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# taz.de -- VS Berlin überwacht Coronaleugner: Weg mit den Samthandschuhen
> Die Überwachung der Corona-Verschwörer ist richtig. Sie kann helfen, die
> demokratiefeindliche Bewegung nicht weiter zu unterschätzen.
Bild: An einen demokratischen Machtwechsel wird nicht mehr gedacht
Ziemlich genau ein Jahr nach Beginn der [1][Proteste der
Coronaleugner*innen] hat der [2][Berliner Verfassungsschutz Teile der
Bewegung als Verdachtsfall eingestuft]. Laut Innensenator Andreas Geisel
(SPD) gehe es den nicht näher benannten Gruppierungen nicht um Kritik an
den staatlichen Coronamaßnahmen, sondern um die Destabilisierung der
demokratischen Verfasstheit des Staates. Lässt man Kritik an der langen
Leitung der Verfassungsschützer*innen beiseite und ebenso die
grundsätzlichen Bedenken gegen Legitimität und Wirksamkeit der Behörde,
muss man konstatieren: Die Entscheidung ist unzweifelhaft richtig.
Von Beginn an sehen sich große Teile der Bewegung, die aus
Verschwörungstheoretiker*innen, Esoteriker*innen und
Impfgegner*innen ebenso besteht wie aus radikalen Rechten und
fundamentalen Christ*innen, im Widerstand gegen das System. Sie
unterstellen einen autoritären Umsturz von oben, für den Corona als Vorwand
gebraucht wird – und setzen dagegen ihre als revolutionär verstandene
Bewegung. Der Verachtung des Staates, seiner Institutionen und handelnden
Politiker*innen sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Noch am Dienstag heizte Protestpionier [3][Anselm Lenz] von der
Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand in einem Rundschreiben die
Proteste gegen die Beratungen des Bundeskabinetts über eine Coronanotbremse
an: „Wir wollen die Inhaftierung der Regierung Merkel und vollständige die
Machtübernahme durch die Demokratiebewegung!“
Von einem demokratischen Machtwechsel träumen die Fanatisierten schon lange
nicht mehr. Die Folge dieses Glaubens und dieser Rhetorik [4][sieht man
seit Monaten auf den Straßen]. Polizeiketten werden überrannt,
Journalist*innen angegriffen, Impfzentren und Forschungseinrichtungen
werden zu Angriffszielen.
## Nazis neue Freunde
Rechtsextremisten erreichen in und mit der Bewegung ganz neue Zielgruppen,
Reichsbürger finden für ihre Wahnvorstellungen von einem nichtsouveränen
Staat ein neues Massenpublikum. Die Verbindung der extremen Rechten und der
naiven Verschwörungsgläubigen ist toxisch. Der Verfassungsschutz liegt
dennoch richtig, wenn er die Bewegung nicht einfach dem Bereich
Rechtsextremismus zuschlägt, sondern als neue, eigene Kategorie führt – zu
unterschiedlich sind die Akteur*innen, zu sehr ist die gemeinsame Basis
gezielter Desinformationen in ihrer Dimension tatsächlich etwas Neues.
Nach Baden-Württemberg, Bayern und [5][Hamburg] hat Berlin die vierte
Verfassungsschutzbehörde, die die Bewegung als Verdachtsfall einstuft.
Erwarten muss man davon nichts. Statt nachrichtendienstlicher Mittel, die
nun eingesetzt werden, reicht meistens der Blick in Telegram-Gruppen. Als
Zeichen aber darf man die Entscheidung ernst nehmen und muss man sie
verwenden. Spätestens wenn das nächste Mal die Polizei
Querdenken-Aufmärsche nicht nur unterschätzt, sondern wieder mit
Samthandschuhen anfasst.
14 Apr 2021
## LINKS
[1] /Koepfe-der-Corona-Relativierer/!5681132
[2] /Vom-Verfassungsschutz-im-Visier/!5766444
[3] /Verschwoerungsideologe-Anselm-Lenz/!5760168
[4] /Straftaten-auf-Coronaprotesten/!5754881
[5] /Verfassungsschutz-berichtet-in-Hamburg/!5758405
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Verschwörungsmythen und Corona
Verfassungsschutz
"Querdenken"-Bewegung
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Schwerpunkt Coronavirus
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