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# taz.de -- Exportkontrollen bei Coronavakzinen: Schwelender Impfnationalismus
> Liefert AstraZeneca Impfstoffe an Großbritannien, während die EU leer
> ausgeht? London warnt vor nationalistischen Kurzschlüssen.
Bild: Stella Kyriakides plant eine Ausfuhrkontrolle aller Impfstoffe außerhalb…
Die EU-Kommission will mit ungewöhnlichen Mitteln gegen die [1][Knappheit
bei Corona-Impfstoffen] vorgehen. Die Brüsseler Behörde kündigte die
Einrichtung eines „Transparenzmechanismus“ an, mit dem Exporte der
begehrten Vakzine erfasst und reguliert werden sollen. Großbritannien
warnte vor „Impf-Nationalismus“ und „Fake News“.
Auslöser ist der Streit um den britisch-schwedischen Pharmakonzern
AstraZeneca. Das Unternehmen hatte angekündigt, weniger Impfstoff an die EU
zu liefern als vereinbart. Schuld seien Probleme mit der europäischen
Lieferkette. Die EU-Kommission zweifelt dies jedoch an und fordert Einblick
in die Produktionsdaten.
„Die EU verlangt bis spätestens zum 29. Januar Auskunft des Unternehmens,
wieso es weniger Impfdosen an die EU liefern will“, hieß es in Brüssel.
Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides plant zudem, alle Exporte in
Länder außerhalb der EU – also auch nach Großbritannien – zu erfassen und
einer Genehmigung zu unterwerfen.
Damit will sie verhindern, dass AstraZeneca oder andere Hersteller deren in
der EU produzierten Impfstoff bevorzugt an andere Länder liefern. Ein
Exportverbot sei jedoch nicht geplant, sagte ein Kommissionssprecher. „Es
geht nicht um das Blockieren, sondern darum zu wissen, was die Unternehmen
auf Märkte außerhalb der EU exportieren.“
Die britische Regierung warnte vor Beschränkungen. „Impf-Nationalismus“ sei
„der falsche Weg“, warnte der zuständige Staatssekretär Nadhim Zahawi dem
Sender Sky News. In Großbritannien, das sich insgesamt 367 Millionen Dosen
von sieben Impfstoffkandidaten gesichert hatte, wurden mittlerweile 6,5
Millionen Menschen geimpft.
Dabei kommt auch das Produkt von AstraZeneca zum Einsatz, das nun in der
EU für Ärger sorgt. Zusätzliche Verwirrung stifteten Berichte, wonach das
Vakzin bei älteren Menschen nur sehr eingeschränkt wirkt. Das
Bundesgesundheitsministerium hat dies zwar dementiert, in London sorgte der
Bericht dennoch für Verstimmung. Ein Regierungs-Mitarbeiter nannte die
Darstellung „unbegründet und falsch“. Eine andere Quelle betonte, solche
Angaben seien eher von der russischen Propaganda erwartet worden als von
deutschen Medien. AstraZeneca wies die Berichte als „komplett falsch“
zurück.
Der Konzern ging zudem auf die EU zu und bot an, die Gemeinschaft nun eine
Woche früher als bislang geplant mit seinem Impfstoff zu beliefern. Die
Lieferungen sollten am 7. Februar beginnen und nicht erst am 15. Februar,
sagten EU-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Ob dies ausreicht, um
den Streit beizulegen, blieb zunächst offen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte die Hersteller auf,
ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen. Lettlands Außenminister Edgars
Rinkevics forderte, die EU solle juristische Schritte gegen AstraZeneca
prüfen. Die europapolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner, hat
ebenfalls rechtliche Schritte gefordert.
## Neue Probleme mit Biontech/Pfizer
Unterdessen ist in Schweden ein neuer Konflikt um den [2][Impfstoff von
Biontech/Pfizer] entbrannt. Pfizer hat damit begonnen, sechs Dosen pro
Fläschchen abzurechnen statt wie bisher fünf. Schweden hat daraufhin die
Zahlungen an Pfizer gestoppt. Stockholm fordert, dass die EU und Pfizer
sich erst einig über Preis und Menge werden müssen, bevor die Zahlung
weitergehe. Außerdem könne man ohne Spezialnadeln nicht sechs Dosen
verimpfen.
Die Pfizer-Kommunikationschefin äußerte, nachdem die Europäische
Arzneimittelbehörde am 8. Januar sechs Dosen genehmigt habe, habe Pfizer
das Recht, auch sechs statt fünf abzurechnen. Mitarbeit: Reinhard Wolff aus
Stockholm
26 Jan 2021
## LINKS
[1] /EU-beschwert-sich-bei-Pharmakonzernen/!5746112
[2] /Corona-Impfstoffe/!5743801
## AUTOREN
Eric Bonse
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