# taz.de -- Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Krisengipfel platzt doch n… | |
> Impfstoffhersteller Astrazeneca will nun doch am Treffen mit der EU | |
> teilnehmen, bei dem es um Lieferprobleme gehen soll. Das RKI meldet | |
> weitere 13.000 Coronafälle. | |
Bild: Ein Krisentreffen der EU mit dem Hersteller Astrazeneca ist am Mittwoch g… | |
## Verwirrung um Krisengipfel mit Astrazeneca | |
Der Impfstoffhersteller Astrazeneca hat nach EU-Angaben die Absage eines | |
Krisentreffens zurückgezogen und will nun doch an dem für Mittwochabend | |
geplanten Gespräch teilnehmen. Dies habe die Presseabteilung des Konzerns | |
der EU-Kommission bestätigt, hieß es am Mittwochmittag in Brüssel. Zuvor | |
habe das Management des Unternehmens per Mail abgesagt und erklärt, ein | |
Treffen habe derzeit wegen der vielen offenen Fragen keinen Sinn. Man sei | |
erfreut über die neue Entwicklung, hieß es aus Kommissionskreisen. | |
Ein Astrazeneca-Sprecher erklärte auf Anfrage: „Wir können bestätigen, dass | |
wir uns nicht aus den Gesprächen mit der EU-Kommission zurückgezogen haben, | |
die für heute geplant sind.“ | |
Die Kommission und die 27 Staaten hatten das Treffen mit Astrazeneca auf | |
Expertenebene für den Abend (18.30 Uhr) einberufen. Hintergrund ist der | |
Streit mit dem britisch-schwedischen Hersteller über Lieferkürzungen. Statt | |
erwarteter 80 Millionen Impfdosen im ersten Quartal sollen nach EU-Angaben | |
nur 31 Millionen ankommen. Den angegebenen Grund – Probleme in der | |
Lieferkette – will die EU nicht gelten lassen. (dpa) | |
## Astrazeneca-Chef verweist auf späten Vertragsabschluss | |
Im Streit mit der EU-Kommission sieht der Pharmakonzern Astrazeneca den | |
langsamen Vertragsabschluss als [1][Grund für Lieferengpässe]. „Wir sind in | |
Europa jetzt zwei Monate hinter unserem ursprünglichen Plan. Wir hatten | |
auch Anfangsprobleme in Großbritannien. Aber der Vertrag mit den Briten | |
wurde drei Monate vor dem mit Brüssel geschlossen. Wir hatten dort drei | |
Monate mehr Zeit, um Pannen zu beheben“, sagte Astrazeneca-Chef Pascal | |
Soriot der „Welt“. | |
Sein Unternehmen sei vertraglich nicht zur Lieferung bestimmter Mengen | |
Impfstoff verpflichtet. Astrazeneca habe eine „Best effort“-Vereinbarung | |
mit der Europäischen Union abgeschlossen. „Der Grund war, dass Brüssel mehr | |
oder minder zum selben Zeitpunkt beliefert werden wollte wie die Briten, | |
obwohl die drei Monate früher unterzeichnet hatten. Darum haben wir | |
zugesagt, es zu versuchen, uns aber nicht vertraglich verpflichtet“, so | |
Soriot. | |
Soriot fügte hinzu: „Vergessen Sie nicht: Wir entwickeln den Impfstoff | |
gemeinnützig, wir verdienen damit kein Geld. Ich denke, wir behandeln | |
Europa wirklich fair.“ | |
In Hinblick auf Berichte deutscher Medien, die Wirksamkeit des Impfstoffs | |
von Astrazeneca sei bei älteren Menschen nur gering, sagte Soriot: „Ich | |
habe keine Ahnung, woher diese Zahl kommt. Sie stimmt nicht. Wie kann man | |
annehmen, dass Prüfbehörden rund um den Globus ein Mittel zulassen, das nur | |
acht Prozent Wirksamkeit hat? Wie gesagt, die Nerven liegen blank. Es wird | |
über alles mögliche dummes Zeug geredet.“ | |
## Mehr 13.000 Neuinfektionen gemeldet | |
In Deutschland sind binnen eines Tages mehr als 13.000 Neuinfektionen mit | |
