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# taz.de -- Corona-Impfungen in Bosnien: Zahlen steigen, die Leute warten
> In Bosnien und Herzegowina steht der Start der Impfkampagne noch bevor.
> Trotzdem sind Cafés, Restaurants und Skipisten geöffnet.
Bild: Trotz hoher Infektionszahlen sind in Sarajevo Bars uns Cafès noch geöff…
Sarajevo taz | Bis Anfang des Jahres war Bosnien und Herzegowina in der
[1][Coronakrise] mit einem blauen Auge davongekommen. Das Land hatte
niedrige Infektionszahlen, obwohl Läden, Restaurants und Schulen normal
arbeiteten. In Serbien und Kroatien sprachen Medien schon von einem
„bosnischen Wunder“. Doch seit Wochen steigen die Zahlen. Diese Woche
wurden rund 500 Neuinfizierte pro Tag registriert, Tendenz steigend. Zudem
dürfte die Dunkelziffer hoch sein, da nur wenig getestet wird.
Sonnenschein und Temperaturen über 15 Grad sorgen dennoch für volle Cafés
in der Hauptstadt Sarajevo. Täglich kommen Busse aus Serbien und Kroatien
mit Touristen an, da es sich herumgesprochen hat, dass Skipisten und
Restaurants offen sind.
Der Infektiologe Ednan Drljević vom Abdullah-Nakaš-Krankenhaus in Sarajevo
weist auf den Anstieg der Neuinfektionen hin. Die Ausbreitung von
Mutationen möchte er nicht mehr ausschließen. Er beklagt aber auch
mangelnde Grenzkontrollen.
Während Bosnier, die in die Nachbarländer reisen, einen negativen
Coronatest nachweisen müssen, können Serben und Kroaten ohne Test ins Land
kommen, weil die serbische Entität, Republika Srpska, derartige Regelungen
verhindert. Die politische Führung des serbischen Teilstaats will keine
Grenzkontrollen zwischen Serbien und der serbischen Teilrepublik in Bosnien
und Herzegowina.
Das zeigt, wie das Gestrüpp der Institutionen und politische Interessen die
Virusbekämpfung erschwert. Die Verantwortlichen im zweiten Teilstaat, der
bosniakisch-kroatischen Föderation, wissen nicht einmal, wann und wie
Impfstoff geliefert wird. Denn in dem Gegeneinander von gesamtstaatlichem
Ministerrat, den Regierungen der beiden Entitäten und den Kantonen hat man
es versäumt, rechtzeitig Impfstoff zu organisieren. Bosnien hat zwar
1.232.000 Impfdosen durch die Covax-Initiative der WHO zugesprochen
bekommen, doch wann Pfizer und Moderna liefern, steht in den Sternen.
## Serbien impft schnell
Hinzu kommt, dass Pfizer Verträge nicht mit Teilstaaten abschließen will.
Der Ministerrat des Gesamtstaats hat sich jedoch nicht verantwortlich
gefühlt. Die Versuche der Teilstaaten und Kantone, an Impfstoff zu kommen,
werden durch unklare Staatsstrukturen und Verantwortlichkeitsbereiche
erschwert.
Nur die Republika Srpska organisierte 2.000 Ampullen des russischen
Sputnik-V-Impfstoffs, 100.000 weitere Ampullen sollen noch folgen. Die
ersten Impfungen wurden an Krankenhauspersonal und Ärzten durchgeführt.
Auch können Serben aus Bosnien nach Serbien reisen und sich dort impfen
lassen. Bosnische Kroaten können auf Hilfe in Kroatien hoffen. Bosniaken
und die Minderheiten jedoch können dies nicht in Anspruch nehmen.
Serbiens Staatschef Aleksandar Vučić gelang es zudem, nicht nur ein
Kontingent des begehrten Pfizer-Impfstoffs zu akquirieren; er organisierte
zudem die Impfstoffe aus Russland und China, sodass die Impfrate in Serbien
relativ hoch ist. Lachend verkündete er, niemand solle fragen, wie er das
geschafft habe, doch Impfstoff sei da. Eine Million der 6,9 Millionen
Einwohner sind bereits geimpft. Auch im EU-Land Kroatien hat die
Impfkampagne mit dem von der EU zugewiesenen Kontingent begonnen.
Wenn die EU Impfstoffe nicht zuteilen kann und Covax nicht wie versprochen
funktioniert, wird es dagegen für Bosniaken und die Minderheiten in Bosnien
und Herzegowina düster aussehen. Dass Nationalismus auch die Impfpolitik
durchdringt, ist für die Menschen in Sarajevo zwar keine neue Weisheit.
Aber man hofft immer noch auf die WHO und die EU.
26 Feb 2021
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## AUTOREN
Erich Rathfelder
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