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# taz.de -- Skandalvideo von FPÖler Strache: Ibiza-Filmer wird ausgeliefert
> Der Macher des Ibizavideos saß in Berlin in Auslieferungshaft, nun wird
> er zurück gen Österreich befördert. Dort droht ihm lange Haft.
Bild: Von Ibiza über Berlin zurück nach Österreich: Privatdetektiv Julian H.…
Berlin taz | Julian H. lockte den früheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
in eine Videofalle auf einer Finca in Ibiza, zuletzt saß er in
Auslieferungshaft in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit. Am Dienstag
nun wurde der Wiener Privatdetektiv zurück Richtung Österreich gebracht.
Sein Anwalt Johannes Eisenberg sagte der taz, Julian H. sei am Morgen mit
einem Gefangenentransporter zunächst gen Passau gefahren worden.
Die zuständige Berliner Generalstaatsanwaltschaft wollte dies vorerst nicht
bestätigen. Ein Sprecher sagte der taz aber, einer Auslieferung stehe
nichts mehr im Wege. Zuvor hatte am Montagabend das
Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag von Julian H. zurückgewiesen.
Dieser wollte eine einstweilige Anordnung gegen die Auslieferung erreichen.
Die Richter lehnten das ab: H. habe „nicht substantiiert dargelegt, dass er
in der Republik Österreich politisch verfolgt wird und ihn dort kein faires
Verfahren erwartet“.
Julian H. hatte Strache mit einer vermeintlichen russischen
Oligarchennichte im Juli 2017 in die Finca auf Ibiza gelockt. Vor
versteckten Kameras hatte der FPÖ-Politiker im Fall von Wahlkampfhilfen
Staatsaufträge in Aussicht gestellt und über verdeckte Großspenden
geplaudert. Ausschnitte des Videos wurden schließlich im Mai 2019 im
Spiegel und der SZ veröffentlicht und ließen die Regierung aus ÖVP und FPÖ
platzen. Die Geschehnisse wurden [1][als Ibiza-Affäre bekannt].
## Die Vorwürfe: Erpressung und Drogenhandel
Julian H. war danach nach Berlin abgetaucht. Seine Anwälte aber hielten mit
den Behörden Kontakt. Trotzdem wurde der 40-Jährige im Dezember in Berlin
wegen des Auslieferungshaftbefehls festgenommen.
Die österreichische Justiz wirft Julian H. nun eine Erpressung Straches und
den Verkauf von insgesamt 2,5 Kilogramm Kokain an verschiedene Personen
vor. Der 40-Jährige [2][bestritt beide Vorwürfe in einem taz-Interview
vehement]. Die Drogenvorwürfe kämen von zwei früheren Mitarbeitern und
seien „völlig widersprüchlich“. Auch würden sie von den vermeintlichen
Empfängern bestritten.
Der Erpressungsvorwurf sei „noch absurder“. Auch hier gehe es um einen der
Ex-Mitarbeiter, der Strache das Ibiza-Video gegen Geld angeboten habe –
dies aber ohne sein Wissen, er sei auch dagegen gewesen.
Julian H. wirft den österreichischen Ermittlern vielmehr vor, die Vorwürfe
zu nutzen, um Verfolgungsmaßnahmen gegen ihn zu ermöglichen und „mich doch
noch für das Ibiza-Video dranzukriegen“. Die deutsche Justiz lasse sich
dafür instrumentalisieren und habe die Vorwürfe gegen ihn gar nicht auf
Stichhaltigkeit überprüft.
## Parallelen zum Fall Assange?
Das Berliner Kammergericht und die Berliner Generalstaatsanwaltschaft
hatten die Auslieferung von Julian H. für zulässig erklärt: Eine Verfolgung
für die Videoanfertigung sei unzulässig, nicht aber die Klärung der
Erpressungs- und Drogenvorwürfe in Österreich.
Zuvor hatte auch der Oberste Gerichtshof Österreichs die
Videoveröffentlichung für gerechtfertigt erklärt, da sie einen
„außergewöhnlich großen Beitrag zu einer Debatte von öffentlichem
Interesse“ darstelle.
Anwalt Eisenberg, der auch die taz presserechtlich vertritt, kritisierte
das Vorgehen gegen seinen Mandanten. „Der Fall zeigt, dass die
Sonntagsreden von der Durchsetzung des Grundrechtsschutzes der
Beschuldigten bei der europäischen Strafrechtszusammenarbeit schlecht
gelogen sind. Jeder, der in die Mühlen europäischer Strafverfolgung gerät,
ist im ersuchten Staat praktisch rechtsschutzlos.“ Dies habe sich bereits
im Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange und dessen schwedischem
Haftbefehl gezeigt, nun zeige es sich erneut.
Ein Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft betonte dagegen, man
halte sich auch in diesem Fall an Recht und Gesetz. Ein Sprecher von
Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte zuletzt betont, es gehe um
unabhängige richterliche Entscheidungen. Zudem sei Österreich eine
funktionierende Demokratie, kein Unrechtsstaat.
## Auch Ermittlungen gegen Strache laufen weiter
Trifft Julian H. dort ein, muss ein Gericht über einen Haftbefehl für ihn
entscheiden. Wie es dann weitergeht, dazu wollte die Wiener
Staatsanwaltschaft nichts sagen. Das Ermittlungsverfahren sei nicht
öffentlich, sagte eine Sprecherin. Allein für die Drogenvorwürfe drohen H.
jedoch mehrere Jahre Haft.
Auch gegen Strache wird noch ermittelt. Nachgegangen wird dem Verdacht
illegaler Parteispenden. Ermittlungen laufen zudem gegen einen Wiener
Anwalt, der mit Julian H. die Idee zu dem Ibiza-Video hatte. Beide wollten
laut H. Strache der Korruption überführen, nachdem ihnen dessen früherer
Bodyguard Hinweise dazu gegeben hatte.
Julian H. hatte in Deutschland zuletzt noch eine Verfassungsbeschwerde vor
dem Bundesverfassungsgericht eingelegt und einen Asylantrag gestellt. Über
beides wird nun aber erst nach der Auslieferung entschieden. Julian H.
sagte der taz, er erwarte eine lange Untersuchungshaft in Österreich und
kein faires Verfahren. „Ehrlich gesagt, rechne ich inzwischen mit dem
Schlimmsten. Die Frage ist nur, wie schlimm das Schlimmste wird.“
9 Mar 2021
## LINKS
[1] /Ibiza-Affaere-als-Serie/!5733926
[2] /Interview-mit-Ibiza-Video-Macher/!5752440
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Ibiza-Affäre
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