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# taz.de -- Mieten und Eigentum: Angst vor Verdrängung bannen
> Das Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen wurde im Bundestag
> beraten. Das bedeutete Unfrieden in der Koalition.
Berlin taz | Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll durch ein
neues Gesetz erschwert werden, doch die Neuregelung ist offenbar auch
innerhalb der Union umstritten. Dies zeigte sich in den Reden im Bundestag
am Donnerstag, als in erster Lesung über den [1][Gesetzentwurf] debattiert
wurde.
Die Regelung zum Umwandlungsverbot ist Teil des sogenannten
Baulandmobilisierungsgesetzes. Die Wohneigentumsbildung dürfe nicht durch
eine neue „Überregulierung“ behindert werden, sagte Kai Wegener,
baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, das
Umwandlungsverbot komme „nicht aus der Baulandkommission“.
Claudia Tausend, stellvertretende Sprecherin für Bau und Stadtentwicklung
in der SPD-Fraktion, zeigte sich hingegen weitgehend zufrieden mit dem
Entwurf. Der Linken und den Grünen ging der Entwurf nicht weit genug,
Pascal Meiser (Linke) sprach von einem „Umwandlungsverbot soft“.
In dem Entwurf wird in einem neuen Paragrafen 250 den Behörden das Recht
zugestanden, in „Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“ die
Umwandlungen von bestehenden Miet- in Eigentumswohnungen zu versagen. Denn
für diese Gebiete wird ein sogenannter Genehmigungsvorbehalt der Behörden
bei geplanten Umwandlungen eingeführt.
## Umstrittene Ausnahmeregelungen
Zuständig für die Genehmigung wäre dann eine von der Landesregierung
bestimmte Stelle. Eine Umwandlung könne allerdings nicht versagt werden,
wenn zum Beispiel die Eigentumswohnungen an mindestens zwei Drittel der
Mieter zur eigenen Nutzung veräußert werden sollen oder wenn „auch unter
Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von
Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht mehr zumutbar ist“.
Der [2][Deutsche Mieterbund] rügte, der Genehmigungsvorbehalt sei leider
„mit derart vielen Ausnahmen versehen, dass er zu einem stumpfen Schwert im
Kampf gegen die Verdrängung von Mieterinnen und Mietern zu verkommen
droht“, so der Präsident der Organisation, Lukas Siebenkotten.
Insbesondere die neu geschaffene Ausnahmeregelung der wirtschaftlichen
Unzumutbarkeit für den Eigentümer werfe die Frage auf, „ob der Gesetzgeber
ernsthaft an einer Beschränkung der in Ballungszentren häufig vorkommenden
Umwandlungspraxis interessiert ist“, meinte Siebenkotten.
## Nur wenige Mieter kaufen
Die vorgesehene Ausnahmeregelung, wonach bei geplanter Veräußerung an zwei
Drittel der Mieter eine Erlaubnis zur Umwandlung in Eigentumswohnungen zu
erteilen sei, laufe „vor dem Hintergrund der enorm gestiegenen Kaufpreise
für Wohneigentum völlig ins Leere“, erklärte Siebenkotten. Nach einem von
den Grünen in Auftrag gegebenen [3][Gutachten] haben in den seit dem Jahre
2015 umgewandelten 18.000 Wohnungen in Berliner Milieuschutzgebieten bisher
nur 54 MieterInnen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht.
Der Gesetzentwurf stärkt das Vorkaufsrecht der Kommunen beim Erwerb von
Mietshäusern, die der Eigentümer veräußern will. Claudia Tausend sagte, die
SPD hätte sich ein „preisgedämpftes Vorkaufsrecht“ im Gesetz gewünscht.
Auch der Mieterbund sprach sich für eine Preislimitierung aus. Das
Vorkaufsrecht stößt an Grenzen aufgrund der verlangten Höchstpreise.
Der Gesetzentwurf beinhaltet Erleichterungen für die Kommunen bei der
Erstellung von Bebauungsplänen. Ein neues „dörfliches Wohngebiet“ als ein
Nebeneinander von Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft wird definiert. Die
Diskussionen über das Umwandlungsverbot werden weitergehen.
28 Jan 2021
## LINKS
[1] http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2020/0686-20.pdf
[2] https://www.mieterbund.de/presse/pressemeldung-detailansicht/article/60190-…
[3] https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_a…
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Wohnungsnot
Mieterschutz
Immobilienspekulation
Wohnraum
Mietrecht
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Verdrängung
Milieuschutz
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