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# taz.de -- Strafgericht zu Palästinensergebieten: Weg offen für Verfahren
> Das Gericht sei zuständig für die von Israel besetzten Gebiete, urteilt
> das Gericht. Darauf folgen heftige Reaktionen.
Bild: Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte die richterliche Entscheidung über …
Berlin taz | Der Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ist
mit seiner Entscheidung, Verfahren zu mutmaßlichen Verbrechen in den seit
1967 von Israel besetzten palästinensischen Gebieten zu eröffnen, auf sehr
widersprüchliche Reaktionen gestoßen. „Diese Entscheidung öffnet einen seit
Langem erwarteten Weg zur Gerechtigkeit für israelische und
palästinensische Opfer schwerer Verbrechen“, begrüßte die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) den IStGH-Beschluss.
Die Palästinensische Autonomiebehörde erklärte, die Entscheidung öffne
„eine Tür für die strafrechtliche Verfolgung schwerer Verbrechen, die seit
Langem gegen das palästinensische Volk begangen“ würden. Hingegen erklärte
Israels Außenminister Gabi Ashkenazi, die Entscheidung verdrehe das
Völkerrecht und mache „den Strafgerichtshof zum Handwerkszeug von
israelfeindlicher Propaganda“.
Anders als es die beiden Reaktionen nahelegen, geht es bei den von der
IStGH-Chefanklägerin Fatou Bensouda seit 2015 angestrebten Verfahren um
„mutmaßliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch
israelische Sicherheitsbehörden und Streitkräfte, durch die Hamas, die PA
und durch bewaffnete palästinensische Gruppen in den besetzten Gebieten
Westjordanland, Gazastreifen und Ostjerusalem“.
Im Januar 2015 war Palästina, das seit 2012 bei der UNO den Status eines
„Nichtmitglied-Beobachterstaates“ hat, [1][dem IStG beigetreten] und hatte
eine Voruntersuchung zu mutmaßlichen Verbrechen in den besetzten Gebieten
beantragt. Im Ergebnis dieser Voruntersuchung stellte die Chefanklägerin im
Dezember 2019 fest, dass „alle im Statut des IStGH-Statuts verlangten
Voraussetzungen zur Eröffnung von Verfahren erfüllt sind“. Die Eröffnung
von IStGH-Verfahren sei „zulässig“, da die lokalen oder staatlichen
Gerichte vor Ort „unwillig oder nicht in der Lage“ seien, Verfahren
durchzuführen.
## „Hoch umstrittene Frage“
Allerdings übergab die Chefanklägerin die „hoch umstrittene Frage“, ob die
drei besetzten Gebiete auch unter die territoriale Zuständigkeit des IStGH
fallen, an eine Vorprüfkammer des Gerichtshofes mit der Aufforderung zu
einer „schnellen Untersuchung und Entscheidung“.
Die Vorprüfkammer entschied letzte Woche, dass die territoriale
Zuständigkeit des Gerichts gegeben ist. Das bestreitet neben der
israelischen Regierung weiterhin auch die Biden-Administration in
Washington. Die Zuständigkeit des IStGH solle „auf Länder beschränkt
bleiben, die sich ihm angeschlossen haben oder vom UN-Sicherheitsrat für
Ermittlungen nach Den Haag überwiesen wurden“ erklärte ein Sprecher des
US-Außenministeriums. Die USA sind dem IStGH ebenso wie Israel bis heute
nicht beigetreten. Eine Überweisung durch den Sicherheitsrat an den IStGH
mit Blick auf die besetzten palästinensischen Gebiete würde am Veto der USA
scheitern.
In einer Stellungnahme an die Prüfungskammer hatte auch die Bundesregierung
argumentiert, die territoriale Zuständigkeit des IStGH sei nicht gegeben.
Zum einen sei Palästina trotz des Beitritts zu dem Gericht im Januar 2015
kein Staat im Sinne des IStGH-Statuts. Auch seien die Voraussetzungen der
Wiener Konventionen für Staatlichkeit nicht gegeben. Schließlich seien die
seit dem Junikrieg von 1967 bestehenden Grenzen zwischen den damals von
Israel besetzten Territorien und dem israelischen Kernland keine
endgültigen Staatsgrenzen.
HRW erwartet, dass der IStGH sehr bald Ermittlungen aufnimmt wegen
zahlreicher Verbrechen. Konkret nennt die NGO etwa mutmaßliche
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beider Seiten in
den Gazakriegen der Jahre 2009 und 2014.
7 Feb 2021
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## AUTOREN
Andreas Zumach
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