# taz.de -- Notsparen bei Öffentlich-Rechtlichen: Eingesparte Zukunft | |
> Wegen der Blockade des Rundfunkbeitrags müssen die öffentlich-rechtlichen | |
> Sender sparen. Der MDR kürzt keine Gehälter, aber Innovationen. | |
Bild: Hier soll gespart werden: MDR-Hörfunkzentrale in Halle | |
Die Beschäftigten [1][des Mitteldeutschen Rundfunks] können sich erst | |
einmal entspannen. Obwohl das Budget des MDR wie bei allen | |
öffentlich-rechtlichen Anstalten gerade unklar ist, hält der Sender fest an | |
der geplanten Erhöhung der Gehälter um 1,7 Prozent, die für April geplant | |
ist. Das hatte bis Montagabend infrage gestanden. Durch die geplatzte | |
Erhöhung des Rundfunkbeitrags müssen die Sender im Hauruckverfahren Kosten | |
reduzieren. | |
Nachdem das Land Sachsen-Anhalt, vielmehr dessen CDU-Regierungsfraktion die | |
Erhöhung der Haushaltsabgabe um 86 Cent pro Monat im Dezember blockiert | |
hat, waren ARD, ZDF und Deutschlandradio beim Bundesverfassungsgericht mit | |
einem Eilantrag gescheitert. Das Gericht will sich Zeit lassen zu klären, | |
ob die 86 Cent den Sendern zustehen. Wie lange, ist unklar, und bis dahin | |
müssen die Sender vorsorglich ihr Budget auf die Einnahmen zurückstutzen, | |
die sie aus dem alten Beitragssatz von 17,50 generieren. | |
Eine Option dafür ist, die geplanten Gehaltserhöhungen zum April | |
auszusetzen. Einige Sender haben sich nämlich, als sie die neuen Tarife | |
2019 mit den Gewerkschaften ausgehandelt haben, ein Sonderkündigungsrecht | |
vorbehalten – genau für den Fall, dass der Beitrag nicht wie geplant | |
angehoben wird. | |
Diese Sonderkündigung hatte das Deutschlandradio Mitte des Monats als erste | |
Sendeanstalt in Anspruch genommen. Verbände fürchteten, dass die anderen | |
Anstalten, denen das möglich ist, folgen könnten. ZDF und [2][Bayerischer | |
Rundfunk] haben das bereits ausgeschlossen. Aber der Südwestrundfunk und | |
der Saarländische Rundfunk befinden sich aktuell bereits in entsprechenden | |
Gesprächen mit den Gewerkschaften, wie sie der taz mitteilen. | |
## Kein Ausbau in Halle | |
Der MDR hingegen verzichtet nun auf das Kündigungsrecht, wie Intendantin | |
Karola Wille mitteilt. Zugunsten der Mitarbeiter*innen, die | |
gegenwärtig „hervorragende Arbeit“ leisteten, „um gerade in dieser | |
herausfordernden Zeit unter schwierigen Umständen viele Sonderanstrengungen | |
zu ermöglichen“. | |
Aber damit ist das Sparproblem des MDR bloß woanders hin verschoben. Der | |
Sender stellt zugunsten der Gehälter die Modernisierung des Senders | |
hintenan. „Wir werden nun, und das schmerzt besonders, geplante digitale | |
Innovationen zurückstellen.“ Als Beispiele nennt Wille den Ausbau des | |
DAB+-Netzes für digitalen Radioempfang sowie den geplanten crossmedialen | |
Standort in Halle. | |
Bei Letzterem beißt sich nun die Geschichte wieder selbst in den Schwanz: | |
Quergestellt beim Rundfunkbeitrag hatte sich die CDU-Regierungsfraktion in | |
Sachsen-Anhalt. Der dortige Standort Halle wird nun ausgerechnet darunter | |
leiden müssen. | |
Schon am Freitag hatte der MDR bekanntgegeben, dass die geplante | |
„gemeinsame Kulturplattform“ der ARD-Anstalten, die in Halle angesiedelt | |
sein sollte, bis aus Weiteres nicht kommen wird. Entsprechendes angedeutet | |
hatte schon ARD-Chef Tom Buhrow im alten Jahr: keine Finanzierung, kein | |
[3][Ausbau in Halle]. | |
Das kann man entweder als Strafe verstehen oder als notwendige Konsequenz, | |
je nachdem, wo man steht. Dem MDR fehlen – wenn die Erhöhung des | |
Rundfunkbeitrags nicht doch noch nachgeholt wird – in den nächsten vier | |
Jahren 165 Millionen Euro. MDR-Intendantin Karola Wille ist es schon aus | |
ihrer Zeit als ARD-Chefin gewohnt, für unangenehme Sparmaßnahmen zu werben. | |
Auch wenn Sie in diesem Fall bekundet hat, dass der Einschritt bei der | |
digitalen Innovation „besonders schmerzt“. | |
Die an der Regierung beteiligten Grünen in Sachsen-Anhalt kommentieren | |
hämisch in Richtung Koalitionspartner CDU. Dessen Verhalten habe „absehbare | |
Finanzprobleme beim MDR ausgelöst“. Und: „Das kostet die zeitgemäße | |
Aufstellung des MDR und das ist für sie ein herber Rückschlag.“ Der | |
Alleingang der CDU beim Rundfunkbeitrag führt zu Spannungen in der | |
Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen. Im Juni soll in Sachsen-Anhalt ein | |
neuer Landtag gewählt werden. | |
26 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ex-Spiegel-Chef-zum-MDR/!5736873 | |
[2] /Scheidender-BR-Intendant/!5741993 | |
[3] /Kein-Bafoeg-fuer-Halle-Ueberlebende/!5743630 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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