# taz.de -- Vorzeitiges Aus für SR-Intendant: Platz frei | |
> In drei Wochen steht beim Saarländischen Rundfunk die | |
> Intendant*innenwahl an. Die Nachfolge schien klar. Doch nun tauchen | |
> neue Anwärter auf. | |
Bild: Thomas Kleist – noch bis April 2021 Intendant des Saarländischen Rundf… | |
Im Saarland gibt es drei Dinge, deren Bestand heilig ist und an denen | |
niemand vorbeikommt. Das sind die Saarbrücker Zeitung, der 1. FC | |
Saarbrücken und natürlich der Saarländische Rundfunk (SR). In rund drei | |
Wochen, am 22. Februar, sind beim SR Intendant*innenwahlen. | |
Und diese Wahl könnte etwas unübersichtlich werden. Dabei schien zunächst | |
alles klar. Amtsinhaber Thomas Kleist, eigentlich noch bis 2023 gewählt, | |
macht vorzeitig zum April 2021 Platz. Damit der oder die Neue für die | |
[1][gesamte nächste Rundfunkbeitragsperiode] ab diesem Jahr im Amt sei und | |
„dem SR eine gute strategische Ausgangsposition“ sichere, so Kleist im | |
September 2020. | |
Da war gerade der neue ARD-interne Finanzausgleich geschnürt, mit dem der | |
Senderverbund seine kleinen Anstalten Radio Bremen und SR über Wasser hält. | |
Nachdem die eigentlich sicher geglaubte Beitragserhöhung zumindest vorerst | |
versenkt wurde, muss Kleists Nachfolger*in jetzt einen SR in schwerer | |
See übernehmen. | |
Wobei das Gendersternchen eigentlich unnötig ist. Jedenfalls wenn es nach | |
Kleist geht, der seit 2011 den SR leitet. Dass der scheidende Intendant und | |
Ex-Staatssekretär (SPD) gerne SR-Chefredakteurin Armgard Müller-Adams als | |
Nachfolgerin sähe, ist im SR offenes Geheimnis. Müller-Adams hat vor dem | |
chefjournalistischen Job bis Herbst 2019 für Kleist [2][die Intendanz | |
geleitet]. Die beiden stehen sich nah. Dieser Umstand sorgte für Gegenwind. | |
Und hier kommt die Saarbrücker Zeitung ins Spiel. Kurz vor Weihnachten | |
erschien da ein langer Riemen, der Müller-Adams ein denkbar schlechtes | |
Zeugnis ausstellte. Von „mieser Stimmung“ und „Klima der Angst“ war ohne | |
konkrete Beispiele die Rede. Von ähnlich schwammiger Kritik an ihrem | |
Führungsstil. Und von den Männern, die auch zur Wahl stehen und denen | |
zumindest in dem Beitrag so gar nichts Übles nachgesagt werden konnte. Über | |
ein Dutzend Kandidat*innen haben sich beworben. | |
## Großer Bruder des SR | |
Bekannt sind die Namen von Martin Grasmück, aktuell Hörfunk- und | |
stellvertretender SR-Programmdirektor, und Andreas Weber. Der ist zwar | |
Programmchef beim Deutschlandradio, gilt aber hausintern auch als | |
SR-Gewächs, weil er bis 2006 in diversen Funktionen auf dem Halberg | |
unterwegs war. Dazu gesellt sich nach taz-Informationen noch | |
ARD-Chefredakteur Rainald Becker. Der stammt zwar vom Niederrhein, läuft | |
aber nach ARD-Logik auf einem SWR-Ticket, weil er seit den 1980er Jahren | |
bei der Südwestanstalt schafft. | |
Becker ist als ARD-Chefredakteur König ohne Land und hat in der | |
ARD-Programmdirektion in München eher undankbare Koordinationsaufgaben | |
zwischen den Anstalten zu verrichten. Dass da ein | |
Intendant*innenstühlchen lockt, ist verständlich. | |
Der SWR ist nun wieder der große Bruder des SR. SWR-Intendant Kai Gniffke | |
schreckte vor drei Wochen die Gemüter auf, weil er weitreichende | |
Kooperationen zwischen der zweitgrößten und der zweitkleinsten ARD-Anstalt | |
vorschlug. Beide sollten über [3][übergreifende Strukturen auf | |
Direktionsebene] in Produktion und Verwaltung nachdenken, so Gniffke im | |
Fachdienst DWDL, dabei „darf es auch keine Tabus geben“. | |
Die journalistische Eigenständigkeit der Sender werde natürlich nicht | |
angetastet, „damit eine klare Identität für Baden-Württemberg, | |
Rheinland-Pfalz und das Saarland erhalten“ bleibe. „Fusion ohne Fusion“ w… | |
das DWDL-Interview betitelt. „Volle Breitseite aus Stuttgart gegen den SR“ | |
schlagzeilte die Saarbrücker Zeitung zurück. Auch Kleist äußerte sich in | |
der Presse mit Abscheu und Empörung. | |
Allein, was Gniffke sagt, hat Hand und Fuß. Und war wohl weitestgehend mit | |
Kleist abgesprochen, auch wenn Gniffke mit einigen Formulierungen übers | |
Ziel hinausschoss. Im Umfeld der SR-Führung wird eher darauf verwiesen, | |
dass der Vorstoß eigentlich erst nach der Intendant*innenkür kommen | |
sollte. Denn mit Armgard Müller-Adams steht genau die Frau zur Wahl, die | |
die im Gniffke-Vorschlag gemeinte „journalistische Intendanz“ beim SR | |
verkörpern könnte. | |
2 Feb 2021 | |
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[2] /Scheidender-BR-Intendant/!5741993 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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