# taz.de -- Teilabriss der Schilleroper beschlossen: Abriss auf Raten | |
> Eine Fassade des historischen Zirkusbaus in Hamburg droht einzustürzen. | |
> Der Bezirk erlaubt nun einen Teilabriss. Das dürfte die Eigentümerin | |
> freuen. | |
Bild: Ein erster Teil von ihr muss abgerissen werden: die Schiller-Oper | |
HAMBURG taz | Dass von der Stadt gesetzte Fristen die Eigentümerin der | |
Schilleroper auf St. Pauli kaum beeindrucken, ist mittlerweile immer | |
weniger verwunderlich. Und so überrascht es kaum, dass sie auch diesmal | |
nicht reagierte: Der Bezirk Mitte hatte die Eigentümerin verpflichtet, | |
[1][bis zum Montag dieser Woche die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion zu | |
sichern und zu stabilisieren.] Doch passiert ist nichts. Nun jedoch | |
entschied der Bezirk: Ein Teil der Schilleroper wird abgerissen. | |
Das könnte auch das Ende des Gebäudes bedeuten, befürchtet die | |
Schilleroper-Initiative, die sich für den Erhalt des teilweise | |
denkmalgeschützten Baus einsetzt. | |
„Da bei den durch den Bezirk festgestellten Schäden an den nicht | |
denkmalgeschützten Anbauten der Schilleroper Gefahr im Verzug ist, müssen | |
diese teilweise zeitnah abgerissen werden“, sagt Sorina Weiland, Sprecherin | |
des Bezirks Mitte, der taz. | |
Erst vor wenigen Wochen war das Absacken einer Fassade entdeckt worden. Die | |
Folge: dicke Risse im Gemäuer, das sich immer weiter nach vorn neigt und | |
Vorbeigehende oder -fahrende unter sich zu begraben droht. Seit Anfang März | |
behindern Absperrgitter den Fußweg entlang des Gebäudes und die angrenzende | |
Straße ist gesperrt. | |
## Eigentümerin will alles abreißen | |
Während beim Betrachten des Gebäudes gut sichtbar ist, dass seit dem | |
Aufstellen der Zäune keine weiteren Tätigkeiten vorgenommen wurden, hieß es | |
auf Nachfrage beim Bezirk zuvor etwas kryptisch, das Ultimatum sei | |
veraltet, weil mittlerweile neue Gespräche zu neuen Sicherungen des | |
Gebäudes liefen. „Es passiert etwas“, sagte eine Sprecherin. Was genau, war | |
bis Donnerstagnachmittag noch nicht zu erfahren. | |
Nun also die Entscheidung: Der nicht denkmalgeschützte Teil darf abgerissen | |
werden. Diese Maßnahme erfolge nun in enger Abstimmung zwischen Bezirk, | |
Denkmalschutzamt und der Eigentümerin. „Parallel zu dieser Notmaßnahme sind | |
Bezirk und Denkmalschutzamt weiter im engen Austausch zur Sicherung der | |
denkmalgeschützten Stahlkonstruktion“, sagt der Bezirkssprecherin Weiland. | |
Dass dieser Teil des Gebäudes auch nach dem Abriss der anderen Anbauten | |
erhalten bleibt, hält die Schilleroper-Initiative seit Längerem für | |
abwegig. Bekannt ist, dass die Eigentümerin das denkmalgeschützte Gebäude | |
nicht erhalten will. Allerdings entschied schon 2013 das Hamburgische | |
Oberverwaltungsgericht, dass der deutschlandweit einzigartige | |
Stahlskelettbau [2][nicht abgerissen werden darf.] Es handelt sich um den | |
wahrscheinlich letzten noch erhaltenen festen Zirkusbau aus dem 19. | |
Jahrhundert. | |
Die Schilleroper-Initiative hatte erst Anfang März die Vermutung geäußert, | |
dass die Eigentümerin den Abriss des Denkmals durch einen Trick durchsetzen | |
will. Wie aus der Senatsantwort auf eine Anfrage der linken | |
Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann bekannt wurde, will die | |
Eigentümerin die anliegenden Gebäudeteile im ersten Schritt abreißen. | |
Das aber könnte dafür sorgen, dass die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion | |
einen Abriss der umliegenden Teile wohl nicht überleben werde. „Somit wäre | |
die Eigentümerin durch die Hintertür endlich doch die ganze Schilleroper | |
los und könnte das Filetgrundstück komplett neu bebauen“, beklagte die | |
Initiative. | |
## Die Stadt könnte selbst eingreifen | |
Die Eigentümerin äußert sich öffentlich weiterhin nicht. Die Pläne, mit | |
denen ihre Schilleroper-Objektgesellschaft an die Öffentlichkeit getreten | |
war, [3][sahen drei neue Häuser vor]. Neben einer an die Gestalt des | |
Zirkusbaus angelehnte Rotunde mit Arbeitsstätten und einem Hof als | |
Treffpunkt sollen zwei sieben- und zehngeschossige Wohnhäuser entstehen. | |
Weil das Gebäude ohnehin schon so marode sei, ergebe der Schutz des | |
Denkmals wenig Sinn. | |
Mehrfach hatte die Kulturbehörde in den vergangenen Jahren Ultimaten an die | |
Eigentümerin gestellt, ohne dass es zu nennenswerten Reaktionen kam. Erst | |
im Dezember war eine neuerliche Frist abgelaufen: Die Eigentümerin sollte | |
das Gebäude wenigstens gegen einen weiteren Verfall sichern. So hatte es | |
ein Vergleich vor dem Verwaltungsgericht vorgegeben. | |
Dabei hat die Stadt auf Grundlage des [4][Denkmalschutzgesetzes] eigentlich | |
die Möglichkeit, selbst Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, wenn | |
Eigentümer:innen nicht tätig werden. 2016 war das auch schon einmal | |
[5][bei einer denkmalgeschützten Villa an der Elbchaussee] geschehen. Bei | |
der Schilleroper verweist die Kulturbehörde auf Nachfrage der taz recht | |
mutlos auf hohe rechtliche Voraussetzungen. | |
Sollte die Initiative recht behalten, dass die denkmalgeschützte Rotunde | |
einen Abriss der Nebengebäude nicht überlebt, dürfte die am Absperrzaun auf | |
einem Plakat geäußerte Forderung „No more deadlines“ hinfällig werden. D… | |
Ende der Schilleroper rückt jedenfalls näher. | |
25 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Einmaliges-Zirkusgebaeude-verrottet/!5750934 | |
[2] /Denkmalschutz-versus-Investoreninteresse/!5730430 | |
[3] /Streit-um-Denkmalschutz-in-Hamburg/!5689839 | |
[4] http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoc… | |
[5] https://www.focus.de/immobilien/wohnen/denkmalschutz-stadt-hamburg-saniert-… | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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