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# taz.de -- Geheimdienste in Belarus: Es muss wie ein Unfall aussehen
> 2012 sprechen Mitarbeiter des KGB über Morde an oppositionellen
> Belarussen in Deutschland. Jetzt ist ein Mitschnitt öffentlich geworden.
Bild: Der ukrainische Präsident Poroschenko erweist dem Journalisten Scheremet…
Berlin taz | Dem belarussischen Noch-Präsidenten Alexander Lukaschenko
droht neues Ungemach. Ein 25-minütiger Tonbandmitschnitt aus dem Jahr 2012,
den die Onlinezeitung Euobserver.com jetzt veröffentlichte, lässt tief
blicken, und zwar in das Innenleben des belarussischen Geheimdienstes KGB.
Bei dem Treffen, das am 11. April 2011 in Minsk stattfand, tauscht sich der
damalige KGB-Chef Wadim Zaitsew mit zwei Mitgliedern der
KGB-Antiterroreinheit „Alpha“ darüber aus, wie mehrere Regimekritiker zu
beseitigen seien. Dabei geht es um vier Oppositionelle, von denen drei in
Deutschland im Exil leben – darunter der frühere Direktor des Minsker
Untersuchungsgefängnisses Nr.1, Oleg Alkajew, sowie der Journalist Pawel
Scheremet.
Lukaschenko habe über 1,5 Millionen US-Dollar (1,2 Millionen Euro) auf
einem speziellen Konto geparkt, und er wolle Resultate sehen, hört man
Zaitsew sagen. „Es ist klar, wie wir jemanden ertränken oder erschießen
können. Aber eine zufällige Explosion auszulösen oder einen Brand zu legen,
ohne dabei Spuren zu hinterlassen, das ist unklar.“
Und über den Journalisten Scheremet, der zum damaligen Zeitpunkt in
Russland lebte, gibt Zaitsew zu Protokoll: „Wir werden eine Bombe legen,
und es wird diese verdammte Ratte in Stücke reißen. Die Beine in die eine
Richtung, die Arme in die andere. Wenn alles natürlich aussieht, wird das
den Menschen nicht so im Gedächtnis bleiben.“
## Tödliche Autobombe
Den drei Belarussen im deutschen Exil passierte nichts, anders als
[1][Pawel Scheremet]. Er wurde am 20. Juli 2016 in der ukrainischen
Hauptstadt Kiew von einer Autobombe getötet. Die ukrainische Polizei
kündigte am vergangenen Montag weitere Untersuchungen an. Sollten sich die
Dokumente als authentisch erweisen, erhärte das den Verdacht, dass der
belarussische KGB an der Tat beteiligt gewesen sei.
Derzeit stehen drei Ukrainer wegen des Mordes an Scheremet vor Gericht. Sie
weisen jegliche Schuld von sich. Was mögliche Drahtzieher angeht, tappen
die Ermittlungsbehörden nach wie vor im Dunkeln.
Das brisante Tonmaterial Euobserver.com zugespielt hatte Igor Makar. Der
ehemalige Offizier der belarussischen Spezial-Antiterroreinheit „Almaz“ hat
die Seiten gewechselt und engagiert sich jetzt im Rahmen des Projektes
„Belarussisches Volkstribunal“ für die Opposition. Dessen Ziel ist es,
Verantwortliche für die anhaltende Polizeigewalt in Belarus dingfest zu
machen und perspektivisch vor Gericht zu bringen.
Er sei bereit, die Authentizität der Tonbandaufnahmen auch vor Gericht zu
bezeugen, sagte der 37-jährige Makar dem russischsprachigen Onlineportal
Current Time. Ihm selbst sei das Material bereits 2012 von einer Quelle im
belarussischen KGB zugespielt worden.
## Personenschutz angeboten
„Ich habe damals nichts weiter unternommen, weil sonst mein Leben in Gefahr
gewesen wäre“, sagte Makar. Jedoch habe er sich wegen des
Ex-Gefängnisdirektors Oleg Alkajew, einem engen Freund, an US-Diplomaten um
Hilfe gewandt. Daraufhin sei Alkajew von der deutschen Polizei
Personenschutz angeboten und empfohlen worden, Deutschland auf keinen Fall
zu verlassen. Kurz darauf sei KGB-Chef Wadim Zaitsew von seinem Posten
abgezogen worden.
Warum er das Material erst jetzt in Umlauf gebracht habe, erklärt Makar mit
[2][der aktuellen politischen Situation in Belarus]. „Nach der
Präsidentenwahl am 9. August habe ich gesehen, wie stark die belarussische
Bevölkerung gegen diese Gesetzlosigkeit zusammenhält. Da wurde mir klar,
dass die Belarussen jetzt meine Unterstützung brauchen“, zitiert ihn der
ukrainische Onlinedienst focus.ua unter Verweis auf ein Interview mit dem
Radiosender European Radio for Belarus (ERB). Er lebe zwar jetzt in einem
Staat der EU, so Makar, aber sicher fühle er sich nicht.
6 Jan 2021
## LINKS
[1] /Terror-in-der-Ukraine/!5320927
[2] /Swetlana-Tichanowskaja-ueber-Belarus/!5733819
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Belarus
KGB
Alexander Lukaschenko
Osteuropa – ein Gedankenaustausch
Belarus
Kolumne Notizen aus Belarus
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Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Pawel Scheremet
Ukraine
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