# taz.de -- Ibiza-Affäre in Österreich: Die nackte Oligarchin | |
> Das „Ibiza-Video“ löste vor zwei Jahren in Österreich einen Skandal aus. | |
> Nun zeigt ein Medium neue Bilder, die die Beschuldigten reinwaschen | |
> sollen. | |
Bild: Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und die „Oligarchin“ | |
WIEN taz | „Die Ibiza-Bombe: 2 Jahre nach der Mini-Veröffentlichung sind | |
jetzt alle Szenen des Ibiza-Videos bei uns zu sehen.“ Mit diesen Worten | |
kündigt Richard Schmitt den vermeintlichen Scoop an. Schmitt war einst | |
Onlinechef von der österreichischen Boulevardzeitung Krone, dem Ex-FPÖ-Chef | |
Heinz-Christian Strache galt er als hervorragender Journalist. Seit Kurzem | |
leitet Schmitt das Onlinemedium [1][Exxpress], das vor wenigen Tagen | |
startete und gleich für Schlagzeilen sorgt. Exxpress veröffentlicht „die | |
bisher geheimen Szenen“ des Ibiza-Videos, das vor zwei Jahren den damaligen | |
österreichischen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu Fall | |
brachte. | |
Am 17. Mai 2019 veröffentlichten Der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung | |
zeitgleich etwa fünf Minuten aus dem Video, das [2][im Sommer 2017 heimlich | |
auf Ibiza aufgenommen wurde]. Der Zusammenschnitt zeigte jene Szenen, die | |
die Journalisten für politisch relevant hielten. Strache wirbt da – | |
gedolmetscht von seinem FPÖ-Kollegen Johann Gudenus – bei einer als | |
Oligarchennichte auftretenden Schauspielerin um Spenden über parteinahe | |
Institute, die am Rechnungshof vorbeigeschleust werden sollen. | |
Er empfiehlt den Kauf des auflagenstarken Boulevardblatts Kronen Zeitung, | |
wo man „zackzackzack“ unbequeme Mitarbeiter ersetzen würde. Und er denkt | |
laut über die Teilprivatisierung des Trinkwassers nach. Er wünscht sich | |
„eine Medienlandschaft wie beim Orbán“ in Ungarn, bezeichnet Journalisten | |
als „die größten Huren“ und spricht den folgenschweren Satz: „Novomatic | |
zahlt alle.“ Die möglichen Zuwendungen des privaten Glücksspielkonzerns an | |
politische Parteien und allfällige Gegenleistungen sind seit Monaten | |
Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der ein | |
politisches Sittenbild freilegt, in dem die ehemaligen Koalitionspartner | |
ÖVP und FPÖ nicht gut wegkommen. Das Ibiza-Video selbst spielt dabei nur | |
eine Nebenrolle. | |
Es enthält mehr als sieben Stunden Aufzeichnungen von Gesprächen auf der | |
Terrasse und in einer Villa, die eigens für die verdeckte Operation | |
angemietet wurde. Die kompletten Aufnahmen wurden jetzt dem Gratisblatt | |
[3][Österreich ] und dem neuen Onlinemedium Exxpress zugespielt. Im | |
Privatkanal oe24.tv, der wie Österreich dem Medienmogul Wolfgang Fellner | |
gehört, wurde das Video häppchenweise rauf und runter gespielt, samt | |
Bildern der „Oligarchin“, wie sie nackt aus der Dusche kommt. Jede Szene | |
wurde mit Journalisten und „Experten“ analysiert. Auch der Ex-FPÖ-Chef | |
Heinz-Christian Strache selbst durfte mitreden und sah sich rehabilitiert, | |
weil er einmal zu hören ist, wie er klarstellt: „Antisemitismus geht gar | |
nicht.“ Als ob das das Thema gewesen wäre. | |
## „Falter“ reagiert angewidert | |
Die Wiener Wochenzeitung Falter hatte im Mai 2019 als erstes | |
österreichisches Medium den Videoausschnitt von Spiegel und SZ | |
veröffentlicht. Der Chefredakteur des Falter, Florian Klenk, zeigt sich nun | |
angewidert über die Veröffentlichungen von Exxpress. [4][Er twitterte]: | |
„Fotos der nackerten Oligarchin. Der Bauch des Detektivs. Dazu eine | |
‚exklusive‘ Einordnung von Strache. Die Ibiza-Macher wussten, wieso sie ihr | |
Material den Kollegen von Süddeutscher Zeitung und Spiegel geben. | |
Österreichs Boulevard ist noch tiefer, als ich dachte.“ | |
Klenk selbst wird vom [5][ÖVP-Blog Zur Sache beschuldigt], das Video | |
manipuliert zu haben. Da wird behauptet, Klenk habe dafür gesorgt, dass ein | |
Ausschnitt, wo Porsche als möglicher Parteispender genannt wird, nicht | |
veröffentlicht werde, angeblich aus finanziellem Interesse des Falter. Der | |
Bruder des Geschäftsführers Hans Michel Piëch hält nämlich 12,51 Prozent | |
der Falter-Anteile. Klenk wird als „verantwortlicher Mit-Aufdecker“ | |
dargestellt: „Intervenierte er, damit der Name,Porsche' im Mai 2019 nicht | |
genannt wurde?“, fragt der ÖVP-Blog, ohne die Fakten überprüft zu haben. | |
Denn Klenk hatte weder Einfluss auf den Zusammenschnitt des Videos, noch, | |
so versichert er, habe Porsche jemals Einfluss auf redaktionelle | |
Entscheidungen genommen. | |
Der Exxpress-Chef Richard Schmitt dürfte ein persönliches Interesse daran | |
haben, das Ibiza-Video kleinzureden. Er flog nach dem Skandal 2019 als | |
Blattmacher der Kronen Zeitung hinaus, weil jeder wusste, dass Leute seines | |
Schlages gemeint waren, als Heinz-Christian Strache sagte: „Manche Leute | |
muss man pushen“, andere hingegen „abservieren“. Exxpress lässt Strache | |
nach Ansicht des kompletten Videos urteilen, es sei „peinlich“. Allerdings: | |
„Die Schlagzeile hätte trotz allem im Mai 2019 lauten sollen:,Video-Beleg: | |
Strache ist nicht korrupt.‘“ | |
Laut Schmitt ist sein neues Medium Exxpress „Mitte-bürgerlich, weder links | |
noch rechts“ und eines, dem Österreich am Herzen liege: „Wir denken | |
unternehmerfreundlich.“ Sieht man sich sein Team an, so wittert man den | |
Stallgeruch aus dem Umfeld von FPÖ und ÖVP. Aus ebendiesem kommen auch die | |
Finanziers: neureiche Kurz-Fans, die über eine Stiftung in Liechtenstein | |
ein Jahresbudget von 1,7 Millionen Euro garantieren. | |
12 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://exxpress.at/) | |
[2] /Interview-mit-Ibiza-Video-Macher/!5752440 | |
[3] https://www.oe24.at/ | |
[4] https://twitter.com/florianklenk/status/1379791098067963910?s=20 | |
[5] https://zur-sache.at/die-woche/das-kartenhaus-der-opposition-bricht-zusamme… | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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