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# taz.de -- Offene Schulen trotz steigender Inzidenz: Bremen nimmt’s locker
> Trotz steigender Infektionszahlen beharrt Bremen auf offenen Schulen.
> Zugleich schrumpft der Vorsprung beim Impfen gegenüber anderen
> Bundesländern.
Bild: Weiß irgendwer die Antwort – auf Impfen, Schule und den ganzen Rest?
Bremen taz | Wie überall [1][steigen die Infektionszahlen] auch in Bremen.
Doch der Senat will nicht schon jetzt vorausschauend reagieren, [2][sondern
erst, wenn sie drei Tage hintereinander bei einem Wert von täglich 100
Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern liegen], so wie jetzt in Bremerhaven.
Das sagte Annette Kemp, Sprecherin von Bildungssenatorin Claudia Bogedan
(SPD) auf Nachfrage der taz.
In der Stadt Bremen liegt diese sogenannte 7-Tage-Inzidenz bei 75,2,
Tendenz steigend. Wegen dieses Wertes hatte etwa [3][der Oberbürgermeister
von Dortmund angekündigt], die Schulen am Mittwoch nicht wieder zu öffnen.
Dabei sind die Regelungen für Schulen in Nordrhein-Westfalen wie in vielen
anderen Bundesländern bereits jetzt strenger als in Bremen: So werden dort
nur halbe Klassen unterrichtet, alle Schüler*innen müssen im Unterricht
Masken tragen. In Bremen gilt beides nur für weiterführende Schulen. In den
Grundschulen sitzen also bis zu 25 Kinder ohne Maske. Anders als
beispielsweise in Berlin besteht Präsenzpflicht.
Würde Bremen auf steigende Infektionsraten reagieren und die Maßnahmen für
Schulen verschärfen, wären diese also noch immer weiter geöffnet als
Schulen in anderen Bundesländern und Landkreisen, teils mit einer
niedrigeren Inzidenz. In Schleswig-Holstein muss die 7-Tage-Inzidenz in
einem Landkreis eine Woche stabil unter 50 liegen, damit die Klassen eins
bis sechs in voller Gruppengröße in die Schule gehen können.
## Panische Kita-Schließungen im Februar
Bogedans Sprecherin Annette Kemp wies darauf hin, dass auch Ausbrüche mit
mehreren Infizierten an Schulen dazu führen könnten, dass die Maßnahmen
verschärft würden. Das würde das Gesundheitsamt verfügen – nicht die
Bildungsbehörde.
Als positives Beispiel aus den vergangenen Wochen nannte sie aber
ausgerechnet die Schließungen von Kindertagesstätten zum 1. Februar,
nachdem vereinzelte Fälle der britischen Virus-Mutation festgestellt worden
waren. Der Senat hatte damals beschlossen, dass die Kitas aus der zweiten
Stufe eines Reaktionssystems in die vierte wechseln, in der nur noch eine
Notbetreuung stattfindet.
Schon drei Wochen später aber – die britische Virusvariante trat nicht mehr
nur vereinzelt auf, sondern begann sich durchzusetzen – wurde diese
offenbar in Panik getroffene Entscheidung wieder aufgehoben. Die
Kindertagesstätten wechselten direkt zurück in die zweite Stufe, die dritte
wurde übersprungen. Die Virusvariante gilt auch als mitverantwortlich für
den schnellen Anstieg der Infektionsraten.
Unterdessen sollen die bereits vereinbarten Impfungen von Beschäftigten in
Grundschule und Kindertagesstätten nach Angaben des Senats weiterlaufen –
trotz des vorläufigen Stopps für den Impfstoff Astrazeneca aufgrund von
schweren Nebenwirkungen, die untersucht werden sollen. Nur neue Termine
würden erst einmal nicht vergeben.
In den letzten Tagen hatte unter anderem Bürgermeister Andreas Bovenschulte
(SPD) wiederholt auf die relativ hohe Impfquote in Bremen hingewiesen.
Mittlerweile führt das Bundesland aber nicht mehr [4][die vom
Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichte Tabelle der Impfquoten] an.
## Mehrheit der Geimpften ist nicht Teil der Risikogruppe
Am Mittwoch hatten 9,2 Prozent der Bremer Bevölkerung die erste von zwei
Impfungen erhalten, im Saarland waren es 9,4 Prozent. Die meisten anderen
Bundesländer liegen knapp – maximal 1,8 Prozentpunkte – dahinter.
Vollständig geimpft sind 3,9 Prozent der Einwohner*innen des
Bundeslands Bremen, auch das ist nicht der Spitzenplatz.
Dazu kommt: In Bremen sind überdurchschnittlich viele Menschen aufgrund
ihres Berufs geimpft und nicht wegen ihres besonders hohen Risikos, schwer
zu erkranken. Etwas mehr als die Hälfte derjenigen, die einmalig geimpft
wurden, gehören einem Beruf der Prioritätsgruppen an wie Pflegepersonal und
Erzieher*innen.
In den meisten anderen Bundesländern überwiegt der Teil, der aufgrund des
Alters oder einer Vorerkrankung geimpft wurde oder weil er oder sie in
einem Pflegeheim lebt. Die Statistik kann verfälschend sein, weil nicht
alle Länder laut RKI alle Indikationen angeben.
## Hausärzt*innen zügig einbeziehen
Um genau diese besonders gefährdeten Menschen sorgt sich der Vorsitzende
des Bremer Hausärzteverbands, Hans Michael Mühlenfeld. Er mag sich dem
Jubel über das Impfzentrum auf der Bürgerweide, in dem 17.000 Menschen am
Tag geimpft werden sollen, wenn genügend Impfstoff vorhanden ist, nicht
anschließen. „Damit kriegt man die Massen – aber nicht die, die es wirklich
dringend brauchen, weil sie schwer krank werden oder sterben könnten.“
Deshalb hoffe er, dass Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke)
ihre Ankündigung von Freitag letzter Woche umsetzt, die Hausärzt*innen
zügig ins Impfen gegen Covid-19 mit einzubeziehen. „Ich hatte gerade eine
85-Jährige in der Praxis, die erst nächste Woche einen Termin im
Impfzentrum hat.“ Aus seiner Sicht zu spät; auch würde er sie lieber in der
Praxis impfen, als sie in die Innenstadt zu schicken. Zudem könnten die
Hausärzt*innen beurteilen, wer aufgrund einer Kombination von Alter und
Vorerkrankungen schnell geimpft werden sollte.
Solange es aber Lieferengpässe beim Impfstoff gibt, wird sich das Impfen
bei Hausärzt*innen ohnehin weiter verzögern.
18 Mar 2021
## LINKS
[1] /Corona-Management-in-den-Laendern/!5759449
[2] https://www.senatspressestelle.bremen.de/detail.php?gsid=bremen146.c.353674…
[3] /Schulen-und-die-dritte-Coronawelle/!5754880
[4] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquot…
## AUTOREN
Eiken Bruhn
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