# taz.de -- Flughäfen in der Coronakrise: Direkthilfen nur für große Airports | |
> Bund und Länder wollen Flughäfen mit mehr als einer Milliarde Euro | |
> unterstützen. Klimaschützer kritisieren die Hilfen scharf. | |
Bild: Dem Flughafen Köln/Bonn soll direkt geholfen werden | |
BERLIN taz/dpa | Die Coronapandemie hat die deutschen Flughäfen hart | |
getroffen. „Das gesamte Luftfahrtsystem steht nahezu vor dem Kollaps | |
und viele Flughäfen vor dem Aus“, heißt es vom Flughafenverband ADV. Um | |
die Flughäfen zu unterstützen, hat sich die Bundesregierung nun auf ein | |
milliardenschweres Rettungspaket geeinigt. Direkte Hilfen sollen aber nur | |
die 15 größeren Airports erhalten. [1][Den kleineren Flughäfen] will der | |
Bund keine Zuschüsse zahlen, stattdessen will er nur die Kosten für deren | |
Flugsicherungsdienstleistungen übernehmen. | |
Laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur sollen in diesem Jahr zwölf | |
Flughäfen einmalige Zuschüsse erhalten: Dazu zählen die Airports Bremen, | |
Dresden, Düsseldorf, Erfurt, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Leipzig, | |
Münster/Osnabrück, Nürnberg, Saarbrücken und Stuttgart. Die Regierung will | |
ihnen insgesamt 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Die drei | |
Flughäfen, an denen der Bund beteiligt ist – Berlin-Brandenburg, Köln/Bonn | |
und München –, sollen 400 Millionen Euro erhalten. | |
Mit dem Hilfspaket möchte die Regierung den Flughäfen Kosten erstatten, die | |
ihnen zu Beginn der Pandemie entstanden waren, um trotz ausbleibender | |
Passagiere weiter geöffnet zu bleiben. Dem Flughafenverband ADV zufolge hat | |
es allein von März bis Juni 740 Millionen Euro gekostet, die Flughäfen | |
weiterzubetreiben. | |
Die Unterstützung des Bundes ist allerdings an Bedingungen gekoppelt: Damit | |
die Gelder fließen, müssen die jeweiligen Bundesländer einen Zuschuss in | |
gleicher Höhe leisten. Außerdem dürfen für das vergangene Jahr keine | |
Dividenden und keine Boni an Geschäftsführer und Vorstände gezahlt werden. | |
Die Länder hatten zuvor ihre generelle Bereitschaft für ein 50-50-Modell | |
erklärt, das Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorgeschlagen | |
hatte. | |
## Kleinere Flughäfen bekommen kein Geld | |
Keine Zuschüsse erhalten die internationalen Flughäfen Dortmund, Paderborn, | |
Weeze, Friedrichshafen, Hahn und Karlsruhe-Baden-Baden, auch die regionalen | |
Flughäfen wie Memmingen, Kassel, Lübeck oder Rostock gehen leer aus. Sie | |
sollen lediglich bei den Kosten für Flugsicherungsdienstleistungen | |
entlastet werden. Im Bundeshaushalt 2021 sind für diese | |
Unterstützungsmaßnahme 20 Millionen Euro vorgesehen. Daneben erhält die | |
bundeseigene Deutsche Flugsicherung GmbH im laufenden Jahr eine | |
Eigenkapital-Unterstützung von 300 Millionen Euro. | |
ADV-Geschäftsführer Ralph Beisel bezeichnet die Hilfen als „wichtige und | |
lange überfällige Weichenstellung für den Wirtschaftsstandort Deutschland“. | |
Das Geld müsse schnell ausgezahlt werden. Der Bund dürfe die kleinen | |
Flughäfen aber nicht vergessen. „Sie sorgen für die dringend benötigte | |
Verkehrsanbindung, tragen zur Stärkung der Wirtschaftskraft in ihren | |
Regionen bei und sichern viele wertvolle Arbeitsplätze.“ | |
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) lehnt das Hilfspaket für die Flughäfen | |
ab. Fliegen sei die am meisten umweltschädigende Art der Fortbewegung, | |
jeder Euro für Flughäfen verschärfe die Klimakatastrophe. „Wenn der | |
Luftverkehr Geld braucht, soll er es selbst erwirtschaften: durch eine | |
Mehrwertsteuer auf europäische Tickets, die Besteuerung von Kerosin und | |
höhere Start- und Landegebühren“, sagt Bundesvorsitzender Stefan Bajohr der | |
taz. | |
Dass die kleineren Flughäfen keine Zuschüsse erhalten sollen, sei hingegen | |
erfreulich. „Wir fordern seit Langem die Schließung der kleinen Flugplätze, | |
da sie unwirtschaftlich sind und Gift für das Klima“, sagt Bajohr. „Wenn | |
die Pandemie dazu beiträgt, sie stillzulegen, hat Corona bei allem Übel | |
wenigstens etwas Gutes.“ | |
Auch der Naturschutzbund (NABU) begrüßt, dass die kleineren | |
Regionalflughäfen kein Geld bekommen sollen. Schon vor der Pandemie habe | |
sie der Bund mit millionenschweren Subventionen am Leben halten müssen. | |
Grundsätzlich lehne der NABU jede Form der Subventionierung für Flughäfen | |
ab, wie eine Sprecherin mitteilt. „Wenn es jetzt aber Hilfen für die | |
überregional relevanten Flughäfen geben soll, müssen diese an strenge | |
Klima-Auflagen und die Sicherung von Arbeitsplätzen gekoppelt werden.“ | |
## Scharfe Kritik am Hilfspaket | |
Scharfe Kritik am Rettungspaket äußert auch die Initiative Am Boden | |
bleiben. „Es kann nicht sein, dass weitere Steuergelder in Flughäfen | |
fließen. Die Flugindustrie steuert direkt in die Klimakrise, und wir müssen | |
jetzt die Notbremse ziehen“, schreibt eine Sprecherin auf Anfrage. Das Geld | |
solle stattdessen in den Ausbau zukunftsfähiger Verkehrsmittel und in die | |
Verlagerung von Arbeitsplätzen fließen. Das internationale Netzwerk Stay | |
Grounded ist derselben Meinung. Es sollten alternative Jobs in | |
klimaschonenden Sektoren geschaffen werden, fordert eine Sprecherin. | |
„Öffentliche Coronagelder müssen Menschen retten, nicht Flugzeuge.“ | |
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sagt hingegen: | |
„Prinzipiell sind Coronahilfen für öffentliche und private Unternehmen wie | |
Flughäfen, die durch staatliche Entscheidungen Umsatzausfälle erleiden, | |
okay.“ Die Flughäfen Erfurt, Saarbrücken und Münster/Osnabrück aber dürf… | |
keine Gelder erhalten, sagt ein Sprecher. „Sie haben dauerhafte Defizite | |
und leisten keinen Beitrag zur Anbindung ihrer Region.“ | |
12 Feb 2021 | |
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[1] /Verkehrsminister-will-Flughaefen-helfen/!5723586 | |
## AUTOREN | |
Rieke Wiemann | |
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