# taz.de -- Gesetz gegen Feindeslisten: Es kann auch die Falschen treffen | |
> Das Beispiel Feindeslisten macht deutlich, wie schwierig Gesetzgebung | |
> ist, die auf Rechtsextremisten abzielt. Auch Linke können so verfolgt | |
> werden. | |
Bild: Christine Lambrecht | |
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat schnell reagiert und die | |
geplante [1][Strafnorm gegen sogenannte Feindeslisten entschärft]. | |
Journalistische Berichterstattung und zivilgesellschaftliche Aufklärung | |
sollen nun doch nicht zu Strafverfolgung führen – auch wenn in | |
anprangernder Form konkrete Namen genannt werden. | |
Diese Klarstellung ist erfreulich und sollte selbstverständlich sein. Man | |
fragt sich, warum das Ministerium nicht gleich an eine derartige Klausel | |
gedacht hat. Allerdings kann die neue Strafnorm, die eigentlich gegen | |
Rechtsextremisten gedacht war, noch immer auch gegen die Antifa eingesetzt | |
werden. Das liegt zum einen an Teilen der Antifa, die es mehr oder weniger | |
offen billigen, wenn Gewalt gegen Nazis eingesetzt wird. In einem solchen | |
Umfeld kann das Outing von Nazis leicht als verkappte Aufforderung zur | |
Gewaltanwendung interpretiert werden. | |
Doch auch die [2][Konstruktion der neuen Strafnorm bleibt problematisch], | |
weil sie gar nicht auf die Absichten der Handelnden abstellt. Vielmehr soll | |
es genügen, wenn die Weitergabe von Namen „geeignet ist“, dass die | |
Betroffenen der Gefahr von schweren Straftaten ausgesetzt werden. Die | |
Absenkung der Strafbarkeitsschwelle soll Beweisschwierigkeiten vermeiden. | |
Das kann aber auch Folgen für die praktische Arbeit der Antifa haben. Wenn | |
sie etwa einen Nazi-Kader outet, um ihn in der Nachbarschaft, im | |
Sportverein und am Arbeitsplatz unmöglich zu machen, dann kann dies bereits | |
strafbar sein. Es genügt, dass die Justiz dies für „geeignet hält“, auch… | |
Gewaltattacken anzustacheln. Es kann dann auf Details in der Wortwahl | |
ankommen und auf das Fingerspitzengefühl von Staatsanwaltschaft und | |
Gerichten. | |
Das Beispiel Feindeslisten macht deutlich, [3][wie gefährlich es ist, bei | |
Gesetzen, die auf Rechtsextremisten zielen, die Schwellen der Strafbarkeit | |
so niedrig anzusetzen], dass auch gewaltfreie Linke damit verfolgt werden | |
können. Wer Nazis auch bei Beweisschwierigkeiten verfolgen will, produziert | |
schnell kriminalpolitische Kollateralschäden. | |
15 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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