# taz.de -- Denkmalschutz versus Investoreninteresse: Frist für die Schillerop… | |
> Bis Monatsende müsste die Eigentümerin den Bauantrag für die Sicherung | |
> des ehemaligen Zirkusbaus einreichen. Doch danach sieht es nicht aus. | |
Bild: Bröckelt vor sich hin: Als die letzte Frist für die Schilleroper verein… | |
HAMBURG taz | Ende Dezember läuft eine letzte Frist für die Sicherung der | |
Schilleroper ab. Weil die Eigentümerin mauert und trotz eines | |
[1][Vergleichs] mit der Stadt noch keinen Bauantrag dafür eingereicht hat, | |
steht dem ohnehin schon stark angegriffenen ehemaligen Zirkusbau ein | |
weiterer herausfordernder Winter bevor. Zwar hat die Stadt inzwischen | |
selbst entsprechende Vorbereitungen getroffen, vor dem Frühjahr wird die | |
Arbeit aber wohl kaum beginnen können. | |
Die Geschichte der Schilleroper ist die Geschichte einer Obstruktion. 2013 | |
entschied das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, dass der deutschlandweit | |
einzigartige Stahlskelettbau nicht abgerissen werden darf. Es handelt sich | |
um den wahrscheinlich letzten noch erhaltenen festen Zirkusbau aus dem 19. | |
Jahrhundert. | |
Spätestens seit der Gerichtsentscheidung sind die Eigentümer aufgefordert, | |
das Gebäude zu sanieren. Stattdessen deckten sie es notdürftig mit Planen | |
ab und schmiedeten Pläne für Neubauten an diesem attraktiven Standort | |
gleich beim Neuen Pferdemarkt. 2017 versuchte die [2][Schilleroper Objekt | |
GmbH] als Eigentümerin den [3][Denkmalschutz zu kippen], kam damit aber | |
nicht durch – nicht zuletzt, weil sich eine Bürgerinitiative gegen die | |
Pläne wehrte. | |
Mehrfach hatten der Senat und der Bezirk Mitte versucht, die Eigentümerin | |
dazu zu bringen, das Gebäude wenigstens gegen einen weiteren Verfall zu | |
sichern. Das Gezerre endete im Juni mit einem Vergleich vor dem | |
Verwaltungsgericht. Demnach ist „die Sicherung der Konstruktion der | |
Schilleroper durch die Eigentümerin bis zum 31. Dezember 2020 auszuführen“. | |
## Denkmalschutzamt handelt vorsorglich | |
Doch wie eine Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Heike Sudmann (Die | |
Linke) ergab, hat die Eigentümerin bis dato keinen Bauantrag gestellt. Weil | |
der Vergleich eine Verlängerungsklausel enthält, hätte sie sogar noch bis | |
zum 31. Dezember Zeit, auch nur den Antrag einzureichen und selbst im | |
Frühjahr zu sanieren. | |
Liest man die Senatsantwort an Sudmann, sieht es jedoch nicht danach aus: | |
Das Denkmalschutzamt habe ebenso wie das Bezirksamt im Sommer und Herbst | |
mehrfach mit der Eigentümerin oder deren Bevollmächtigten gesprochen. „Es | |
gab jeweils keine Vereinbarungen oder konkreten Ergebnisse“, stellt der | |
Senat fest. Dafür sei das Denkmalschutzamt am Rande eines Gesprächs Mitte | |
November darüber informiert worden, dass es nicht näher spezifizierte „neue | |
Pläne“ gebe. | |
Das Denkmalschutzamt will sich nicht auf den Investor verlassen und hat im | |
Oktober beim Bezirksamt eine Bauantragsplanung eingereicht. Die | |
Ausführungsplanung sei in Auftrag gegeben worden. Die Bauvorlagen werden | |
von einem Ingenieurbüro geprüft. „Derzeit ist noch offen, bis wann die | |
Genehmigung erteilt werden kann“, teilt der Senat mit. | |
Sollte die Stadt selbst die Schilleroper vor dem Verfall bewahren, würde | |
sie der Eigentümerin die Rechnung dafür schicken, sagt Enno Isermann, der | |
Sprecher der Kulturbehörde. Dazu kämen 50.000 Euro Strafe für die versäumte | |
Frist. | |
## Drei neue Häuser geplant | |
Nachdem schon so viel Zeit ins Land gegangen ist und deren Zahn an der | |
Schilleroper nagen konnte, will auch die [4][Schilleroper-Initiative] | |
lieber nochmal Druck machen. Seit dem 3. Dezember hält sie jeden Donnerstag | |
ab 18 Uhr eine Mahnwache vor dem Gebäude ab. Sie befürchte, dass die | |
Eigentümerin eine weitere juristische Karte aus der Tasche ziehen könnte, | |
sagt Christine Arisoy-Freitas, die Sprecherin der Initiative. | |
Bis jetzt sei das Wetter ja mild gewesen, sagt sie. „Aber es ist ja auch | |
noch gar nicht richtig Winter.“ Wegen des löchrigen Gebäudedachs sei | |
Handeln dringend geboten. „Es ist ein Trauerspiel.“ | |
Dem Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) wirft sie vor, nicht wie | |
versprochen zu informieren. „Wir müssen immer wieder Fragen stellen“, klagt | |
Arisoy-Freitas, die aber auch einräumt, dass Corona öffentliche | |
Informationsabende unmöglich mache. | |
Die [5][Pläne], mit denen die Schilleroper-Objektgesellschaft an die | |
Öffentlichkeit getreten ist, sehen drei neue Häuser vor: eine an die | |
Gestalt des Zirkusbaus angelehnte Rotunde mit Arbeitsstätten und einem Hof | |
als Treffpunkt sowie zwei sieben- und zehngeschossige Wohnhäuser. Sie | |
beruft sich dabei auf ein Gutachten der Stadtentwicklungsbehörde, nach dem | |
der Zirkusrundbau so marode ist, dass viele Teile ersetzt werden müssten. | |
Damit sei der Denkmalschutz witzlos, findet die Eigentümerin. | |
10 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Denkmalschutz-in-Hamburg/!5689839 | |
[2] http://www.schilleroper.com/impressum/ | |
[3] /Denkmalschutz-in-Hamburg/!5429651 | |
[4] https://schilleroper-ini.blogspot.com/ | |
[5] /Investoreninteressen-contra-Denkmalschutz/!5436325 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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