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# taz.de -- Diskussion um Bremer Flughafen: Passagiere dürfen vorerst bleiben
> Die Bremer Grünen diskutierten beim Landesparteitag, wie sie zum
> Passagierflughafen stehen. Die Mehrheit entschied sich für den wenig
> radikalen Weg.
Bild: Ob in ein paar Jahren immer noch welche da sind? Passagiere am Bremer Flu…
Bremen taz | Im Mai wird in Bremen ein neuer Landtag gewählt. Die Grünen
haben sich am Wochenende auf ihr Programm geeinigt. Um damit
Wähler*innen zu erreichen und nicht etwa zu vergraulen, wurde beim
Parteitag am Samstag ein Passus aus der Vorlage des Landesvorstands
gekickt, der schon im Vorhinein für reichlich Diskussion gesorgt hatte: die
Prüfung, ob man am Flughafen Bremen künftig auf Passagierflüge verzichten
könne.
In der Fassung des Landesvorstandes heißt es, der Bremer Flughafen werde
„massiv durch Steuergelder der Landesregierung unterstützt“. Noch 2023
solle geprüft werden, ob er in einen Werksflughafen umgewandelt werden
könne. Ziel sei es, Bremen als bedeutenden Standort der Luft- und
Raumfahrtbranche zu erhalten und hier auf einen klimafreundlicheren
Luftverkehr hinzuarbeiten und zu -forschen. Die Idee ist, Firmen wie Airbus
in Bremen zu halten, den Personenflugverkehr hingegen einzustellen.
Bereits vor der Pandemie war der Bremer Flughafen [1][klimapolitisch wie
wirtschaftlich umstritten]: Er ist auf Subventionen angewiesen.
Umsatzeinbußen im Zuge [2][der Corona-Reisebeschränkungen] und ebenso
großflächige wie teure Sanierungsarbeiten tun ihr Übriges.
Als die Idee des Parteivorstands vor dem Parteitag publik geworden war,
ließ Kritik nicht lange auf sich warten. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete
[3][Jens Eckhoff twitterte], die Grünen wollten sich damit „selbst zur
Provinz machen“. Im Regionalmagazin „Buten un Binnen“ kritisierte Andree
Hoberg, Betriebsratschef des Flughafens, die Risiken für Beschäftigte sowie
den Wirtschaftsstandort Bremen. Selbst der große Koalitionspartner SPD
lehnte das Vorhaben [4][im Weser Kurier ab]. Florian Pfeffer,
Co-Landesvorsitzender der Grünen, musste deshalb schon vor dem Parteitag
auf die Kritik reagieren und beschwichtigte bei „Buten un Binnen“: Die
Grünen stehen weiterhin hinter dem Flughafen.
## Öffentlichkeit nicht abschrecken
Der Antrag, den Passus aus dem Wahlprogramm zu streichen, kam von
Parteimitglied Anke Saebetzki. Der Flughafen habe es wirtschaftlich schwer,
aber es gebe positive Prognosen für den Sanierungsplan, sagte sie.
Vorsorglich auch nur zu prüfen, ob die Umwandlung in einen Werksflughafen
sinnvoll wäre, schrecke die Öffentlichkeit und damit die Wähler*innen
auf. Das bessere Framing für den Wahlkampf: den Flughafen grüner machen.
Das sieht auch Hermann Kuhn so, ehemaliger Grünen-Landessprecher und
Abgeordneter. Er sagte am Samstag, es brauche ein besseres
„Botschaftsmangement“.
Philipp Bruck, Sprecher für Klimapolitik, sieht das anders. Man könne nicht
ignorieren, dass über der Zukunft des Flughafens „als Damoklesschwert das
EU-Beihilferecht schwebt“: Bereits 2014 hatte die EU-Kommission
beschlossen, ab 2024 staatliche Subventionen für Regionalflughäfen zu
kappen. „Das ist keine klimapolitische Initiative“, betonte Bruck. Vielmehr
gehe es darum, „Bremen als Standort der Luftfahrtindustrie zu halten“.
Auch die Grüne Jugend befürwortete den Vorschlag vom Vorstand. Allerdings
kritisiert Landessprecherin Lena Kramer, dass das Programm nicht die Ängste
von Beschäftigten abfedern könne. Aus Perspektive des Klimaschutzes sei der
Vorschlag aber gut. Auch Bürgerschaftskandidatin Franziska Tell, ebenfalls
von der Grünen Jugend, findet: Flugverkehr müsse verringert werden,
technische Lösungen für grünes Fliegen seien nicht in Sicht.
## Solidarisierung mit Rojava
Dem Antrag stimmten schließlich eine knappe Mehrheit der rund 160
anwesenden Mitglieder zu. Die Prüfung der Einstellung des
Passagier-Transports per Flugzeug ist damit zumindest im grünen
Wahlprogramm Geschichte.
Nicht aber die [5][Angriffe auf Rojava], eine autonome Provinz im Norden
Syriens, die am Samstag ebenfalls thematisiert wurden. Noch vor der Debatte
zum Flughafen unterbrachen Aktivist*innen den Parteitag. Sie
solidarisierten sich mit Rojava. Seit dem 19. November ist die Provinz
Luftangriffen des türkischen Militärs ausgesetzt. Bereits Anfang der
vergangenen Woche hatten Aktivist*innen ein Terminal von Turkish
Airlines blockiert – an ebendiesem Flughafen, der auf dem Parteitag so
scharf diskutiert wurde.
Bereits während die Protestierenden ihr Banner entrollen, ertönte Beifall
aus dem Publikum. Dabei haben weder die Bremer noch die Bundes-Grünen
bislang den Angriff ihres NATO-Partners Türkei klar verurteilt. Und dabei
bleibt es auch. Das Präsidium wiegelte eine Beschlussvorlage der
Aktivist*innen, den Angriffskrieg der Türkei ähnlich dem Russlands zu
verurteilen, ab: Die Tagesordnung stehe fest. Nur die Grüne Jugend, deren
Antrag, die Vorlage doch abzustimmen, knapp scheiterte, positionierte sich
eindeutig gegen die Angriffe der Türkei.
28 Nov 2022
## LINKS
[1] /Studie-zum-Bremer-Flughafen/!5761030
[2] /Flughaefen-in-der-Coronakrise/!5751765
[3] https://twitter.com/jenseckhoff/status/1596149954338250753?s=20&t=CKTPk…
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/teilschliessung-bremer-airport-kritik-an…
[5] /Proteste-nach-tuerkischen-Bombardements/!5896331
## AUTOREN
Selma Hornbacher-Schönleber
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Schwerpunkt Coronavirus
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