korrigiert, dass der in der EU angebaute
gentechnisch veränderte Mais nicht Behandlungen mit
Unkrautvernichtungsmitteln überlebt, sondern ein Gift gegen Schädlinge
produziert.
26 Apr 2021
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Gentechnik/!t5010915
[2] https://www.leopoldina.org/publikationen/detailansicht/publication/wege-zu-…
[3] http://extranet.greens-efa-service.eu/public/media/file/1/6949
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
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