# taz.de -- Inserate-Affäre in Österreich: „eXXpress“ gegen Klenk | |
> Ein kleines Boulevardmedium in Österreich raunt Verschwörung gegen den | |
> „Falter“-Chefredakteur. Dahinter stecken Kurz-nahe Medienleute. | |
Bild: Juni 2020: Klenk gibt Auskunft im Ibiza-Untersuchungsausschuss | |
WIEN taz | Das noch sehr neue österreichische Boulevard-Medium eXXpress | |
versucht sich derzeit an einem Meisterstück von Rufmord und politischer | |
Intrige. Das Onlinemagazin möchte offenbar gleichzeitig die | |
Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und den Aufdeckerjournalisten Florian | |
Klenk in Misskredit bringen. Hintergrund ist, dass die WKStA in mehreren | |
Strafsachen gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz ermittelt. In dessen | |
[1][Inserate-Affäre] bekam der Journalist Klenk wiederholt Akten | |
zugespielt, die Kurz und ÖVP belasteten. | |
So auch die „Beinschab-Akte“, ein rund 500 Seiten starkes Dokument über | |
Sabine Beinschab, jene Meinungsforscherin, die für die ÖVP Umfragen | |
manipuliert haben soll – und offenbar als Kronzeugin „auspacken“ will. Mit | |
Bitte um dieses Dokument kontaktierte den Chefredakteur Klenk nun kürzlich | |
[2][der als „Plagiatsjäger“ bekannte Stefan Weber]. Klenk schickte es ihm | |
in der Annahme zu, dass Weber die Beinschab-Papiere auf | |
Wissenschaftlichkeit prüfen wolle. Klenk aber wurde misstrauisch, als sich | |
Weber wenige Tage später wieder meldete, diesmal mit Fragen zu einer | |
Wirtschaftsexpertin namens Sarah Sophie B., die für die Staatsanwaltschaft | |
arbeitet und die brisante Beinschab-Tangente entdeckt hat. | |
Schließlich tischte der eXXpress eine Geschichte auf, die nahelegte, es | |
könne doch kein Zufall sein, dass der ermittelnde Korruptionsstaatsanwalt, | |
die Beamtin Sarah B. und der Journalist Florian Klenk alle in derselben | |
kleinen Gemeinde in Niederösterreich lebten, keine 1.500 Meter voneinander | |
entfernt. Staatsanwalt und Beamtin seien außerdem miteinander liiert. | |
eXXpress-Autor Schmitt stellte also in den Raum, dass da vertrauliche | |
Dokumente über den Gartenzaun ausgetauscht worden seien, mit dem Ziel, | |
Sebastian Kurz und seine Clique anzuschwärzen. | |
Dass Klenk die Akte nicht von einem Anwalt, sondern von der WKStA selbst | |
gesteckt bekommen habe, will Schmitt an einer handschriftlich vermerkten | |
Ordnungszahl belegen, die auf dem Scan zu erkennen ist. Klenk weist den | |
Vorwurf gegenüber der taz von sich: „Die Ordnungsnummer 1683 ist vom | |
Richter. Die Kopie ist der Beweis, dass das nicht von der WKStA kommt.“ | |
Jeder wisse, dass die Anwälte von Beschuldigten meist die Quellen solcher | |
Leaks seien. | |
## „eXXpress“ versteht sich als „konservatives Gegengewicht“ | |
eXXpress-Autor Richard Schmitt hatte einst als Chefredakteur des | |
auflagenstarken Boulevardblatts [3][Kronen Zeitung] große Nähe zu FPÖ-Chef | |
Heinz-Christian Strache. Schmitt war gemeint, als Strache im berüchtigten | |
[4][Ibiza-Video] meinte, man müsse in der Krone manche Journalisten pushen, | |
damit genehm berichtet werde. Als das aufflog, wurde Schmitt gefeuert und | |
ging zunächst zu [5][Wolfgang Fellners] Revolverblatt Österreich, das nun | |
im Verdacht steht, in die Korruptionsaffäre der ÖVP verwickelt zu sein. Im | |
März gründete er eXXpress, dessen Chefredakteur er seither ist. | |
Finanziert wird das Medium von Eva Hieblinger-Schütz, ehemalige | |
Stellvertreterin von [6][Thomas Schmid], dem Hauptbeschuldigten der | |
ÖVP-Inseraten-Affäre und ehemaligen Generalsekretär im Finanzressort. Der | |
Ehemann der eXXpress-Eignerin ist Milliardär Alexander Schütz, der als | |
Großspender für Sebastian Kurz in Erscheinung getreten ist. Eva | |
Hieblinger-Schütz sagt, man wolle dem linken Mainstream in den Medien eine | |
konservative Stimme entgegenstellen. In der Praxis dürfte man sich eher an | |
Fake-News-Plattformen orientieren. Chefredakteur Schmitt wurde im September | |
rechtskräftig wegen übler Nachrede und Kreditschädigung verurteilt, weil er | |
einen Anwalt tatsachenwidrig bezichtigt hatte, in die Herstellung und | |
Verbreitung des Ibiza-Videos verwickelt zu sein. Seit Jahren bemüht sich | |
Schmitt, die Macher des Videos zu kriminalisieren. | |
Plagiatsjäger Stefan Weber hat sich inzwischen öffentlich bei Klenk | |
entschuldigt. Schmitt derweil fährt seine Kampagne weiter. | |
7 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ruecktritt-von-Kanzler-Kurz/!5804258 | |
[2] /Plagiatsjaeger-zu-Vorwurf-gegen-Gruene/!5783688 | |
[3] /Oesi-Bild-hat-Geburtstag/!5584809 | |
[4] /Interview-mit-Ibiza-Video-Macher/!5752440 | |
[5] /Verfahren-gegen-Wolfgang-Fellner/!5769007 | |
[6] https://www.derstandard.de/story/2000130446911/burgschauspieler-tragen-aus-… | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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