| # taz.de -- Transition bei Kindern und Jugendlichen: Das Eindeutige loslassen | |
| > Jedes Kind, jede jugendliche Person, jede Genderbiografie ist anders. | |
| > Eltern müssen sich auf diese Unwägbarkeit einlassen. | |
| Bild: Kindheit ist Unwägbarkeit. Geschlecht auch | |
| Erfreulicherweise immer öfter sehe ich Dokus über [1][trans Kinder und | |
| Jugendliche] und ihre Familien auf diversen Sendeplätzen. Die Beiträge sind | |
| alles andere als perfekt, was Wortwahl und Perspektive angeht. Aber mir | |
| ist jede heiter-naive Gesellschaftssafari im Nachmittags-TV lieber als | |
| das, was Intellektuelle teils in die Feuilletons gießen. Und ja, mir ist | |
| die Ironie dieser Aussage bewusst. | |
| Die Fernsehteams brauchen Bildmaterial und suchen deshalb echte Fälle auf. | |
| Denker*innen käuen bloß wieder, was sie über Geschlecht zu wissen | |
| glauben. Im schlimmsten Fall schleicht sich Birgit Kelle, die seit Jahren | |
| immer was findet, um uns auf den Zeiger zu gehen, in die Neue Zürcher und | |
| erzählt von der „Trans-Lobby“. [2][Oder die FAZ popelt im Wortfeld der | |
| Genderpropaganda]. Oder irgendeine altlinke, neoliberale, protomittige oder | |
| orthodoxmarginale Plattform findet: Es gehört mal ergebnisoffen über | |
| anderer Leute Geschlechter diskutiert! So als Sparring bis zum nächsten | |
| Buch. | |
| Wie unnötig! Jedes Kind, jede jugendliche Person, jede Genderbiografie ist | |
| eh anders. Der Schlüssel liegt nicht in großen Thesen, sondern im Hinnehmen | |
| der Unwägbarkeit. Der Einzelfall diktiert, was richtig ist. Heißt nicht, | |
| dass es ohne Regeln geht. Sie müssen halt in der Lage sein, auf Vielfalt | |
| flexibel zu reagieren. | |
| Da Sie fragen: Ja, ich bin dafür, dass Kinder und Jugendliche in Sachen | |
| Transition fachliche Beratung und Unterstützung bekommen, auch medizinisch | |
| und psychologisch; ja, ich bin gegen übereilte geschlechtsangleichende | |
| Maßnahmen. Niemand ist für übereilte geschlechtsangleichende Maßnahmen. | |
| ## Ordnung in die ausgekippte Gender-Pandorabüchse | |
| Bei der „Gendergaga“-Crowd und moderat genderkritischen Intellektuellen | |
| scheint es eher um den Wunsch zu gehen, in die ausgekippte | |
| Gender-Pandorabüchse schön Ordnung zu bringen – heißt: alles wie früher. | |
| Ich verstehe ja, wenn man auf die Unwägbarkeiten kindlich-jugendlicher | |
| Entwicklung keinen Bock hat. Wenn man klare Fronten, Sitten und Gender | |
| liebt; oder keine Lust hat, Minderjährige in Entscheidungen zu | |
| unterstützen, die ihr ganzes Leben prägen, ohne dass man die Konsequenzen | |
| kennen kann. | |
| Früher haben wir diesen verzweifelten Witz gemacht: „Ihr habt ein Problem | |
| mit Homo-Ehe? Dann heiratet keine Homos.“ Heute würde ich gern sagen: „Ihr | |
| habt ein Problem mit trans Kindern? Dann kriegt keine Kinder.“ Wir müssen | |
| eh nicht mehr panisch einen Minimensch nach dem anderen in die Welt | |
| schleudern, aus Angst, dass niemand den Hof übernimmt. Ich entlasse alle | |
| künftigen transphoben Eltern aus der Pflicht! | |
| Ha, ich weiß, dass das niemanden interessiert. Ich mach auch nur Spaß. Denn | |
| in Wahrheit hab ich Hoffnung. Weil ich in jenen Dokus Eltern sehe, die sich | |
| auf den Weg der Kinder einlassen. Eltern, die bis dahin keineswegs die | |
| Newsletter der GenderHomoTrans-Lobby abonniert hatten. Queers kommen in den | |
| besten Familien vor. Und die besten Familien sind die, wo queere Menschen | |
| safe sind. | |
| 5 Feb 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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