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# taz.de -- Schulen und die dritte Coronawelle: Wer zieht die Notbremse?
> In NRW bleiben die Schulen gegen ihren Willen offen. In Berlin geht der
> Senat auf Nummer sicher. Thüringen verzichtet auf eine Notbremse.
Bild: Freiwillige Coronaschnelltests am Ehrenfried-Walther-von-Tschirnhaus-Gymn…
Berlin taz | Zwischen Berlin und Düsseldorf liegen 478 Kilometer Luftlinie
– und Welten, was den Umgang mit der dritten Coronawelle angeht. Der
Berliner Senat hat am Dienstagnachmittag entschieden, aufgrund der
sprunghaft angestiegenen Infektionszahlen „weitere Lockerungen des
öffentlichen Lebens auszusetzen“. Konkret heißt das vor allem: Ein Teil der
geplanten Schulöffnungen wird bis nach den Osterferien ausgesetzt.
„Ich weiß, dass gerade diese Jahrgänge es derzeit besonders schwer haben“,
sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) mit Blick auf die betroffenen
Jahrgangsstufen 7 bis 9. Sicherheit gehe aber vor. Es ist das zweite Mal,
dass Berlin die Schulöffnung aus Vorsicht beziehungsweise nach Protesten
aus den Schulen verschiebt.
Ganz anders hält das die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW. Anträge
mehrerer Städte, den Präsenzunterricht in Schulen aufgrund der
explodierenden Coronazahlen bis zu den Osterferien auszusetzen, hat
Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) allesamt abgelehnt.
Für Dortmund begründete er das am Dienstag damit, dass die 7-Tage-Inzidenz
in der Ruhrgebietsstadt „nur“ bei 72 liege und insofern die Schließungen
nicht zu rechtfertigen seien. Erst bei einer Inzidenz von über 100
Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen binnen einer Woche werde
eine Verschärfung der Maßnahmen geprüft.
## „Vollkommen unverständlich“
Doch das scheint geflunkert. Denn auch die Stadt Duisburg darf ihre Schulen
nicht schließen – obwohl hier die Inzidenz aktuell bei 122 liegt. Es sei
ihm „vollkommen unverständlich“, dass das Land der Rückkehr zum
Distanzunterricht einen Riegel vorschiebe, sagte Duisburgs
Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Vergangene Woche wollte bereits der
Landkreis Düren bei einer Inzidenz von über 120 die Schulen dichtmachen –
auch in diesem Fall kam ein Veto aus Düsseldorf.
Nach welchen Regeln derzeit Schulen in der Republik öffnen oder schließen,
ist kaum mehr zu überblicken. Nicht nur, weil jedes Bundesland einen
eigenen Öffnungsplan verfolgt, sondern auch, weil es keine einheitlichen
Schließungspläne gibt. So haben manche Bildungsminister:innen
Regelungen getroffen, um Schulen auch bei hohen Inzidenzwerten offen zu
halten.
Das rot-rot-grüne Thüringen beispielsweise hat die Schulnotbremse sogar
ganz abgeschafft. Seit dieser Woche darf dort selbst bei Inzidenzen über
200 Präsenzunterricht stattfinden. In anderen Ländern lassen die
Coronaschutzverordnungen in bestimmten Fällen Ausnahmen zu.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) verteidigte am Mittwoch den
flexiblen Umgang mit Schulschließungen: „Wenn ich in der Lage bin, mein
Maßnahmenbündel nochmal nachzuschärfen und damit die Situation an den
Schulen sicher zu halten, kann man das, glaube ich, vor Ort vertreten“, so
Karliczek.
## Dortmunds OB: „Kinder sind das größte Ansteckungsrisiko“
Geht es nach den Bildungsminister:innen, sollen noch im März wieder
alle Schüler:innen an die Schulen kommen. Damit das gelingt, sollten sie
regelmäßige Schnelltests machen. Auf mindestens einen Test pro Woche hatten
sich Bund und Länder bei dem letzten Öffnungsgipfel geeinigt. Doch längst
nicht überall stehen schon ausreichend Tests bereit.
Beispiel NRW: Seit Montag sind dort die Schulen wieder für alle
Jahrgangsstufen geöffnet – von den Schnelltests war jedoch nichts zu sehen.
Am Montagmittag kündigte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) in einer Mail
an die Schulen an, die Tests würden am Dienstag verschickt. Bis zum Start
der Osterferien am 29. März werde aber nur ein Test pro Schüler:in zur
Verfügung stehen.
Nach Angaben des Schulministeriums hat das Land bisher 1,8 Millionen Tests
beschafft – bei fast 2,5 Millionen Schüler:innen. Manche Kommunen wie
Bergisch Gladbach haben auf eigene Faust Tests für ihre Schulen besorgt.
Eine größere Sorge als die fehlenden Tests stellt für viele Schulen jedoch
die rasante Verbreitung der Virusmutation B 1.1.7 dar, die die
Infektionszahlen auch bei Kindern zuletzt hat stark ansteigen lassen. „Wir
sehen jetzt: Kinder sind das größte Ansteckungsrisiko“, begründete
Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) am Mittwoch seine bislang
vergebliche Bitte, die Schulen schließen zu dürfen. Dass für nur wenige
Tage vor den Osterferien alle Schüler:innen in die Klassenräume
zurückkehrten, sei „gemessen am Risiko nicht vertretbar“.
Deshalb hält Dortmund weiter an dem Plan fest, die Schulen zu schließen.
„Wir werden noch mal einen entsprechenden Antrag stellen“, kündigte
Westphal am Mittwoch an. „Spätestens Montag müssen die Schulen zubleiben.“
Schulministerin Gebauer will sich am Donnerstag zum „laufenden
Schulbetrieb“ äußern.
17 Mar 2021
## AUTOREN
Ralf Pauli
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