# taz.de -- Corona-Impfstart in Afrika: Impfquote im Promillebereich | |
> In den meisten Ländern Afrikas südlich der Sahara wird mittlerweile gegen | |
> Covid-19 geimpft. Doch die breite Masse der Bevölkerung hat nichts davon. | |
Bild: Das Krankenhauspersonal in Khayelitsha bei Kapstadt wurde mit Südafrikas… | |
KAPSTADT taz | Es geht noch immer zu langsam, aber ein Beginn ist gemacht – | |
nun auch mit dem richtigen Impfstoff: Bislang konnten in Südafrika mehr als | |
183.000 Ärzt*innen und Pfleger*innen geimpft werden, die direkt mit | |
Covid-19 Patient*innen zu tun haben. | |
Am 17. Februar [1][gehörte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa zu den | |
Ersten] im Land, die eine Impfung mit dem Johnson&Johnson-Vakzin erhielten. | |
Es wirkt auch gegen die als besonders problematisch geltende | |
südafrikanische Virus-Mutation und hat zwei Vorteile: Es kann bei | |
Kühlschranktemperaturen aufbewahrt werden – und bereits eine einzige | |
Impfung ist ausreichend, um nach letzten Erkenntnissen 57 Prozent Schutz | |
bei milden bis mittleren Erkrankungen und bis zu 85 Prozent bei schweren | |
Krankheitsverläufen zu gewährleisten. | |
Nur werden bis Ende März nicht mehr als 700.000 Impfdosen geliefert werden | |
können, die ausschließlich für medizinisches Personal reserviert sind. Bis | |
dahin sollten eigentlich die meisten der 1,5 Millionen „Healthcare | |
Frontline Worker“ dieser ersten Zielgruppe erreicht werden. Weil die | |
Impfstoff-Lieferung jedoch hinterher hinkt, rechnet die Regierung [2][laut | |
einem Zeitungsbericht] jetzt mit nur 500.000 Geimpften – bis Ende April. | |
Erst ab April werden die nächsten 9 Millionen Dosen von Johnson&Johnson | |
erwartet. Ein Vertrag mit Pfizer über 20 Millionen Impfdosen ist | |
unterzeichnet. Inwieweit die Impfstoffe Sputnik 5 aus Russland und | |
Sinopharm aus China in Frage kommen, wird noch geprüft. | |
Es bleibt das Ziel der Regierung, bis Ende 2021 rund 40 Millionen | |
Südafrikaner*innen zu impfen und damit gut 65 Prozent der Bevölkerung | |
zu erreichen. Dafür müssten ab April täglich 140.000 Menschen geimpft | |
werden, was vielen Expert*innen eher unwahrscheinlich erscheint. | |
Immerhin ist es Südafrika gelungen, aus der fatalen Lieferung von einer | |
Million AstraZeneca-Impfdosen Anfang Februar aus Indien herauszukommen, die | |
nur zu 22 Prozent gegen die südafrikanische Virusmutation wirkten. Die | |
Regierung Südafrikas konnte sie an die Afrikanische Union (AU) für jene | |
Länder verkaufen, in denen bisher keine Virusmutationen aufgetaucht sind. | |
## 25 Millionen Impfdosen für 1,3 Milliarden Menschen | |
So konnte jetzt auch in den meisten Ländern Afrikas die Schutzimpfung gegen | |
Covid-19 starten. Ghana war nach Südafrika ab Anfang März das zweite Land | |
auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara, in dem Impfungen | |
begannen und das erste, das 600.000 Impfdosen AstraZeneca über die | |
Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhielt. | |
Inzwischen haben mehr als die Hälfte aller 55 Staaten Afrikas Impfstoffe | |
erhalten, aber nur in bescheidenen Mengen. Laut WHO haben bis zum 18. März | |
38 Staaten der WHO-Region Afrika, die alle Staaten südlich der Sahara plus | |
Algerien umfasst, insgesamt 25 Millionen Impfdosen erhalten, davon über 16 | |
Millionen aus der Covax-Initiative. Sie kommen von AstraZeneca, das rund 90 | |
Prozent aller in Afrika verabreichten Impfungen ausmacht. | |
Etwa 7 Millionen Menschen sind [3][laut WHO] in Afrika bisher geimpft | |
worden – 4,2 Millionen davon in Marokko, das mit Abstand an der Spitze | |
liegt und AstraZeneca und Sinopharm einsetzt. Der Kontinent hat insgesamt | |
rund 1,36 Milliarden Einwohner. In den meisten Ländern liegt die Impfquote | |
im Promillebereich. | |
Die breite Masse der Bevölkerung profitiert von den Impfungen bisher | |
nirgends. Im Township Masiphumelele im Süden von Kapstadt, in dem mehr als | |
40.000 Menschen leben, haben bisher drei Menschen eine Impfung erhalten: | |
Der einzige Hausarzt sowie eine Ärztin und eine leitende Krankenschwester. | |
Selbst das übrige medizinische Personal muss noch warten. Ältere oder | |
aufgrund von Vorerkrankungen besonders gefährdete Südafrikaner*innen | |
sollen ab Mitte Mai dran sein – sicher ist es nicht. | |
## Südafrikas Angst vor der „dritten Welle“ | |
Andererseits ist der letzte strenge Lockdown in Südafrika nicht ohne Erfolg | |
geblieben. Die zweite Welle schien Anfang März mit weniger als 1.500 | |
Neuinfektionen pro Tag soweit unter Kontrolle, dass Präsident Ramaphosa | |
Erleichterungen verkünden konnte: Öffnung von Restaurants, Hotels und | |
Geschäften, Ausgangssperre nur noch von Mitternacht bis 4 Uhr morgens und | |
Alkoholverkauf wieder erlaubt. Alle internationalen Flughäfen Südafrikas | |
operieren unter Beachtung von Test- und Quarantänevorschriften wieder. | |
Doch bleibt unsicher, ob dies nur eine Atempause ist, bevor eine „dritte | |
Welle“ mit Einbruch des bevorstehenden Winters stattfindet. Zu den | |
sorgenvollen Erkenntnissen gehört auch, dass bereits 4.000 Patient*innen, | |
die Covid-19 überstanden hatten, erneut mit der neuen Mutation erkrankt | |
sind, also eine erhoffte Immunisierung nicht mehr als sicher gelten kann. | |
Mit der Öffnung der Schulen im Februar wurde deutlich, was es konkret | |
bedeutet, dass Südafrika mit mehr als 52.000 Verstorbenen weiter rund zwei | |
Drittel aller Todesfälle auf dem Kontinent verzeichnet hat: Fast 1.200 | |
Lehrer*innen sind bisher an Covid-19 gestorben, besonders tragisch für | |
ein Schulsystem, das bereits vorher zu wenig ausgebildete Lehrkräfte hatte. | |
21 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://ewn.co.za/2021/02/17/no-tears-ramaphosa-gets-his-covid-19-vaccine-j… | |
[2] https://www.timeslive.co.za/sunday-times/news/2021-03-21-fears-as-third-wav… | |
[3] https://aho.afro.who.int/ | |
## AUTOREN | |
Lutz van Dijk | |
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