Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Politischer Aschermittwoch: Das Grüne vom Himmel
> CSU-Chef Söder gibt sich dem Klimaschutz aufgeschlossen gegenüber. Sein
> konkretes Tun hat mit den Versprechungen wenig zu tun.
Bild: Dahoam: Markus Söder beim digitalen politischen Aschermittwoch mit Bierk…
Inszenierung kann sie, die CSU. [1][Markus Söder] sitzt beim ins Digitale
verlegten Politischen Aschermittwoch in einer Art Wohnzimmer. Auf einer
Eichenbank, vor ihm ein Tisch mit weiß-blauer Decke, Bierkrug und deftiger
Brotzeit. An der Wand hinter ihm hängt ein Bild von Passau, darauf ziehen
Wolken über die Stadt, ab und zu läuft ein Typ mit einem Schild durchs
Bild: „Markus, wir brauchen Dich!“ Heimatverbunden, aber auch
selbstironisch, Söder will die Lederhosen- und die Hipster-Fraktion.
Interessanter als die gekonnte Performance aber ist das, was Söder sagt.
Seine Rede ist der Prototyp des modernen Konservatismus, mit dem die Union
sehr wahrscheinlich in den Bundestagswahlkampf ziehen wird. Habituell
aufgeschlossen, grün angestrichen und leider zu viel weniger Veränderung
bereit, als eigentlich nötig wäre. Söder hat früh verstanden, dass die
Union mit dem falschen Kurs in der Mitte mehr verliert, als sie ganz rechts
gewinnen kann.
Seit der Landtagswahl in Bayern tätschelt er Bäume und [2][wirbt für
Klimaschutz. Als er neulich in der Zeit] über sinkende Grundwasserpegel und
das Wassernotstandsland Deutschland nachdachte, klang er fast wie
[3][Robert Habeck]. Söder will – wie [4][Merkel] – in der modernen Mitte
bleiben. Beim Aschermittwoch, einem Hau-drauf-Termin, klingt er so
staatstragend, als sei er schon Kanzlerkandidat. Ein zentraler Satz seiner
Rede lautet: „Merkel-Stimmen gibt es nur mit Merkel-Politik.“
Ein Merkmal ihrer Ära war, dass die Union jedes Thema aufgesogen hat, das
ihr mehrheitsfähig schien. Söder agiert ähnlich wendig, er will grüner als
die Grünen sein – Merz-Fans würden es opportunistisch nennen. Aber zwischen
dem selbst erklärten Anspruch und dem realen Handeln klafft ein Abgrund so
tief wie ein Alpental. Söder kämpfte in der Coronakrise mit der
Autoindustrie für eine Kaufprämie für dicke Verbrenner.
Seine Partei verantwortet mit dem Verkehrs- und dem Innen- und
Bauministerium jene Häuser, die beim Klimaschutz verlässlich versagen.
Andreas Scheuer, der Dead Man Walking der Regierung, versenkte [5][Hunderte
Millionen Euro im Maut-Desaster], ohne sein wichtiges Ressort ökologisch
auszurichten. Wie unernst CDU und CSU beim Klimaschutz vorgehen, ließ sich
beim herbeifantasierten Einfamilienhaus-Skandal beobachten.
Statt ernsthaft über Zersiedelung zu sprechen, unterstellen Söder und Co
den Grünen Verbots- und Enteignungspläne, wissend, dass sich dafür kein
Beleg finden. Dieser Verbotspartei-Quatsch (Häuser, Schnitzel, Autos, es
ist immer dasselbe) immunisiert die Gesellschaft gegen nötige Debatten. Er
suggeriert den Menschen, alles könne so bleiben, wie es ist – und
verunmöglicht die inhaltliche Diskussion. Denn auch die Grünen wagen es
nicht mehr, klimaschädlichen Konsum infrage zu stellen.
Für den Wahlkampf sind das unschöne Aussichten. Wenn eine Union ohne
ernsthaftes Interesse an konkreten Lösungen auf überängstliche Grüne
trifft, kommt am Ende vieles heraus. Aber ganz sicher keine Politik, die
sich am Pariser 1,5-Grad-Ziel orientiert.
17 Feb 2021
## LINKS
[1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5752975
[2] https://www.zeit.de/news/2021-01/04/soeder-will-2021-klimapolitik-in-bayern…
[3] /Die-Oekopartei-und-die-Macht/!5743776
[4] /Merkels-Informationspolitik/!5747013
[5] /Aufarbeitung-des-Pkw-Maut-Desasters/!5746691
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt Klimawandel
CSU
Autoindustrie
Markus Söder
Politischer Aschermittwoch
Bayern
Currywurst
Schwerpunkt Klimawandel
Kolumne Die Wahrheit
Politischer Aschermittwoch
Hochschule
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Digitaler Nockherberg: Hat auch gar nicht wehgetan
Bier, Spott, Gesang. Und das alles vor Live-Publikum – geht doch. Der
Starkbieranstich am Nockherberg ist mit Erfolg ins Netz verlegt worden.
Die These: Einfamilienhaus gleich Currywurst
Die Debatte um ein vermeintliches Verbot von Einfamilienhäusern ähnelt der
um den Veggie-Day. Aber: Wir leben heute in einer anderen Welt.
USA treten Pariser Klima-Abkommen bei: Sie sind wieder da
Die USA sind abermals offizielles Mitglied des Pariser Weltklima-Abkommens.
Die entscheidenden praktischen Schritte stehen jedoch noch aus.
Die Wahrheit: Neues aus dem Stadl
Lebenslänglich Bayer: Am politischen Aschermittwoch waren allerlei kuriose
Gestalten zu sehen: ein Franke, der Scheuer Andi und Digitaldingsbums Bär.
Politischer Aschermittwoch der CSU: Politik mit Dauerbreze
Es ist Aschermittwoch, die CSU versucht sich in digitaler Bierseligkeit.
Mit einem Markus Söder, der im Wohnzimmer sitzt und über Corona räsoniert.
Soziologe über Hochschulreform in Bayern: „Eher Gefahr als Chance“
Bayern will seine Hochschulen reformieren. Dabei könnte die demokratische
Mitbestimmung auf der Strecke bleiben, befürchtet Stephan Lessenich.
Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Söder stellt Öffnungen in Aussicht
Laut dem CSU-Chef könnten Geschäfte eventuell Mitte März wieder aufmachen.
Eine Coronamutante breitet sich in Deutschland rasant aus. Südafrika
beginnt, zu impfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.