# taz.de -- US-Präsident Joe Biden zur Außenpolitik: Diplomatie statt Trumpis… | |
> Biden verkündet mit der Ansage „Amerika ist zurück“ eine außenpolitisc… | |
> Abkehr von Trumps Politik. Konkret wird er dabei nur an wenigen Stellen. | |
Bild: Will die internationale Diplomatie wieder aufleben lassen: Joe Biden bei … | |
BERLIN taz | In der ersten [1][außenpolitischen Grundsatzrede] seit seinem | |
Amtsantritt, hat US-Präsident Joe Biden eine 180-Grad-Wende gegenüber der | |
Politik seines Vorgängers angekündigt. „Amerika ist zurück, Diplomatie ist | |
zurück“ sagte Biden bei einem Besuch im Außenministerium in Washington. | |
Dabei wurde Biden an wenigen Stellen konkret: Mit sofortiger Wirkung würden | |
die USA die Unterstützung jeglicher offensiver [2][Kriegshandlungen im | |
Jemen] stoppen. Der Krieg, in dem eine von den USA und Saudi-Arabien | |
geführte Koalition auf Seiten der jemenitischen Regierung gegen die von | |
Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft, habe zu einer humanitären | |
Katastrophe geführt und müsse sofort aufhören. | |
Die USA würden auch keine offensiven Waffensysteme mehr für den Krieg | |
verkaufen, sagte Biden und benannte mit Timothy Lenderking einen | |
langgedienten Diplomaten mit viel Erfahrung in der Region als | |
US-Sondergesandten für den Jemen. Ziel müsse ein sofortiger | |
Waffenstillstand und eine dauerhafte Friedenslösung sein, sagte Biden. | |
Damit vollzieht der neue US-Präsident auch eine Abkehr von einer Politik, | |
die er zu Beginn selbst mitgetragen hat: Die massive militärische | |
Unterstützung der saudisch-geführten Koalition hatte schon unter Präsident | |
Barack Obama begonnen – damals mit dem Ziel, die Saudis zu beruhigen, die | |
sich vehement gegen Obamas [3][Unterstützung des Atomdeals mit dem Iran] | |
gewehrt hatten. | |
## Vorrang für die Diplomatie | |
Zweiter konkreter Punkt in Bidens Rede: Die Stationierung von US-Truppen in | |
aller Welt werde auf dem Prüfstand stehen, vorerst seien alle von seinem | |
Vorgänger angekündigten Veränderungen ausgesetzt – darunter der Abzug von | |
fast 10.000 [4][in Deutschland stationierten US-Soldaten], die Trump im | |
vergangenen Jahr verkündet hatte. | |
Und schließlich kündigte Biden an, die Anzahl der Flüchtlinge, die jährlich | |
in den USA Aufnahme finden, von derzeit nur noch 15.000 auf 125.000 zu | |
steigern – eine klare [5][Abkehr von der Abschottungspolitik seines | |
Vorgängers]. | |
Harte Worte fand Biden für Russland, ohne jedoch konkrete politische | |
Schritte anzukündigen: Vorbei seien die Tage, an denen die USA vor den | |
aggressiven Aktionen Russlands wie die Einmischung in US-Wahlen, | |
Cyberattacken und Vergiftungen von Bürgern „gekuscht“ hätten, sagte Biden. | |
Dies habe er Kremlchef Wladimir Putin kürzlich auf ganz andere Weise als | |
sein Vorgänger klargemacht. „Wir werden nicht zögern, die Kosten für | |
Russland zu erhöhen und unsere wesentlichen Interessen und unsere Bürger zu | |
verteidigen“, sagte Biden. | |
Biden wiederholte seine schon aus dem Wahlkampf bekannte Haltung, der | |
Diplomatie und der engen Zusammenarbeit mit den US-Verbündeten wieder | |
Vorrang einzuräumen und die im State Department vorhandene Expertise wieder | |
zu nutzen. Für Trump und den verschwörungsgläubigen Teil seiner | |
Unterstützer*innen galt das State Department stets als Hort des „Deep | |
State“, der versuche, im Verborgenen die Strippen zu ziehen. In der Folge | |
verwaisten ganze Abteilungen, etliche Stellen wurden nicht besetzt. | |
## Trumps Schatten über dem Repräsentantenhaus | |
Ohne zu benennen, was das genau heißt, kündigte Biden darüber hinaus an, | |
die USA würden sich künftig in all ihren Außenbeziehungen vehement für die | |
[6][Rechte der LGBTQ-Community] einsetzen. Und: Außen- und Innenpolitik | |
könnten nicht voneinander getrennt werden. Wenn man sich auf der Welt für | |
Demokratie einsetzen wolle, könne man nicht zuhause Rassismus und | |
