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# taz.de -- Medienstreit in Australien: Facebook dreht den Newshahn zu
> Im Streit um Nutzungsgebühren hat Facebook die Verlinkung zu Beiträgen
> diverser Medien blockiert. Google zeigt sich dagegen versöhnlich.
Bild: Facebook geht gegen die Presse auf Konfrontationskurs
Böses Erwachen für 18 Millionen australische Facebook-Nutzerinnen und
Nutzer am Donnerstagmorgen: Statt auf den Facebookseiten von
Qualitätsmedien wie dem Sender ABC einen Link zu einem Artikel zu klicken,
wurden sie von einer Mitteilung von Facebook begrüßt. Der
Social-Media-Gigant habe den Zugang zu australischen Nachrichten blockiert,
so die Meldung. Diese können somit auch nicht mehr geteilt werden.
Betroffen sind die Facebook-Seiten praktisch aller australischer
Medienorganisationen und anderer Anbieter von Nachrichten.
Selbst Seiten von Nichtregierungsorganisationen und sogar des australischen
Wetteramtes waren blank – ein Fehler, so Facebook, der korrigiert werde.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch meinte, es sei
„skrupellos“, einem ganzen Land über Nacht den Zugang zu „lebenswichtigen
Informationen“ zu nehmen. Premierminister Scott Morrison schrieb auf
Facebook von einem „arroganten und enttäuschenden“ Entscheid.
Mit der spektakulären Maßnahme reagiert das amerikanische Unternehmen auf
ein geplantes Gesetz, wonach Facebook und Google australischen
Medienhäusern [1][eine Abgabe für Meldungsausschnitte bezahlen sollten],
welche Internetgiganten von deren Internetseiten abgreifen und verlinken.
Ein Gesetzesvorschlag für einen entsprechenden Verhaltenskodex, der laut
Schatzkanzler Josh Frydenberg „die Balance zwischen den Online-Giganten und
traditionellen Medienhäusern wiederherstellen soll“, passierte am Mittwoch
das Unterhaus und liegt nun im Senat.
Die Regierung begründet die Notwendigkeit für das Gesetz mit der Tatsache,
dass in Australien rund 80 Prozent aller Werbeeinnahmen an die
Internetunternehmen gingen, während traditionelle Medienhäuser unter einem
Einkommensrückgang litten. Es seien aber diese Firmen, die den Inhalt
produzierten, von dem Google und Facebook profitierten. Die Regierungen
anderer Länder verfolgen die Entwicklung in Australien, um zu sehen, ob sie
ähnliche Maßnahmen gegen immer dominanter werdende Internetunternehmen
durchsetzen können.
## Google zeigt sich versöhnlicher
Google und Facebook [2][sprechen sich seit Monaten gegen das geplante
Gesetz aus]. Die Unternehmen argumentieren unter anderem, mit ihren Links
zu Nachrichteninhalten würden sie den Medienfirmen einen Dienst erweisen,
da Konsumenten damit zu deren Angeboten geführt würden.
Medienorganisationen wie ABC, Nine Entertainment, Seven West Media und News
Corp dagegen weisen auf den Verlust von Werbeeinnahmen hin. Die
australische Regierung meint, mit dem Schritt das Überleben des
Qualitätsjournalismus' sichern zu wollen.
Der Konflikt war zeitweise so hitzig, dass Google drohte, in Australien die
Suchfunktion zu sperren, die von 94 Prozent aller australischen
Internet-Nutzer verwendet wird. Seit ein paar Tagen zeigt sich Google aber
versöhnlicher. Im Vorfeld der erwarteten Verabschiedung des Gesetzes
einigte sich der Konzern offenbar präventiv mit mehreren Medienunternehmen
auf eine Bezahlung von Nachrichteninhalten. Einzelheiten über Umfang und
Format der Abgaben wurden nicht bekannt gegeben.
## Jährliche Zahlung von 30 Millionen Dollar
„Alles, was ich von den Parteien gehört habe, jeweils aus den Medienhäusern
und von den digitalen Plattformen, ist, dass es sich um großzügige
Vereinbarungen handelt“, so Josh Frydenberg am Mittwoch. Berichten zufolge
soll Nine Entertainment mit Google eine fünf Jahre geltende
Absichtserklärung für eine jährliche Zahlung von rund 30 Millionen Dollar
(19.3 Millionen Euro) unterzeichnet haben. Auch die vom Amerikaner Rupert
Murdoch kontrollierte News Corp ist offenbar mit Google eine dreijährige
Partnerschaft eingegangen. Die Firma werde für „vertrauenswürdigen
Journalismus bedeutende Zahlungen“ von Google erhalten.
Dass Facebook mit dem Entscheid zur Blockierung von Inhalten den Konflikt
sucht, hat in Australien viele Beobachter erstaunt. Schatzkanzler Josh
Frydenberg hatte noch am Wochenende mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg
telefoniert und von einer versöhnlichen Unterhaltung gesprochen. Klar ist,
dass der Entscheid schwerwiegende Folgen haben wird für die Qualität der
Nachrichten in Australien. Die Gefahr der Verbreitung von Gerüchten und
„Fake News“ steige, warnte am Donnerstag Kommunikationsminister Paul
Fletcher.
## Bezahlen für Links widerspreche Kernethik des Web
Während alle etablierten Medienunternehmen [3][das vorgeschlagene Gesetz
unterstützen], meldeten einige Kenner der Medienszene Kritik an. Der
amerikanische Medienprofessor Jeff Jarvis meinte, das Gesetz sei ein
„Eingriff des Staates in den Markt“. Es gehe primär um die finanzielle
Sicherung des amerikanischen Medienzars Rupert Murdoch, der in Australien
etwa 70 Prozent der australischen Druckmedien sowie einen Fernsehsender
kontrolliert. Australien sei ein gefährlicher Präzedenzfall für die Welt,
weil das Gesetz die Idee eines freien Internets unterwandere.
„Dass man für das Privileg, auf jemanden verlinken zu dürfen, bezahlen
muss, widerspricht der Kernethik des Webs: dass die Ränder der Macht
endlich über die Macht im Zentrum gewinnen“. In den USA hätten die Menschen
„dank der Verlinkung und dank sozialer Medien endlich von „Black Lives
Matter“ gehört und von anderen Problemen, die lange Zeit von den
Massenmedien ausgeschlossen gewesen waren“. Der Akademiker spricht von
Medien, die von „alten weißen Männern wie mir kontrolliert werden“. Das
Internet fordere „die Vorherrschaft dieser alten Herren heraus“.
18 Feb 2021
## LINKS
[1] /Mediengesetz-in-Australien/!5736990
[2] /Journalismus-Abgabe-in-Australien/!5710881
[3] /Australien-und-Google/!5746352
## AUTOREN
Urs Wälterlin
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