# taz.de -- Gesetzentwurf gegen Feindeslisten: Journalisten dürfen Namen nennen | |
> Justizministerin Lambrecht hat ihren Gesetzentwurf gegen Feindeslisten | |
> überarbeitet. Medien- und Antifa-Recherchen sollen nicht mehr betroffen | |
> sein. | |
Bild: Reagiert auf scharfe Kritik am ersten Gesetzentwurf: Bundesjustizminister… | |
BERLIN taz | Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat ihren | |
Gesetzentwurf zur Bestrafung von „Feindeslisten“ entschärft. | |
Journalistische und zivilgesellschaftliche Aufklärung soll ausdrücklich von | |
der Strafbarkeit ausgenommen werden. Der Gesetzentwurf, der der taz | |
vorliegt, soll am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Die geplante | |
Strafvorschrift zielt vor allem auf so genannte Feindes- oder Todeslisten, | |
wie sie [1][im rechtsextremistischen Milieu verbreitet werden]. | |
In dem neuen Gesetzentwurf steht ein Verweis auf die so genannte | |
Sozialadäquanz-Klausel des Paragraphen 86. Danach bleibt die | |
„Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens“ ebenso straffrei, wie | |
wenn die Handlung der „staatsbürgerlichen Aufklärung“ oder „ähnlichen | |
Zwecken“ dient. Die bewährte Klausel kommt bereits an vier Stellen des | |
Strafgesetzbuches zum Einsatz, unter anderem bei der „Volksverhetzung“. | |
In der Begründung zum Gesetzentwurf gegen Feindeslisten wird zudem erwähnt, | |
dass die „Veröffentlichung der Recherchearbeit von Vereinen zur Aufdeckung | |
extremistischer Bestrebungen“ nicht strafbar sein soll. Dementsprechend | |
könnten auch die Outing-Bulletins von Antifa-Gruppen geschützt sein. | |
Weiter heißt es in der Begründung nun, dass die anprangernde Nennung von | |
Namen vor allem dann strafbar sein soll, wenn sie mit „subtilen | |
Andeutungen“, verbunden wird, „die zu einem Einwirken auf die betroffene | |
Person motivieren könnten (‚Man könnte ihr/ihm mal einen Besuch | |
abstatten‘).“ | |
## Scharfe Kritik am ursprünglichen Entwurf | |
Mit diesen Änderungen reagiert die Ministerin auf deutliche Kritik an einem | |
früheren Vorschlag zu einem Gesetz gegen Feindeslisten. Anfang Februar | |
hatte die Ministerin [2][einen ersten Entwurf für einen neuen Paragraph | |
126a im Strafgesetzbuch vorgelegt]. | |
Danach soll das „gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten“ mit | |
Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden. | |
Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, dass die Art und Weise des | |
Verbreitens „geeignet ist“, die Betroffenen der Gefahr einer schweren | |
Straftat auszusetzen. | |
Der urprüngliche Gesetzentwurf wurde aber schnell als zu weitgehend | |
kritisiert. Schließlich ist keine böse Absicht erforderlich, dass die | |
Verbreitung von Namen Gefahren auslöst. Die bloße Eignung dazu genügt. Die | |
Organisation „Reporter ohne Grenzen“ warnte deshalb, dass sich der | |
Gesetzentwurf auch gegen journalistische Berichterstattung wenden könnte. | |
Ebenso argumentierte Sebastian Golla, Juniorprofessor für Strafrecht an der | |
Uni Bochum: „Führt etwa ein Dortmunder Lokaljournalist, der über das neue | |
Luxusauto eines Schalker Profis berichtet, durch die Verbreitung | |
personenbezogener Daten die Gefahr einer Sachbeschädigung herbei?“ Der | |
Rechtswissenschaftler warnte davor, dass Journalisten sich eingeschüchtert | |
fühlen könnten und künftig lieber keine Namen mehr nennen könnten. | |
Die beiden Linke-Abgeordneten Martina Renner (Bundestag) und Katharina | |
König-Preuß (Thüringer Landtag) befürchteten zudem, dass sich das Gesetz | |
auch gegen „antifaschistische Recherchearbeit“ richten könnte. | |
Diese drohenden Probleme scheinen mit der überarbeiteten Fassung des | |
Gesetzentwurfes abgewendet. | |
14 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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