| # taz.de -- Einigung im Streit von Google und Medien: Neues Gesetz ignoriert Vi… | |
| > In Australien müssen Facebook und Google einen finanziellen Beitrag zum | |
| > Journalismus leisten. Doch davon profitiert vor allem der Marktführer. | |
| Bild: Leben in Symbiose, oft auf Kosten journalistischer Vielfalt: Daumen und F… | |
| Wenn Facebook plötzlich [1][Nachrichtenseiten auf seiner Plattform sperrt], | |
| ist das für Leser*innen kein Drama. Ein Drama ist, wenn der Journalismus | |
| in der Breite ausblutet, so wie es seit Jahren im Lokalen passiert. Aber | |
| Medienunternehmen finden es leider relevant, ob Facebook ihre Inhalte | |
| prominent ausspielt. | |
| So hat der Netzkonzern durch ein paar Tage News-Abschalten im Februar in | |
| Australien erreicht, dass ein dortiges Mediengesetz im letzten Moment zu | |
| seinen Gunsten geändert wurde. [2][Mit dem „Media Bargaining Code“] wollte | |
| die australische Regierung Facebook und Google verpflichten, ihren | |
| finanziellen Beitrag zum Erhalt eines vielfältigen Journalismus zu leisten. | |
| Das müssen sie weiterhin – nur geht das Geld nun offenbar auf kurzem Weg | |
| direkt zum Marktführer News Corp. | |
| Das Unternehmen aus dem Imperium von [3][Rupert Murdoch] hat am Dienstag | |
| bekannt gegeben, dass man sich mit Facebook auf Zahlungen für | |
| journalistische Inhalte geeinigt habe. Es handele sich um einen zunächst | |
| dreijährigen Deal, der unter anderem die meistverkaufte Zeitung The | |
| Australian und das Nachrichtenportal news.com.au betreffe. Beträge sind | |
| nicht gennant. | |
| Mit Google hatte sich News Corp bereits geeinigt. Das Mediengesetz, das die | |
| beiden Digitalriesen zu einer solchen Einigung verpflichtet, war vor | |
| wenigen Wochen verabschiedet worden. Allerdings nach der | |
| „Blackout“-Eskalation von Facebook im Februar mit einer entscheidenden | |
| Änderung. | |
| ## Schnelle Einigung mit Marktführer | |
| Facebook und Google können das Gesetz umgehen, wenn sie mit „genügend | |
| Medienunternehmen“ Vereinbarungen geschlossen haben. Was hingegen wohl nie | |
| zu Anwendung kommen wird, ist der „Schlichtungsfall“. Dieser Gesetzesteil | |
| machte Google und Facebook Angst. | |
| Der Einsatz einer „unabhängigen Schlichter*in“ hätte der Regierung zu sehr | |
| viel Macht über die Plattformen verholfen. Stattdessen einigt Facebook sich | |
| also fix mit News Corp. Das Unternehmen besitzt über zwei Drittel des | |
| australischen Zeitungsmarkts. Klingt also erst mal naheliegend, einen Deal | |
| mit dem Murdoch-Konzern zu schließen. Damit ist womöglich sogar das ominöse | |
| „genug“ aus dem veränderten Gesetzestext erreicht. | |
| News Corp stärkt gleichzeitig seine quasimonopolistische Stellung, indem es | |
| sich sämtliche Gelder sichert, die die australische Regierung aus Google | |
| und Facebook herausgepresst hat. Vor einem solchen Effekt hatten | |
| Kritiker*innen bereits gewarnt. | |
| Hier offenbart sich die Schwäche des Gesetzes: Es tut so, als wäre News | |
| Corp ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen, dem an einer vielfältigen | |
| Medienlandschaft gelegen ist. News Corp hat aber erst im vergangenen Jahr | |
| auf einen Schlag [4][über hundert lokale Titel stillgelegt oder die | |
| Papierausgaben eingestellt]. Mit Verweis auf Corona, dabei war die | |
| Pandemie erst wenige Monate jung. | |
| „Um den Veränderungen gerecht zu werden, gestalten wir News Corp Australia | |
| neu“, flötete der Vorstand, „um uns darauf zu konzentrieren, wohin sich | |
| Verbraucher und Unternehmen bewegen, und um unsere Position als Australiens | |
| führendes Unternehmen für digitale Nachrichtenmedien zu stärken.“ | |
| Journalismus braucht aber keine weitere Verdichtung auf wirtschaftliche | |
| Zentren und zahlfähige Zielgruppen, [5][sondern Vielfalt in der Breite.] | |
| Die Lokalen stärken sowie neue gemeinwohlorientierte Medienunternehmen. Das | |
| war auch mal der Gedanke hinter dem australischen Mediengesetz. | |
| ## Die Hoffnung stirbt zuletzt | |
| Überträgt man das Prinzip auf Deutschland, würden Googles und Facebooks | |
| „Medienabgabe“ an Unternehmen wie Funke gehen, das sich mit seinem | |
| Lokalzeitungsgeschäft immer mehr aus der Breite zurückzieht. Und natürlich | |
| an Axel Springer, dessen Engagement für kritischen Lokaljournalismus bisher | |
| gar nicht zu erkennen ist. Würden diese Unternehmen das Geld einer | |
| Medienabgabe nutzen, um den verheerenden Landflucht-Trend des Journalismus | |
| zurückzudrehen? Wohl kaum. Warum sollten sie? Im Lokalen ist kein Profit, | |
| nur Verantwortung. | |
| Besser wäre gewesen, Google und Facebook hätten mit allen Medienunternehmen | |
| verhandelt – möglicherweise in Form einer Interessengemeinschaft. Oder | |
| [6][die Medienabgabe] würde in einem demokratischen Entscheidungsprozess | |
| als Starthilfen an gemeinwohlorientierte Lokal-Start-ups verteilt. Das | |
| scheint aber spätestens seit der jüngsten Anpassung des Gesetzes vom Tisch. | |
| Das australische Mediengesetz war ein Test, auch für Journalismus | |
| hierzulande. Funktioniert eine Umverteilung derjenigen, die von der | |
| Digitalisierung des Journalismus profitieren, hin zu den Leidtragenden? | |
| Ohne dass Konzerninteressen dazwischenfunken? Dieses Projekt scheint nach | |
| jetzigem Stand gescheitert. | |
| 16 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
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| [2] /Medienstreit-in-Australien/!5753122 | |
| [3] /Rupert-Murdoch/!t5021673 | |
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| [6] /Briefe-vom-Beitragsservice/!5742360 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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