dem [2][Coronavirus] verzeichnet worden. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) | |
am Mittwochmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter | |
mitteilte, wurden weitere 13.202 Ansteckungsfälle registriert. Die | |
Gesamtzahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Deutschland seit Beginn | |
der Pandemie stieg damit auf 2.161.279. | |
Nach Angaben des RKI wurden zudem 982 Todesfälle im Zusammenhang mit | |
Coronavirus-Infektionen innerhalb von 24 Stunden gezählt. Die Gesamtzahl | |
der verzeichneten Coronatoten in Deutschland erhöhte sich damit auf 53.972. | |
Die Zahl der von einer Corona-Infektion genesenen Menschen bezifferte das | |
RKI auf rund 1.866.000. Die Sieben-Tage-Inzidenz betrug am Mittwoch 101,0 | |
und war damit niedriger als am Vortag, als sie bei 107,6 gelegen hatte. Der | |
Wert geht seit Wochen zurück, seinen bislang höchsten Stand hatte er am 22. | |
Dezember mit 197,6 erreicht. | |
Bei der Sieben-Tage-Inzidenz handelt es sich um die Zahl der Neuinfektionen | |
pro 100.000 Einwohner:innen innerhalb einer Woche. Ziel der | |
Bundesregierung ist es, den Wert auf unter 50 zu drücken. Der derzeitige | |
harte Coronalockdown in ganz Deutschland gilt laut Beschluss von Bund und | |
Ländern vorerst noch bis zum 14. Februar. (afp) | |
## Sanofi will Biontech helfen | |
Der französische Pharmakonzern Sanofi will dem Mainzer Unternehmen Biontech | |
und dem US-Konzern Pfizer beim Abfüllen des Corona-Impfstoffs unter die | |
Arme greifen. „In unserem Werk in Frankfurt werden wir das Produkt | |
verpacken, das uns ab Juli von Pfizer-Biontech geliefert wird“, sagte | |
Sanofi-Generaldirektor Paul Hudson der Zeitung „Le Figaro“ am Dienstag. | |
„Wir sollten in der Lage sein, bis Ende des Jahres mehr als 100 Millionen | |
Dosen zu liefern, die für die Europäische Union und damit teilweise für | |
Frankreich bestimmt sind“, sagte Hudson. | |
„Da wir mit unserem Hauptimpfstoff einige Monate hinter dem Zeitplan | |
zurücklagen, fragten wir uns, wie wir uns jetzt nützlich machen könnten“, | |
so Hudson weiter. Das Abfüllen des Impfstoffs müsse in einer sterilen | |
Umgebung und bei einer sehr niedrigen Temperatur erfolgen. Sanofi wolle das | |
in einem großen Maßstab tun. Da die Sanofi-Produktionsstätte in der Nähe | |
des Biontech-Hauptsitzes in Mainz liege, werde das die Sache erleichtern. | |
Die Arbeit an eigenen Impfstoffen wolle Sanofi fortsetzen. Zuletzt war | |
bekannt geworden, dass die Corona-Impfstoffentwicklung von Sanofi und GSK | |
(GlaxoSmithKline) sich verzögere. „Wir streben eine Markteinführung im | |
letzten Quartal des Jahres an“, bestätigte Hudson frühere Angaben. Man sei | |
zuversichtlich. Die ersten Ergebnisse zur Dosierung und Wirksamkeit werde | |
man voraussichtlich im Mai erhalten, danach könne man mit großangelegten | |
Tests beginnen. (dpa) | |
## Mehr als 100.000 Tote in Großbritannien | |
In Großbritannien sind seit Beginn der Coronapandemie mehr als 100.000 | |
Menschen an oder mit dem Coronavirus gestorben. Nach Angaben des Londoner | |
Gesundheitsministeriums vom Dienstag erhöhte sich die Zahl der Toten um | |
weitere 1.631 und erreichte damit 100.162 Todesfälle. Großbritannien ist | |
damit das erste Land in Europa, das diese Marke überschreitet. | |
Premierminister Boris Johnson sagte, er übernehme die „volle Verantwortung“ | |
