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# taz.de -- Compilation zu Postpunk: Hypnotische Schleifen zum Tanzen
> Soul Jazz Records zeigen mit dem Sampler „Two Synths A Guitar (And) A
> Drum Machine. Post Punk Dance #1“ die Bandbreite des Genres Postpunk.
Bild: Wiederentdeckungswürdig: Die Band IXNA aus San Francisco in Live-Besetzu…
Zwei Synthesizer, eine Gitarre, eine Rhythmusmaschine: Mehr brauchte es in
der Zeit des frühen Postpunk oft nicht, um neue Sounds und Songs zu
kreieren. Von Großbritannien breitete sich ab Ende der 1970er Jahre jene
extrem freie, oft minimalistische Form unkonventioneller Popmusik aus, über
die Simon Reynolds, Musikautor und Experte für jene Ära, einmal schrieb:
„Postpunk bezeichnet weniger ein Genre als vielmehr einen Möglichkeitsraum,
aus dem sich ein breites Spektrum an Stilen entwickelte“.
Die Tür zu diesem Möglichkeitsraum steht bis heute offen – das zeigt ein
toller Sampler vom Londoner Label Soul Jazz Records, der die simplen
Produktionsmittel schon im Titel aufgreift: „Two Synths A Guitar (And) A
Drum Machine. Post Punk Dance #1“. Die kürzlich erschienene Kompilation mit
den 15 Tracks versammelt fast ausschließlich aktuelle Bands und Produzenten
aus aller Welt, die sich auf ebenjene Epoche beziehen, in der man im Geiste
des Punk mit Elementen aus Dub, Reggae, Funk, Disco und Jazz
herumexperimentierte.
Die stilistische Vielfalt bildet sich auch auf diesem Sampler ab. New Fries
etwa knüpfen da an, wo das britische Avantgardekollektiv The Flying Lizards
Mitte der 1980er aufgehört hat. In seinem Song „Lily“ (2020) verbindet das
Quartett aus Toronto Offbeat-Drums mit repetitiven Krautrock-Gitarren und
Spoken Word und erzeugt so hypnotische Schleifen, aus denen man erst nach
gut sechs Minuten schwummrig und glücklich zugleich entlassen wird.
In eine ähnliche Kerbe schlägt die einzige Wiederveröffentlichung des
Albums – „Somebody said“ (1981) von dem unbedingt wiederentdeckungswürdi…
Duo IXNA aus San Francisco. Bassistin und Keyboarderin Jay Cloidt lässt die
Synthesizer flirren und den Bass grooven, während Sängerin Marina LaPalma
auf zwei Gesangsspuren ein feministisches Manifest verliest – einmal mit
nervenzerfetzender Quietschstimme, einmal mit ihrer Sprechstimme. Ein
Track, der sehr neugierig macht auf eine Wiederveröffentlichung, die es
jüngst von IXNA gab („Knotpop“, 2019, Concentric Circles Records).
Techno mit House und Krautrock
Daneben stehen elektronische Acts wie der japanische Künstler Zongamin
(Susumu Mukai), dessen Stück „Underwater Paramid“ Techno, House und
Krautrock vereint. Ähnlich der [1][US-Produzent Charles Manier (Tadd
Mullinix]), der uns knapp acht Minuten in einen Dauerloop schickt und
zwischendurch Klänge à la Morricone und Noisegitarren-Sounds einstreut.
Oder das Londoner Duo Becker & Mukai, dessen „La Rivière des Perles“ (2017)
housig vor sich hingroovt und sich krautigen und psychedelischen
Abschweifungen hingibt. Das Düsseldorfer Projekt Toresch (um
[2][Klangkünstler Detlef Weinrich alias Toulouse Low Trax]) ist dagegen in
„Tocar“ etwas kühler und technoider unterwegs. All diese Produzenten
verweisen auf die Kontinuitäten zwischen Postpunk und den späteren
elektronischen Genres.
Und dann sind auch richtige Pophits auf dem Album, zum Beispiel
„Discolovers“ von der Londoner Band Gramme, die ein bisschen an Hot Chip
erinnern. Zu einem funkigen Bass und verspielten Gitarrenlicks wiederholt
Sängerin Sam Taylor wieder und wieder die Verse: „Tell me something I want
to know / Disco Lovers take control“. Ähnlich tanzbar, aber viel
verspielter, verspulter, verfrickelter gehen die Kalifornier Vex Ruffin
feat. Fab 5 Freddy („The Balance“, 2016) oder die portugiesische Gruppe
Niagara mit ihrer hochpsychedelischen Klangmixtur („Ida“, 2019) zu Werke.
Das Londoner Label Souljazz hat schon zahlreiche hervorragend kuratierte
Sampler früherer Musikepochen veröffentlicht – dieser hier bringt die
Vergangenheit mit der Gegenwart zusammen, mit echten Fundstücken aus dem
tiefen Unterholz. Auf eine Fortsetzung darf man hoffen. Denn um die Leute
zum Tanzen zu bringen, braucht es bis heute manchmal nur: zwei Synthesizer,
eine Gitarre und eine Rhythmusmaschine.
30 Mar 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Musik
Postpunk
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