# taz.de -- Schulen in der Coronakrise: KMK will weg vom Inzidenzwert | |
> Die Kultusminister:innen fordern, sich bei Entscheidungen über | |
> Schulöffnungen nicht mehr nur am Inzidenzwert zu orientieren. | |
Bild: Achtung: Hier ist die Schule auf! | |
Berlin taz | Es war eine schon fast klassische Koinzidenz: Während die | |
Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die brandenburgische | |
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), am Freitag bekräftigte, man sei sich | |
in der KMK einig, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten, ploppte | |
die Nachricht auf, dass [1][Hamburg] wegen steigender Infektionszahlen die | |
Notbremse zieht. Das öffentliche Leben wird wieder eingeschränkt. Die | |
Schulen sollen allerdings vorerst noch offen bleiben. Wie lange ist | |
ungewiss. | |
Deutschlandweit lag die 7-Tage-Inzidenz am Freitag bei 97 Neuinfektionen | |
auf 100.000 Einwohner:innen. Noch am Wochenende dürfte sie [2][über die | |
100er-Marke schnellen]. Die Kultusminister:innen, das wurde nach dem | |
Treffen deutlich, stemmen sich mit aller Kraft gegen die drohenden erneuten | |
Schulschließungen. | |
Man betrachte mit Sorge die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, | |
betonten Ernst und ihre Kollegen aus Hamburg und Hessen, Ties Rabe (SPD) | |
und Alexander Lorz (CDU). Und zwar nicht nur hinsichtlich der Lernstände, | |
sondern auch wegen der negativen Folgen der sozialen Isolation sowie des | |
Wegfalls von Kontakten zu Gleichaltrigen außerhalb der Familien. „Im | |
vergangenen Jahr war in der Hälfte der Schulzeit kein Präsenzunterricht | |
möglich“, so der Hamburger Schulsenator Rabe. Man habe sehr viel Grund zu | |
der Annahme, dass ein großer Teil der Schüler:innen große | |
Schwierigkeiten habe, den Lernstoff zu Hause allein zu bewältigen. | |
Deshalb müssten Schulen „im Vergleich zu anderen Lebensbereichen am | |
längsten geöffnet bleiben“, so der Beschluss der KMK. Diese Position wird | |
wohl spätestens ab nächster Woche, wenn die Inzidenzen bundesweit im | |
dreistelligen Bereich liegen, schwierig zu kommunizieren sein. Die | |
Kultusminister:innen schlagen deshalb vor, „bei Entscheidungen über | |
den Schulbetrieb perspektivisch zu prüfen, das Kriterium der Inzidenz um | |
weitere Kriterien zu ergänzen“. Gemeint sind etwa die Auslastung der | |
Intensivstationen und der Anteil der schweren Verläufe. | |
## Starker Anstieg der Selbsttests erwartet | |
Die Minister:innen begründen ihren Vorstoß auch mit der Ausweitung der | |
Selbsttests. In allen Bundesländern würden nun in großem Stil Selbsttests | |
an den weiterführenden Schulen verteilt. So bekommen etwa [3][in Berlin | |
alle Schüler:innen von Abschlussklassen] seit dieser Woche zwei | |
kostenlose Tests pro Woche ausgeteilt. In Hamburg kämen zu den bisherigen | |
15.000 Tests noch zwei- bis dreimal so viele dazu, sagte Rabe. Die | |
steigende Zahl der Tests hätte dann natürlich auch einen Anstieg der | |
Inzidenzwerte zur Folge. | |
Ein früherer Start der Osterferien, die bundesweit Ende März, Anfang April | |
beginnen, sei bislang kein Thema, so Ernst. „Für Brandenburg kann ich das | |
definitiv ausschließen.“ In den Osterferien werde die Lage neu bewertet. | |
„Wir kämpfen um jeden Tag“, sagte Ernst. | |
In vielen Bundesländern schließen erste Gemeinden allerdings bereits wieder | |
Schulen und Kitas. Etwa in Thüringen, in der Stadt Gera und weiteren | |
Landkreisen. Das Land hatte den Landkreisen die Entscheidung freigestellt | |
und lediglich empfohlen, ab einer Inzidenz von 150 zu schließen. | |
## Bundesweit war jede zehnte Schule zu | |
In Nordrhein-Westfalen streiten sich Landkreise und Landesregierung dagegen | |
heftig. FDP-Kultusministerin Yvonne Gebauer will Schulen offen halten, und | |
zwar auch gegen den Willen der lokalen Behörden. Düren und Dortmund haben | |
jedoch die erneute Schließung ihrer Einrichtungen durchgesetzt. Umfragen | |
zufolge, die die KMK am Donnerstag veröffentlichte, war in der vergangenen | |
Woche etwa jede zehnte Schule geschlossen. | |
Außerdem fordern die Kultusminister:innen erneut, Lehrer:innen | |
und Erzieher:innen vorrangig zu impfen. Wie hoch der Anteil der bereits | |
geimpften Lehrer:innen und Erzieher:innen ist, erfasst die KMK | |
allerdings nicht zentral. Für Brandenburg konnte Ernst sagen, dass 90 | |
Prozent der Lehrer:innen Impfberechtigungen erhalten hätten. Sie hoffe, | |
dass ein großer Teil von ihnen davon Gebrauch mache. | |
19 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Schul-Lockdown-in-Hamburg/!5754995 | |
[2] /Corona-Management-in-den-Laendern/!5759449 | |
[3] /Schuloeffnungen-in-Berlin/!5754925 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Schule und Corona | |
Kultusministerkonferenz | |
Lockdown | |
Ampel-Koalition | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Dilek Kalayci | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Bildung in Bremen | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue KMK-Präsidentin Günther-Wünsch: Mutige Reformen nötig | |
Der Kompromiss beim Startchancen-Programm ist sozial ungerecht. Die neue | |
KMK-Präsidentin aus Berlin könnte das ändern. | |
Selbsttests auch für Kita-Kinder: Erst mal nur weitere Ankündigungen | |
Selbsttests für Berliner Kita-Kinder, mehr LehrerInnen bekommen | |
Impfeinladungen: Es geht langsam voran – was nur zeigt, wie vorschnell | |
geöffnet wurde. | |
Schnelltestes für Schüler*innen: Testen bleibt ein Wunschtraum | |
In den Schulen klappt das testen bisher nur bedingt, an den Grundschulen | |
fehlen die Tests ganz. Nach Ostern soll es angeblich besser werden. | |
Impfen mit Astrazeneca in Berlin: Warten auf die Mutigen | |
Nach der Wiederzulassung des umstrittenen Stoffs laufen die Impfungen nur | |
langsam wieder an. Termine gibt es weiterhin zuhauf. | |
Entwicklung von Corona in Berlin: Zwischen Hoffen, Bangen und Impfen | |
Gerade bei jüngeren Kindern steigt die Inzidenz deutlich. Das verheißt | |
nichts Gutes für die kommenden Wochen. | |
Offene Schulen trotz steigender Inzidenz: Bremen nimmt’s locker | |
Trotz steigender Infektionszahlen beharrt Bremen auf offenen Schulen. | |
Zugleich schrumpft der Vorsprung beim Impfen gegenüber anderen | |
Bundesländern. | |
Schulen und die dritte Coronawelle: Wer zieht die Notbremse? | |
In NRW bleiben die Schulen gegen ihren Willen offen. In Berlin geht der | |
Senat auf Nummer sicher. Thüringen verzichtet auf eine Notbremse. |