# taz.de -- Sprachpolitik im Kaukasus: Russisch erobert Bergkarabach | |
> Neben Armenisch könnte es bald eine zweite Amtssprache geben. Sollte das | |
> Gesetz kommen, befürchten Kritiker*innen eine Russifizierung der | |
> Region. | |
Bild: Russischunterricht in einer Schule in Stepanakert (Bergkarabach) | |
Berlin taz | Dem Parlament von [1][Bergkarabach] liegt ein neuer | |
Gesetzesentwurf vor, der Russisch neben Armenisch zur zweiten Amtssprache | |
machen würde. Das sei für eine langfristige Präsenz russischer | |
Friedenstruppen in Bergkarabach notwendig, heißt es in der Begründung für | |
das Gesetz. | |
Der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach | |
endete am 9. November 2020 nach 44 Tagen. Über 6.100 Menschen wurden | |
getötet, Zehntausende vertrieben. Laut der | |
[2][Waffenstillstandsvereinbarung] kontrolliert Armenien nur noch einen | |
Großteil von Bergkarabach und den „Latschinkorridor“, der Armenien mit | |
Bergkarabach verbindet. Der Status von Bergkarabach wird nicht definiert. | |
2.000 russische Soldaten sichern die Umsetzung des | |
Waffenstillstandsabkommens und sind in Bergkarabach sowie im | |
Latschinkorridor stationiert. | |
Die Abgeordneten in Bergkarabach berufen sich auf die „historische | |
Erinnerung“ sowie „kulturelle, militärische und wirtschaftliche Beziehungen | |
zu Russland“. Zudem sei Russisch in Bergkarabach für viele | |
Einwohner*innen bereits die zweite Sprache. | |
## Helden und Retter | |
Tatsächlich sind die Armenier*innen in Bergkarabach stärker nach | |
Russland orientiert als die im Mutterland Armenien. Das wurde vor allem | |
nach dem jüngsten Krieg deutlich. Die Russen feiern sich in Bergkarabach | |
als Helden und Retter, denn das Mutterland Armenien habe es nicht vermocht, | |
Bergkarabach zu unterstützen. | |
Nach der Sowjetisierung des Südkaukasus schlugen die Kommunisten 1921 | |
Bergkarabach als armenisches Autonomiegebiet der Sowjetrepublik | |
Aserbaidschan zu. Verkehrssprache wurde Russisch. Nach der Unabhängigkeit | |
1991 nahm die Bedeutung des Russischen als Kommunikationsmittel zwischen | |
den beiden Völkern ab. | |
Nun jedoch bekommt die russische Sprache, sollte das Gesetz verabschiedet | |
werden, einen offiziellen Status. Damit könnte eine intensive | |
Russifizierung von Bergkarabach beginnen. Das Gesetz sieht vor, die | |
Veröffentlichung von Schulbüchern, Presse, Literatur, behördlichen | |
Dokumenten sowohl in armenischer als auch russischer Sprache zu fördern. | |
Auch Rundfunk- und Fernsehsender sollen demnächst Programminhalte auf | |
Russisch anbieten. | |
„Die Aufwertung des Russischen ist weder gerechtfertigt noch notwendig“, | |
schreibt [3][Mane Tandilyan, Ministerin für Arbeit, Soziales und Migration | |
in Bergkarabach], auf Facebook. Man sollte Fremdsprachen lernen, aber | |
gleichzeitig die eigene Identität und Würde nicht mit Füßen treten. „Die | |
Grundlage der Amtssprache ist die Nationalität der in diesem Land lebenden | |
Menschen, und das sind Armenier*innen.“ | |
19 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Bergkarabach/!t5217138 | |
[2] /Krieg-um-Bergkarabach/!5728797 | |
[3] /Nach-dem-Krieg-um-Bergkarabach/!5738011 | |
## AUTOREN | |
Tigran Petrosyan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bergkarabach | |
Kaukasus | |
Russen | |
Kolumne Krieg und Frieden | |
Schwerpunkt Bergkarabach | |
Völkermord Armenien | |
Schwerpunkt Bergkarabach | |
Schwerpunkt Bergkarabach | |
Armenien | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schwerpunkt Bergkarabach | |
Schwerpunkt Bergkarabach | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Krieg in Armenien und in der Ukraine: Unbemerkte Tode in Armenien | |
Was in einem kleinen Land wie Armenien passiert, wird oft nicht | |
wahrgenommen. So erregte der Krieg um Bergkarabach 2020 wenig | |
Aufmerksamkeit. | |
Konflikt Armenien und Aserbaidschan: 3,5 Kilometer zu weit | |
Armenien wirft Aserbaidschan vor, auf sein Gebiet vorzurücken. Nach dem | |
Krieg um Bergkarabach droht eine neue Eskalation. | |
Völkermord an Armeniern: Nur die halbe Miete | |
Dass Joe Biden das Massaker an den Armeniern als Völkermord anerkennt, ist | |
ein diplomatischer Erfolg. Konkret verändern wird sich deshalb nichts. | |
Armenien nach dem Krieg: Frauen müssen an die Macht | |
Nach dem Krieg erlebt Armenien ein politisches Erdbeben. Männer dominieren | |
die Öffentlichkeit. Das Land braucht eine Frauenbewegung. | |
Nach Krieg um Bergkarabach: Der Feind in meiner Mine | |
Der Krieg um Bergkarabach endete mit einem Waffenstillstand. Die Goldmine | |
Sotk liegt nun gleichzeitig in Armenien und Aserbaidschan. | |
Von Armenien nach Bergkarabach: Acht Kontrollen bis Stepanakert | |
Immer wieder werden Reisende auf der einzigen Straße von Armenien nach | |
Bergkarabach angegriffen. Unser Autor ist den Weg nachgefahren. | |
Nach dem Krieg um Bergkarabach: Die Verlorenen | |
Mane Tandilyan wird belagert. Alle wollen etwas von der Ministerin: | |
Geflüchtete, Menschen ohne Obdach. Armenien muss Tausende Vertriebene | |
versorgen. | |
Konflikt um Bergkarabach: Fladenbrot gegen die Verzweiflung | |
In Armeniens Hauptstadt Jerewan fordern Demonstranten den Rücktritt des | |
Premiers. Derweil backen Flüchtlinge aus Bergkarabach Brot. | |
Krieg um Bergkarabach: Nicht wegschauen | |
Der Waffenstillstand für Bergkarabach hat wenig Perspektive. Gefragt sind | |
EU und Nato: Sie müssen zwischen Armenien und Aserbaidschan vermitteln. |