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# taz.de -- Debatte über Taser als Polizei-Waffe: SPD steht auf Elektroschocker
> Nur selten hat die Bremerhavener Polizei in der zweijährigen Testphase
> Taser eingesetzt. Dafür aber auch gegen psychisch Kranke –und als
> Schmerzwaffe.
Bild: Bei der hessischen Polizei ist der Taser schon eingeführt: hier ein Poli…
Bremen taz | Soll die Bremer Polizei mit einer weiteren Waffe ausgerüstet
werden? Am Donnerstag diskutiert die Innendeputation über die Einführung
von Distanz-Elektroimpulsgeräten – sprich: Tasern. Eine zweijährige
Testphase der Polizei Bremerhaven endete im November 2020. Der
Abschlussbericht liegt der taz vor.
Ziel des Tests war die Prüfung der Elektroschockpistolen als Ergänzung für
Einsatz- und Streifenpolizei. Ähnliche Projekte gab es auch schon in
anderen Bundesländern. Taser setzen den Betroffenen Stromschläge zu, die zu
kurzzeitiger Handlungsunfähigkeit führen sollen – oder auch zu starken
Schmerzen. Damit sollen sie eine Zwischenstufe zwischen Schlagstock oder
Reizgas und Schusswaffen bilden.
Taser sind umstritten: Amnesty International kritisiert, dass die Waffe
Gesundheitsschäden bis hin zum tödlichen Herzstillstand verursachen könne.
Besonders gefährdet seien Personen mit Herzrhythmusstörungen oder Asthma.
Auch Drogenkonsum und psychische Erkrankungen, und wiederholte Stromschläge
erhöhen das Risiko gesundheitlicher Schäden.
Die Menschenrechtsorganisation findet daher, dass die Waffe nur von
Spezialkräften genutzt werden solle – und das ausschließlich im
Distanzmodus. Die Anwendung von Tasern im Kontaktmodus lehnt Amnesty
komplett ab – bei Kontakt, etwa wenn die Zielpersonen bereits fixiert sind,
sei der Einsatz nur auf Schmerzen ausgerichtet.
## Nur sieben Einsätze – aber auch besonders kritische
Die Beschränkung auf Spezialkräfte galt beim Versuch in Bremerhaven nicht:
Die Elektroschocker wurden auch von Streifenpolizei getestet. Der Bericht
spricht sich klar für die Einführung der Taser aus: Die abschreckende
Wirkung sei hoch, der Einsatz habe sich bewährt. Zudem seien Einsätze
„ausgesprochen verantwortungsbewusst“ abgewogen worden.
Tatsächlich zeigt der Bericht: Angewendet wurden die Taser in den zwei
Jahren nur siebenmal. Doch gleich zwei der sieben Einsätze fanden im
umstrittenen Kontaktmodus statt – etwa als eine Person sich weigerte, bei
einer Festnahme die verschränkten Arme zu lösen.
Einen Einsatz gab es laut Bericht gegenüber einer „psychisch auffälligen
Person“. Gleich mehrfach, so die Polizei, sei die Person dabei im
Distanzmodus getasert worden, da die Polizist:innen sie „nicht zu Boden
bringen konnten“. Eine Wirkung gab es nicht: Der Betroffene trug
Motorradkleidung mit Kunststoffschutz.
Die Parteien ziehen unterschiedliche Schlüsse aus dem Bericht. Die SPD
Bremerhaven befürwortet die Einführung und ruft die Bürgerschaft auf,
entsprechende Beschlüsse umzusetzen. Die örtliche Polizei wolle „vor allem
die Sicherheit der eingesetzten Beamten gewährleisten“. Taser seien
mittlerweile ausreichend getestet und sollen zügig und flächendeckend
eingeführt werden. Zustimmung gibt es von der CDU: Bürgerschaftsabgeordnete
Christine Schnittker verweist auf die „durchweg positiven Erfahrungen“ aus
anderen Bundesländern.
Auch die SPD-Fraktion für Gesamt-Bremen zeigt sich grundsätzlich offen für
die Einführung von Tasern. Und Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat bereits
Wohlwollen signalisiert.
Anders ist das bei den Koalitionspartnern: Die Linksfraktion lehnt Taser
entschieden ab, so Fraktionsvorsitzender Nelson Janßen. Vier Todesfälle
habe es deutschlandweit im Zusammenhang mit Tasern gegeben. Erst 2019 starb
ein 56-Jähriger infolge eines Tasereinsatzes. Der Abschlussbericht zur
Testphase sei unzureichend – schließlich habe es keine unabhängige
Auswertung gegeben. Den Bericht erstellt hat die Polizei selbst.
## Ausweitung im Alltag?
Obwohl die Linke den Bericht nicht für unabhängig hält, zeige der
Praxistest ernstzunehmende Probleme auf: Den Einsatz gegen Risikogruppen
wie Menschen unter Drogeneinfluss und psychisch Kranke, sowie den Einsatz
im Kontaktmodus.
Sollte der Taser standardmäßig eingeführt werden, so könne das durch die
Normalisierung zu einer Ausweitung der Einsatzhäufigkeit führen, fürchtet
Janßen. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Mustafa Öztürk, teilt
diese Sorge: Es sei besorgniserregend, dass über die Hälfte der befragten
Polizist:innen aus Bremerhaven davon ausgehen, dass Taser zukünftig
häufiger als Schlagstock oder Pfefferspray eingesetzt werden. Da die
gesundheitlichen Folgen eines Einsatzes nicht im Voraus abgewogen werden
können, sehe die Fraktion der Grünen die Einführung von Tasern „sehr
kritisch“.
Noch laufen die koalitionsinternen Beratungen. Auf Basis einer Diskussion
des Abschlussberichts am Donnerstag soll zeitnah eine Entscheidung fallen.
17 Mar 2021
## AUTOREN
Selma Hornbacher-Schönleber
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