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# taz.de -- Reaktionen auf gekippten Mietendeckel: Jetzt ist der Ball beim Bund
> Linkspartei, SPD und Grüne fordern bundesweite Regeln gegen
> Mietsteigerung. Union, FDP und AfD hingegen freuen sich mit der
> Immobilienlobby.
Bild: Protest in Berlin gegen steigende Mieten und Verdrängung
Berlin taz | Tiefe Enttäuschung auf der einen, großer Jubel auf der anderen
Seite – das sind die Reaktionen im politischen Berlin auf die
[1][Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts], die Berliner
Mietpreisbremse zu kippen.
Von einem „schwarzen Tag für die Berliner Mieterinnen und Mieter“ sprach
der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Sören Bartol. „Wir
müssen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestehendes
Bundesrecht um einen verfassungsgemäßen Mietenstopp in angespannten
Wohnungsmärkten ergänzen“, sagte er. Den erfolgreichen Kläger:innen aus
den Reihen von Union und FDP warf er vor, ihnen seien die Sorgen von
Mieter:innen „vollkommen egal“. Sie seien vielmehr „die Anwälte der
Immobilienlobby im Deutschen Bundestag“, sagte Bartol.
Ähnlich prägnant formulierte es der Linkspartei-Bundestagsagbeordnete
Gregor Gysi: „Mit CDU und CSU sind immer Miethaie auf der Gewinnerseite,
aber nicht die Mieterinnen und Mieter.“ Das Verfassungsgerichtsurteil sei
ein Rückschlag.
„Viele Mieterinnen und Mieter müssen jetzt wieder darum bangen, dass sie
aus ihrer Nachbarschaft verdrängt werden und dass sie ihre Mieten nicht
zahlen können“, sagte die Linkspartei-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow.
Ihre Partei werde sich „weiter mit aller Energie für eine soziale
Mietenpolitik einsetzen“. Auch die Linkspartei fordert nun eine Regelung
auf Bundesebene. Für mindestens sechs Jahre müssten „überall dort
Mietendeckel eingeführt werden, wo der Wohnungsmarkt für Mieterinnen und
Mieter zur Existenzbedrohung geworden ist“, sagte die Co-Vorsitzende Janine
Wissler.
„Der Berliner Mietendeckel war ein Notnagel“, sagte der Sprecher für Bau-
und Wohnungspolitik der grünen Bundestagsfraktion, Chris Kühn. „Das
Bundesverfassungsgericht hat nun klargestellt, dass dieser Notnagel nicht
trägt.“ Das Urteil nehme „den Bund in die Pflicht“. Die Bundesregierung …
nun „in der Verantwortung, jetzt zügig die Mietpreisbremse zu verbessern
und die Mieterhöhungsmöglichkeiten bei bestehenden Mietverträgen wirksam zu
begrenzen“.
## Freude bei Union, FDP und AFD
[2][Wie nicht anders zu erwarten], zeigten sich die Union, die FDP und auch
die AfD äußerst zufrieden mit der Karlsruher Entscheidung. Er sei
„erleichtert“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Denn
es sei der Eindruck entstanden, „dass mit diesem Mietendeckel der Staat
immer mehr und immer stärker in die privatwirtschaftliche
Gestaltungsfreiheit eingreift“. Deswegen sei es „ganz wichtig“, dass er
verworfen worden sei.
„Der Berliner Senat hat die Mieterinnen und Mieter wider besseres Wissen
für ein ideologisches Experiment missbraucht“, sagte der bau- und
wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst. „Man
muss dem Bundesverfassungsgericht dankbar sein, dass es diesen Spuk jetzt
beendet hat“, sekundierte der AfD-Bundestagsabgeordnete Udo Hemmelgarn.
Der Mietendeckel habe „für Unsicherheit auf den Wohnungsmärkten gesorgt,
Investitionen ausgebremst und keine einzige neue Wohnung geschaffen“, sagte
Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU). Daher sei es gut, dass er jetzt
Geschichte sei. Volker Ullrich, der rechtspolitische Sprecher der CSU im
Bundestag, verkündete, es sei „klar“, dass es mit seiner Partei „solche
sozialistischen Experimente auf Bundesebene nicht geben“ werde.
„Das ist nicht nur ein sehr guter Tag für die Wohnungspolitik und private
Vermieter, sondern auch ein sehr guter Tag für Mieter“, schwärmte der
Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland, Kai Warnecke.
„Wir müssen zurückkehren zu den wohnungspolitischen Instrumenten, die
funktionieren“, befand Warnecke. Dazu gehörte „in erster Linie,
Wohnungsknappheit durch Wohnungsbau zu bekämpfen“.
Enttäuscht zeigte sich hingegen Frank Werneke, der Vorsitzende der
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. „Das Problem ständig steigender Mieten
bleibt – deswegen ist jetzt die Bundesregierung am Zug“, sagte er. „Wir
brauchen eine wirksamere Mietpreisregulierung.“
„Eine großartige Chance für viele Menschen in unserem Land ist heute vertan
worden“, sagte Monika Schmid-Balzert von der bundesweiten [3][Kampagne
Mietenstopp]. Aber immerhin herrsche jetzt Klarheit. „Wenn es die Länder
nicht können, muss der Bund einen Mietenstopp mithilfe des Zivilrechts
einführen.“
15 Apr 2021
## LINKS
[1] /Mietendeckel-Gesetz-in-Berlin/!5766576
[2] /Mietendeckel-gekippt/!5766665
[3] https://mietenstopp.de/
## AUTOREN
Pascal Beucker
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