autoritär-populistischen Vorstellungen huldigen. | |
Nicht nur die Rede war geprägt vom Versuch, eine möglichst vollständige | |
Abkehr von der Politik Trumps zu verkünden – Trumps Schatten stahl Biden | |
auch die Medienaufmerksamkeit am Donnerstagabend. Denn zeitlich zu seiner | |
Rede debattierte das Repräsentantenhaus über den Antrag der Demokrat*innen, | |
der rechten Abgeordneten [7][Marjorie Taylor Greene] aus Georgia aufgrund | |
ihrer aggressiven und verschwörungstheoretischen Äußerungen der letzten | |
Jahre die Mitgliedschaft im Haushalts- sowie im Ausschuss für Bildung und | |
Arbeit abzuerkennen. | |
Greene selbst stellte sich in einer 10-minütigen Rede als einfache Frau | |
dar, die nichts böses wolle. An die [8][verschwörungstheoretische | |
QAnon-Bewegung] glaube sie inzwischen nicht mehr, sagte sie – sie habe | |
gemerkt, dass QAnon genauso lüge wie die Mainstreammedien. Auch bezweifele | |
sie nicht mehr, dass es die Anschläge vom 11. September 2001 und die | |
verschiedenen Schulmassaker – die sie als von Schusswaffengegnern | |
inszeniert bezeichnet hatte – wirklich gegeben habe. Das Vorgehen der | |
Demokrat*innen gegen sie sei Teil einer gefährlichen [9][Cancel Culture | |
der Linken]. | |
In leidenschaftlicher Debatte legten die Demokrat*innen dar, welche | |
Gefahr davon ausgehe, wenn solchen demokratiefeindlichen Vorstellungen im | |
Kongress eine Plattform geboten werde, während die meisten | |
Republikaner*innen darauf verwiesen, auch von links gebe es | |
verantwortungslose Äußerungen und der Antrag gegen Greene sei ein klarer | |
Machtmissbrauch der Mehrheitsfraktion. | |
Schließlich stimmten alle Demokrat*innen und immerhin elf | |
republikanische Abgeordnete für ihren Rauswurf aus den beiden Ausschüssen – | |
ein Republikaner mehr als vor einigen Wochen für das Impeachmentverfahren | |
gegen Trump gestimmt hatten. | |
5 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.whitehouse.gov/briefing-room/speeches-remarks/2021/02/04/remark… | |
[2] /UN-Expertin-ueber-Krieg-im-Jemen/!5713074 | |
[3] /Atomabkommen-mit-Iran/!5626571 | |
[4] /US-Militaer-in-Deutschland/!5704839 | |
[5] /Neuer-US-Praesident-Joe-Biden/!5748818 | |
[6] /Wahlen-in-den-USA/!5726293 | |
[7] /Republikaner-und-Marjorie-Taylor-Greene/!5749155 | |
[8] /Trump-und-rechte-QAnon-Bewegung/!5702928 | |
[9] /Studie-zu-Cancel-Culture/!5723644 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
## TAGS | |
Joe Biden | |
Jemen Bürgerkrieg | |
US-Armee | |
Russland | |
Wladimir Putin | |
Iran | |
Nordkorea | |
Joe Biden | |
USA | |
USA | |
USA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nuklearabkommen mit Iran: USA bewegen sich im Atomstreit | |
Die Zeichen stehen auf Kehrtwende: Nach Beratungen mit den europäischen | |
Vertragsparteien machen die USA erste Zugeständnisse an den Iran. | |
Kritik von UN-Expert*innen: Nordkorea baut Atomprogramm aus | |
Nordkorea arbeitet unbeirrt an seinem Atom-Arsenal und kooperiert mit Iran | |
beim Bau von Raketen. Das dürfte zum Problem für US-Präsident Biden werden. | |
Außenpolitische Rede des US-Präsidenten: Bidens beredtes Schweigen | |
Joe Biden hat in seiner ersten außenpolitischen Rede einige der wichtigsten | |
US-Konfliktherde mit keinem Wort erwähnt. Das lässt nichts Gutes ahnen. | |
Neuer US-Präsident Joe Biden: Abkehr von Trumps Migrationspolitik | |
Joe Biden hat mit mehreren Dekreten einen Kurswechsel in der | |
Migrationspolitik der USA angekündigt. Alle auf Trump zurückgehenden | |
Vorschriften werden geprüft. | |
Streit um QAnon nahe US-Abgeordnete: Radikal rechte Republikanerin | |
Trump-Fan und Verschwörungsideologin Marjorie Taylor Greene ist nun | |
Kongressmitglied. Selbst RepublikanerInnen fordern ihren Ausschluss. | |
Konferenz der American Academy Berlin: Exzeptionalismus in der Krise | |
Was bedeutet der Machtwechsel in den USA für deren Rolle als Supermacht? | |
Darüber diskutierten Experti*innen an der Berliner American Academy. |