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# taz.de -- Aufräumarbeiten in Fukushima: Humus zu Asche
> Schon ein Jahr nach der Katastrophe begannen Arbeiter, die 52 Städte im
> Umkreis zu dekontaminieren. Doch es bilden sich weiter Hotspots.
Bild: Millionen Säcke mit radioaktivem Müll türmen sich im Zwischenlager von…
Tokyo taz | Chieko Watanabe wirft einen letzten Blick auf ihr altes Zuhause
in der Präfektur [1][Fukushima], das sie auf der Flucht vor der Strahlung
vor zehn Jahren verlassen musste. Die Haustür ist längst zugewachsen, die
Fensterscheiben sind zerbrochen. Überall liegt der Kot von Wildschweinen.
„Ich liebe diesen Platz, den Wind, die Reisfelder“, trauert die 69-Jährige
Witwe. „Aber ich sehe keinen anderen Weg, als mein Haus aufzugeben, damit
der Wiederaufbau weitergeht.“
Bald kommt der Abrissbagger, danach wird hier schwach radioaktive Erde
aufgeschüttet – bis zu 15 Meter hoch. Ihr Grundstück liegt nahe der
zerstörten Atomanlage. Auf dem umliegenden Areal entsteht ein Zwischenlager
für die strahlenden Reste der Dekontaminierung. Dafür kauft die Regierung
eine 16 Hektar große Fläche auf, fünfmal so groß wie das AKW selbst.
Schon ein Jahr nach der [2][Katastrophe] begannen Arbeiter in
Schutzanzügen, die 52 Städte im Umkreis von 30 Kilometern zu
dekontaminieren. 24 Milliarden Euro wurden dafür ausgegeben. Dabei
entfernten die Säuberungstrupps von allen Flächen, seien es Reisfelder,
Beete, Rasen oder Spielplätze, die obersten fünf Zentimeter. Die Arbeiter
spritzten Hausdächer, Straßen und Wege ab und filterten das Schmutzwasser.
Bäume, Hecken und Sträucher wurden beschnitten, Laub und Unterholz wurde
eingesammelt. Nur die Wälder blieben außen vor. Die Reinigung senkte das
Strahlungsniveau, auch wenn sich durch Regenwasser immer wieder Hotspots
bilden.
## Zehn Millionen Säcke
Jahrelang verschandelten 14 Millionen Plastiksäcke mit den Abfällen die
Landschaft an 100.000 Stellen. Inzwischen türmen sich zehn Millionen Säcke
in einem Zwischenlager, die restlichen folgen bis März nächsten Jahres.
Metalltrommeln sieben, schreddern und sortieren dort den Inhalt der Säcke.
Der Bioabfall wird verbrannt und die Asche deponiert. Die verbliebene Erde
wird neun gewaltige Gruben füllen. Dort verteilen Bagger das Material.
Bei der Aufbereitung der Säcke wird die Erde, die vor allem Cäsium-137
enthält, je nach Höhe der Strahlung vorsortiert. Die Radioaktivität ist so
gering, dass die Arbeiter keine Schutzkleidung tragen. Das
Umweltministerium will Erde mit weniger als 8.000 Becquerel pro Kilogramm
recyceln: Zum einen im Unterbau von Straßen, zum anderen unter der
Oberfläche von Gemüsefeldern. Pilotversuche laufen.
„Wir haben der Bevölkerung von Fukushima versprochen, dass das
Zwischenlager nur 30 Jahre hier bleibt“, erklärt Deponievizechef Takahiro
Hasegawa. Das Recycling soll die Abfallmenge verringern. Doch nicht alle
evakuierten AKW-Anrainer spielen mit. Bisher konnte die Regierung nur 75
Prozent der benötigten Flächen erwerben. Ein Teil der 2.400 Besitzer
vermietet seine Parzelle nur, ein anderer Teil verweigert den Verkauf.
Anders Frau Watanabe, die sich ein neues Haus gebaut hat: „Wenigstens wohne
ich noch in meiner alten Stadt“, tröstet sie sich.
11 Mar 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Fukushima
Japan
Tepco
Schwerpunkt Klimawandel
Anti-Atom-Bewegung
Lesestück Recherche und Reportage
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