# taz.de -- Einsparpläne beim Kultursender Bayern 2: Kahlschlag bei der Kultur | |
> Der Bayerische Rundfunk will seine Kultur-Welle neu aufstellen. | |
> Mitarbeitende fürchten drastische Kürzungen, der Literaturbetrieb | |
> protestiert. | |
Bild: Es ist nicht klar, ob es Kürzungen beim Bayerischen Rundfunk geben soll | |
„Im Sender herrscht eine riesige Aufregung. Man fürchtet die Streichung von | |
allem, was nicht Mainstream ist.“ Das sagt jemand, der sich auskennt, über | |
die drastisch klingenden Kürzungs- und Einsparpläne beim Kultursender | |
Bayern 2 des Bayerischen Rundfunks (BR). „Das wäre bitter und verheerend, | |
das darf so nicht durchgehen.“ Die Person möchte anonym bleiben. | |
Der Sender will die Berichterstattung in seiner Kultur-Welle neu | |
aufstellen. So viel ist klar. Im Herbst sollen konkrete Pläne vorgestellt | |
werden, die Umstellung ist für den April 2024 anvisiert. Doch was jetzt an | |
die Mitarbeitenden durchdringt, alarmiert diese. Laut einem Papier soll das | |
in Umrissen in allen ARD-Kultursendern ähnlich geschehen. Doch beim BR | |
scheint man am schnellsten voranzuschreiten. | |
In einem scharfen Protestschreiben, das im Sender die Runde macht, heißt | |
es: „Den Kultursendungen droht der Kahlschlag.“ Der BR plane, mehr als | |
sieben Stunden Sendezeit pro Woche zu streichen. Renommierte Reihen sollen | |
eingestellt werden, wie etwa die „Kulturwelt“, das Büchermagazin „Diwan�… | |
oder das „Kulturjournal“. Stattdessen finde gemäß der gesamten | |
ARD-Reformagenda eine „umfassende Zentralisierung“ statt. | |
Bis 2028 will die ARD beim herkömmlichen Programm 250 Millionen Euro sparen | |
und [1][ins Digitale umschichten]. BR-Intendantin Katja Wildermuth sprach | |
für ihren Sender von 25 Millionen. Vor allem ihr Auftritt bei den Münchner | |
Medientagen im Oktober 2022 erzürnte die BR-Kulturbelegschaft. In | |
ARD-„Kompetenzzentren“ könnten Themen wie „Heizungstipps, | |
Hüftgelenksoperationen, Literaturkritik, Royals“ künftig „gebündelt | |
werden“, hatte sie gesagt. | |
## Abwechslung in den Sendungen könnte verschwinden | |
Dem [2][öffentlich-rechtlichen Rundfunk] ist, darauf beharren die Kritiker, | |
wörtlich auferlegt: „Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur | |
anzubieten.“ Ein Schema für das gegenwärtige Bayern-2-Programm und wie es | |
künftig sein könnte, zeigt deutlich, wohin die Reise geht: Die vielen sich | |
abwechselnden Sendungen zu bestimmten Themen gibt es demnach nicht mehr. | |
Dafür lauten die Programmtitel bei den Sendungen über Stunden hinweg: | |
„Bayern 2 am Morgen“, „Bayern 2 am Vormittag“, „Bayern 2 am Abend“. | |
Eingestreut werden sollen Kultur- und Literaturbeiträge, die ARD-weit | |
erstellt und in einem zentralen „Kulturregal“ angeboten werden, so die | |
Kritiker. Die Vielfalt der Kulturberichte verschwinde – „Lesungen, | |
Kommentare, Feuilletons, Essays“. Die freien Mitarbeiter und Autoren würden | |
ihre Aufträge verlieren. Und mit dem verschiedenartigen Blick auf Themen | |
wäre es vorbei. Dabei ist der Föderalismus überhaupt ein Hauptgrund für die | |
Existenz von neun verschiedenen ARD-Anstalten. | |
Im Sommer läuft in den meisten ARD-Kultursendern abends schon das | |
gemeinsame „Radiofestival“. Die Anstalten haben auch vereinbart, dass in | |
ihren Kultursendern künftig ab 20 Uhr eine überall gleiche „Abendstrecke“ | |
ausgestrahlt wird. Dies soll ab dem Frühjahr 2024 geschehen. Die weiteren | |
konkreten BR-Vorstöße werden auch als Signal an andere ARD-Sender gewertet, | |
was alles möglich wäre. | |
In einer Stellungnahme reagiert der BR nicht konkret auf die Kritik. Bei | |
Bayern 2 gehe es um die „ständige Weiterentwicklung“, teilt ein Sprecher | |
mit, derzeit finde ein „partizipativer Prozess mit den Mitarbeitenden | |
statt“. Es gehe um „Transformation“ und darum, „wertvolle Inhalte auch … | |
neue und digitale Zielgruppen attraktiv anzubieten“. Und weiter: „Alle | |
Stärken von Bayern 2 bleiben selbstverständlich erhalten – Hörspiele, | |
Lesungen und Rezensionen genauso wie Debattenbeiträge oder Essays.“ | |
Darstellungsformen allerdings könnten sich ändern. | |
Der Protest wird größer. In der Münchner Abendzeitung haben viele Akteure | |
aus der Literaturwelt [3][Stellung bezogen]. Felicitas von Lovenberg | |
(Piper-Verlag) spricht von einem „Armutszeugnis“. Tanja Graf, Leiterin des | |
Literaturhauses, meint: „Bald wird es nur noch Blockbuster geben.“ Jo | |
Lendle (Carl Hanser Verlag) sagt: „Wer den Platz für Kultur kürzt, schadet | |
dem Land.“ Das Protestschreiben zur Causa BR-Kultur unterstützen unter | |
anderem die Kritikerin Elke Heidenreich, die Schriftsteller Uwe Timm und | |
Gert Heidenreich sowie der Autor und Verleger Michael Krüger. | |
4 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Oeffentlich-Rechtliche-bei-republica/!5939435 | |
[2] /Oeffentlich-Rechtliche/!t5011211 | |
[3] https://www.abendzeitung-muenchen.de/kultur/verleger-und-buchhaendler-in-mu… | |
## AUTOREN | |
Patrick Guyton | |
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