für alles, was die Regierung in der Coronakrise unternommen habe. | |
„Ich bin sehr traurig über jedes Leben, das verloren gegangen ist“, sagte | |
Johnson an seinem Londoner Amtssitz. Zu Beginn der Pandemie hatte er sich | |
noch gebrüstet, Coronakranken im Krankenhaus die Hand zu reichen. Nun sagte | |
er, es sei schwer, die Trauer über die „finstere Statistik“ in Worte zu | |
kleiden. „Meine Gedanken sind bei jedem, der eine geliebte Person verloren | |
hat“, sagte Gesundheitsminister Matt Hancock. „Hinter diesen | |
herzzerreißenden Zahlen stehen Freunde, Familien und Nachbarn“. | |
Die Hoffnungen Großbritanniens, das derzeit die dritte Coronawelle erlebt, | |
richten sich [3][vor allem auf die Impfkampagne]. Inzwischen erhielten | |
bereits 6,8 Millionen Menschen eine erste Impfdosis. Die Anti-Coronapolitik | |
von Johnsons Regierung ist seit Beginn der Pandemie umstritten. Der Abstand | |
zwischen den beiden Anti-Corona-Impfungen wurde inzwischen auf zwölf Wochen | |
verlängert, um mehr Erstimpfungen gewährleisten zu können. | |
Die Regierung in London hatte darauf hingewiesen, dass eine zuerst in | |
England nachgewiesene Coronavirus-Mutante offenbar tödlicher als frühere | |
Varianten sei. Es gebe mittlerweile „Hinweise“, dass die Mutante B.1.1.7 | |
nicht nur ansteckender sei, sondern auch „mit einer höheren | |
Sterblichkeitsrate in Verbindung gebracht werden“ könne, sagte Johnson Ende | |
vergangener Woche. Eindeutige Beweise, dass die Mutante tödlicher ist, gibt | |
es derzeit nicht. | |
Die Zahl der Corona-Erkrankungen in Großbritannien stieg inzwischen auf 3,7 | |
Millionen. Der erste Todesfall wurde am 5. März 2020 registriert. Damals | |
waren die Behörden davon ausgegangen, es wäre ein „gutes Ergebnis“, die | |
Zahl der Todesfälle unter 20.000 zu halten. (afp) | |
## SPD fordert Aufklärung der Impfstoff-Misere | |
Die SPD im Bundestag hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aufgefordert, | |
auf offene Fragen zur Bereitstellung der Corona-Impfstoffe zu antworten. | |
„Dafür muss der Bundesgesundheitsminister in den Fachausschüssen auf jeden | |
Fall Rede und Antwort stehen“, sagte Fraktionschef Rolf Mützenich am | |
Dienstag in Berlin. „Offensichtlich gibt es Mängel. Und es gibt | |
möglicherweise auch berechtigte Nachfragen“, so Mützenich. | |
„Ein Impfstoffmangel, das wäre mit Sicherheit etwas, was den | |
Gesundheitsminister umtreiben sollte – und keine anderen Fragen“, mahnte | |
Mützenich auch vor dem Hintergrund von Spahns Rolle bei der neuen | |
personellen Aufstellung der CDU mit ihrem neuen Chef Armin Laschet. | |
Zugleich forderte Mützenich die Impfstoffhersteller auf, ihre Zusagen | |
einzuhalten. | |
Das Bundesgesundheitsministerium hatte einen Fragenkatalog der SPD in einem | |
30 Seiten langen Papier beantwortet. Die SPD hatte den Katalog im Zuge der | |
Debatte über Probleme beim Corona-Impfstart kurz nach dem Jahreswechsel | |
übermittelt. Der Fragenkatalog hatte der SPD den Vorwurf eingebracht, mit | |
dem sensiblen Thema Impfen Wahlkampf zu betreiben. Mützenich verteidigte | |
den Fragenkatalog als gerechtfertigt. Bereits der SPD-Kanzlerkandidat und | |
Vizekanzler Olaf Scholz hatte vergangene Woche entsprechende Vorwürfe | |
zurückgewiesen. (dpa) | |
27 Jan 2021 | |
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